Dann übten die Brüder mit Emma Unterwasser schwimmen. Emma musste durch die breit auseinander stehenden Beine ihrer Brüder tauchen. Sie wunderte sich allerdings, dass das Wasser zwischen den Beinen von Anton so viel wärmer war, als das restliche Wasser im Pool.
Als kaum noch Luft in den Schwimmflügeln war, hielt Anton seine Hände unter Emmas Bauch und Emil korrigierte Emmas Arm- und Beinbewegungen. Zuerst vier Stöße allein, dann acht, dann zehn, und am Ende des Urlaubs konnte Emma in Begleitung ihres Vaters einmal allein durch das 20 Meter Becken schwimmen.
Im Laufe der zwei Jahre hatte sich Emma immer weiter verbessert, sodass die Eltern die drei Kinder allein zum Swimmingpool gehen lassen konnten. Aber nicht ohne die beiden Jungs zu ermahnen, ja gut auf ihre kleine Schwester aufzupassen und immer zusammen zu bleiben.
Mila durfte Klaus und Andrea in die Stadt zum Einkaufen begleiten. Nudeln, Pizza, Salat, viel Eis und jede Menge Getränke - alles was die Kinder liebten, wurde eingekauft.
Aber am ersten Abend wollte Andrea doch gern Essen gehen, und so fuhren Thalers an den Rand der Fußgängerzone von Nerja und suchten ein hübsches Restaurant.
Die Innenstadt von Nerja beeindruckt durch zweigeschossige, weiße Häuser, rote Ziegel auf den Dächern und in den Gassen, sehr viele Blumen - vor allem Geranien - und eine Fußgängerzone mit vielen kleinen Boutiquen und Restaurants.
Mittelpunkt der Kleinstadt mit fast 21.000 Einwohnern ist der gepflegte Plaza Cavana vor der alten, barocken Kirche El Salvador aus dem 17. Jahrhundert. Davor befindet sich eine mächtige, alte Zeder, umrahmt von Marmorböden und Marmorbänken.
Der Platz geht über in eine lange Aussichtsplattform oberhalb vom Meer mit Namen Balcon de Europa mit herrlichem Weitblick. Alte, rostige Kanonen erinnern an das ehemalige Küstenbollwerk an dieser Stelle. Und eine lebensgroße Kupferstatue des früheren spanischen Königs Alfonso XIII am Ende des Balcon de Europa verlockt die drei Kinder regelmäßig, sich mit dem längst verblichenen Regenten fotografieren zu lassen und ihm keck einen Arm über die abgegriffenen Schultern zu legen.
Am Anfang des Balcon de Europa stehen einige Pferdekutschen, und Emma und Andrea bringen regelmäßig Äpfel mit, die sie den Pferden geben dürfen.
In jedem Urlaub durfte Emma einmal mit ihrer Mutter eine Kutschfahrt durch die pittoreske Innenstadt machen. Dafür fuhren Klaus und die beiden Jungs auf Segways durch die Straßen.
Alle freuten sich besonders auf die großen Eisportionen in den Waffeln, die vorher noch in Schokolade getaucht wurden. Am Zugang zum Balcon de Europa wetteiferten gleich drei Eisdielen um die Gunst der Kinder.
Natürlich wollten die Kinder am ersten Abend in ihrem Urlaubziel wieder in die übliche Pizzeria am Rande der Fußgängerzone in der Calle Carabeo. Klaus und Andrea war es recht, weil die Außenterrasse über einer idyllischen Bucht lag.
Thalers hatten Glück und bekamen noch einen Tisch am Geländer mit einem Blick über den Strand mit den Felsen und den bunten Fischerbooten mit ihren Netzen. Sogar Mila durfte mit in die Pizzeria und bekam einen kleinen Wassernapf von dem freundlichen Kellner gebracht.
Nach dem Essen machten Thalers noch einen Schaufensterbummel durch die Altstadt. Aber Emma wurde jetzt sehr schnell müde und schlief auf der Heimfahrt im Auto ein.
Das viele Schwimmen und die starke Sonne hatten die Kinder doch angestrengt, sodass auch die Jungs freiwillig in ihrem Zimmer verschwanden. Vorher hatte es aber noch große Diskussionen gegeben, wer oben und wer unten schläft. Zum Ärger von Emil hatte sich Anton mal wieder durchgesetzt und schlief oben.
Während Emma mit ihrer Stoffmaus Mimi in ihrem Bett schnell einschlief, machten die Jungs wieder Blödsinn.
Anton hatte die Idee “Boxmaschine“ zu spielen. Er hatte das Spiel vor einigen Jahren im Urlaub erfunden, um seine Geschicklichkeit und seine Reflexe zu testen.
Anton ließ seinen Oberkörper über das Bett hängen und seinen Kopf pendeln. Emil lag im unteren Bett und musste im Liegen versuchen, Antons Kopf mit der Faust zu treffen. Bis jetzt war ihm das nie gelungen. Anton reagierte einfach zu schnell; Emil war zu langsam und vor allem zu klein.
Aber im letzten Jahr war Emil gut gewachsen, seine Arme waren länger geworden und vor allem, seine Schlagkraft hatte zugenommen.
Den ersten drei Schlägen von Emil konnte Anton wie immer geschickt ausweichen. Er triumphierte und wurde zu sicher. Emil dagegen wurde immer motivierter und schlug schneller und kräftiger zu. Beim vierten Schlag nahm er mehr Schwung und traf mit seiner Faust punktgenau Antons rechtes Auge. Es gab ein klatschendes, hässliches Geräusch. Emil rieb sich seine schmerzhafte rechte Faust, und Anton jaulte lauthals auf.
Klaus und Andrea kamen sofort ins Zimmer gerannt und sahen Anton, wie er sich beide Hände auf das Auge drückte. Emil lag schuldbewusst mit dem Kopf unter seiner Decke und stammelte: “ Wir haben nur etwas gespielt.“
Andrea schaute sich Antons Auge an und holte einen Fäustlings Waschlappen mit Eisstückchen drin.
“Du wirst sicherlich ein schönes Veilchen kriegen“, erklärte Klaus, „ich hoffe, ihr beiden lernt daraus und lasst den Quatsch in der Zukunft.“
Emil war ganz kleinlaut, denn er wollte seinem Bruder eigentlich gar nicht wehtun. Nur eben endlich auch mal einen Treffer landen.
Anton wimmerte leise, drückte den kalten Waschlappen auf sein Auge und kam ins Grübeln. Er hatte nämlich am Swimmingpool einen englischen Jungen namens Marc kennengelernt.
Beide hatten sich auf Anhieb gut verstanden und die verrücktesten Sprünge vom Beckenrand gemacht. Für morgen hatten sie sich wieder verabredet. Das reizvollste an Marc war aber seine 14-jährige Schwester Patricia.
Dunkle lange Haare, schon richtig gut entwickelt und das Ganze in einen gelben Bikini verpackt. Aus Antons Sicht eine absolut heiße Schnitte, auf die er sich am meisten freute.
Aber mit einem Veilchen wäre das Wiedersehen absolut peinlich und jedes Anbaggern vollkommen zwecklos. Es sei denn, er hätte eine bessere Erklärung als den blödsinnigen Treffer von seinem kleinen Bruder.
Am nächsten Morgen war das Auge trotz Kühlung dick und rot mit einem beginnenden Hauch von blau.
Andrea hatte Angst vor dem Gerede. Sie befürchtete, dass die anderen Gäste in der Anlage annehmen könnten, Anton wäre von seinen Eltern geschlagen worden.
Emil hatte beim Frühstück dann aber eine Idee. “Lasst uns doch erzählen, Anton hätte Mila vor einem anderen, gefährlichen Hund gerettet und wäre dabei gestürzt.“ “Oder gegen eine Laterne geknallt, das ist noch glaubwürdiger“, schlug Klaus vor. “Oder der Besitzer des bösen Hundes wäre auch böse gewesen und hätte dir eine geknallt“, bereicherte Emma die Diskussion.
Anton fand den Vorschlag langsam klasse. Denn einen Retter von einem so lieben Hund wie Mila konnte Patricia nur gut finden. Das Veilchen würde dann eine ganz andere Qualität bekommen. Und ihm wahrscheinlich Punkte einbringen.
Trotz allem verengten sich Antons Augen für einen kurzen Moment zu sehr engen Schlitzen. Die gute Idee von Emil bedeutete nicht, dass er ihm restlos vergeben hätte. Die ganze Geschichte schrie förmlich nach Rache - vor allem unter Brüdern.
Vor lauter Erleichterung waren beide Jungs aber spontan bereit, die immer gern verschobene Urlaubskarte an Oma Alma zu schreiben.
Emma durfte die Karte aussuchen und hatte zum Leidwesen ihrer Brüder eine peinliche Karte mit einem lachenden Eselchen ausgesucht. Aber egal - Oma Alma würde sich mit oder ohne Esel über die Karte sehr freuen.
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