Plötzlich hatte Emma eine Idee. Sie stieß Emil in die Seite und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Der nickte kurz, dann rief er seinen älteren Bruder Anton. Als Anton auftauchte, bauten sich Emil und Emma vor ihm auf und zeigten ihrem Bruder demonstrativ ihren Teller.
Dann sammelten Emma und Emil hörbar viel Spucke im Mund und jeder spuckte auf seinen Kuchen. Beide verrieben voller Wonne ihre Spucke auf dem Kuchen, so dass sich ein schleimiger Film über den Kuchenstücken bildete.
Anton schüttelte sich voller Ekel. “So, Anton, falls du noch mal an meinen Kuchen gehst, weißt du jetzt, was du dann isst.“ Emma wurde jetzt etwas resolut. Anton verließ angewidert das Wohnzimmer, und Emil schlug seiner kleinen Schwester bewundernd auf die Schulter. Ihr Kuchen war für alle Zeiten gesichert, denn es gibt nichts Ekligeres als Geschwisterspucke. Obwohl Anton ohne zu zögern regelmäßig an Lutschers angebotener und angetrunkener Cola sukkelte. Aber Geschwisterspucke-nie im Leben.
Dann hieß es Abschied nehmen und jeder war etwas traurig. Die Kinder liebten ihre Großeltern und das schöne Haus in Spanien. Auch Andrea und Klaus waren gern bei Andreas Eltern und ließen sich bereitwillig etwas verwöhnen. Herbert und Gisela versprachen, Thalers vielleicht mal in Nerja zu besuchen. Und Emma verriet ihrer Oma zum Abschied noch ein kleines Geheimnis.
“Du, Oma, heute Morgen hab‘ ich dir aber noch einen schönen Streich gespielt.“ “So, was denn, mein Schatz?“
“Ja, ich hab‘ mir mit deinem Popo Waschlappen das Gesicht gewaschen.“ Nach einem kurzen Moment der Verblüffung lachten Oma und Opa herzlich über diesen Streich von Emma, und Thalers fuhren winkend aus dem Tor, um das letzte Stück in den Süden von Spanien zu fahren.
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Klaus war außergewöhnlich gut aufgelegt, weil die Autobahn ab Alicante mautfrei war. Er spitzte die Lippen und pfiff wie üblich einen sehr alten Beatles Song, All my loving, was alle anderen im Auto furchtbar nervte. Jeder protestierte und Klaus schwieg zerknirscht. Die Kinder beschäftigten sich mit ihren iPhones und Andrea schaute auf die vorbeifliegenden Oliven - und Obstbaumplantagen.
Nach 2 Stunden dann die erste Pause kurz hinter der Abzweigung der Autobahn 92 Richtung Granada.
Die Landschaft wurde trockener, staubiger und die Temperatur stieg.
Rechts die Sierra de Alhamilla und links die Ausläufer des Naturparks Cabo de Gata mit wunderschönen Naturstränden, Felsen, die ins Meer stürzen und Salzseen, in denen rosa Flamingos, Störche und Reiher staksen und eine geschützte Vogelwelt überwintert.
Dann die ersten Plastikplanen über riesigen Plantagen mit Gemüse - hauptsächlich Tomaten -, die hier bis zu dreimal im Jahr geerntet werden. Die ganze Landschaft glitzerte silbern, und die Sonne wurde auf den weitläufigen Treibhausanlagen reflektiert.
Klaus umfuhr Almeria, eine wenig reizvolle Hafenstadt, mit der größten, sehr gut erhaltenen maurischen Burganlage von Spanien.
„In dem staubigen Hinterland von Almeria wurden mit John Lennon 1966 die Außenaufnahmen zu der Kriegssatire “ How I won the war“ gedreht. Und in Almeria wird regelmäßig durch Coverbands der Beatles des berühmten Gastes gedacht“, erläuterte Klaus fachkundig seinen vollkommen desinteressierten Mitfahrern.
Die Sierra Nevada schützt diesen Küstenstreifen vor kalten Nord- und Westwinden und hält Wolken und Regen ab. Von daher heißt dieser Teil der Küste, der sich von Almeria bis Nerja erstreckt, auch Costa Tropical.
Denn die warmen Winde aus Afrika erreichen die Küste schon, sodass hier ein subtropisches Klima vorherrscht. Der größte Teil gehört zur Provinz Granada, ein kleiner Teil fällt in die Provinz Málaga und Almeria.
Die Ausläufer der bis zu 3400 Meter hohen Sierra Nevada und der angrenzenden Gebirge Sierra de Gador, Tejeda, Almijara und Alhama reichen häufig direkt bis an die Küste, sodass es wenig breite und lange Strände gibt. Außer auf dem vorgelagerten Streifen um Roquetas de Mar und Almerimar.
Ansonsten gibt es sehr viel kleinere, felsummantelte Buchten mit überschaubaren Kies- und Sandstränden.
Im Winter zeigt das Thermometer im Durchschnitt tagsüber selten unter 18° im Schatten. In der Sonne klettert das Quecksilber auch im Januar auf über 30°.
Das warme Seeklima mit relativ geringen Temperaturschwankungen, macht einen ganzjährigen Anbau von Datteln, Zuckerrohr, Avocados, Artischocken, Oliven, Chirimoya, Zitrusfrüchten, Kiwis, ja sogar auch von Ananas und kleinen, schmackhaften Bananen und anderen subtropischen Früchten möglich.
Klaus und Andrea fuhren schon seit Jahren im Herbst und im Frühjahr an diesen Küstenstreifen, weil die Sportmöglichkeiten außergewöhnlich breit gestreut sind. Und die Temperaturen liegen im Herbst und Frühjahr bei ungefähr 25 Grad - ähnlich dem Hochsommer in Deutschland.
Auch Wintersport ist bis in den April hinein möglich. Das kleine Skigebiet auf der Nordseite der Sierra Nevada ist nur anderthalb Stunden von der Küste entfernt. Und Wassersport kann man das ganze Jahr über betreiben.
Beide waren auch von den vielen Naturparks mit einer Vielzahl von geschützten Tierarten und idyllischen Wanderwegen begeistert. Steinböcke, Adler, Geier, Hirsche, Wölfe, Luchse, Wildschweine, viele Schlangenarten, Eidechsen und Chamäleons sind hier heimisch.
Die Kinder hatten ihren Spaß daran, fliegende Fische und springende Delphine vom Strand aus zu beobachten.
Nach ungefähr 4 Stunden Fahrt fuhren Thalers kurz vor Nerja, bei Maro, von der Autobahn ab auf die Landstraße. Zwei große, gepflegte Kreisel, danach ein altes Aquädukt über einer Schlucht, eine verfallene Zuckerrohrfabrik und dann endlich fuhren sie in die Urbanisation San Pedro de Capisto.
Die große, gepflegte Urlaubssiedlung liegt an einem Südhang, kurz vor der Stadtgrenze von Nerja.
Thalers parkten im unteren Teil der Anlage vor der Rezeption, um sich den Schlüssel für ihr gemietetes Haus abzuholen.
Die weiß gekalkten Häuser liegen parkähnlich eingebettet an kleinen, gepflasterten Fußwegen und haben sichtgeschützte Terrassen. Überall befinden sich ein gut bewässerter, sehr dichter dunkelgrüner Rasen und eine liebevoll angelegte Pflanzenwelt mit einer bunten Blütenpracht. Und für die Kinder waren die verschiedenen großzügigen Poolanlagen ideal für den Urlaub.
Thalers Haus lag etwas oberhalb von einem kleinen Parkplatz, am Ende eines schmalen Weges. Ein kleiner Vorgarten, ein überdachter Hauseingang, und ein Grundstück mit dickblättrigem Rasen und blühenden Büschen war ihr erster Eindruck. Das weiße Haus hatte dunkelbraune Holzfenster mit Gittern und eine Dachterrasse mit herrlichem Blick über die Stadt bis zum Meer.
Die beiden Jungs bekamen ein Zimmer mit einem Stockbett, während Emma in einem Beistellbett im Schlafzimmer der Eltern schlafen sollte. Das bedeutete für Klaus und Andrea allerdings gewisse Einschränkungen. Klaus hegte aber die Hoffnung, dass die drei Kinder im Urlaub lang genug durch den Swimmingpool abgelenkt sein würden.
Andrea begann sofort, sich häuslich einzurichten. Die Kinder wollten am liebsten schnell ins Schwimmbad, mussten aber doch helfen, das Auto auszupacken und Mila zu versorgen.
Nachdem Klaus mit Mila einen Spaziergang gemacht hatte, durften sich die Kinder ihre Badetaschen packen und ins Schwimmbad gehen. Die drei kannten sich schon gut in der Anlage aus, und Emma hatte hier vor zwei Jahren schwimmen gelernt.
Klaus hatte, wie so oft, ans Sparen gedacht und Anton und Emil damals ein Abo einer beliebten Zeitschrift versprochen, wenn sie Emma im Urlaub Schwimmen lernen würden. Das war deutlich billiger, als jeder Schwimmkurs. Und Anton und Emil kümmerten sich hochmotiviert um ihre kleine Schwester.
Zuerst wurden Emmas Schwimmflügel immer weniger aufgeblasen, und sie musste sich beim Schwimmen immer mehr anstrengen.
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