1 ...8 9 10 12 13 14 ...23 Überall fast 2000 Jahre alte Portale, ein römisches Monumentaltor, eines der am besten erhaltenen römischen Theater und ein Gewölbe aus römischer Zeit, in der sich ihre Lieblingspizzeria befand.
Mila musste allerdings draußen im Auto bleiben. Sie bekam einen Kauknochen aus Pansen, an dem sie genüsslich nagte. Überhaupt war Mila vollkommen pflegeleicht und der ideale Reisehund.
Es dauerte, bis das Essen kam, und so wurde es doch 24 Uhr, bis Thalers wieder im Hotel ankamen und mit ihrer Code Nummer die Schranke zum Parkplatz, die Hoteltür und ihr Zimmer öffnen konnten.
Aber jetzt begann das Chaos.
Jeder wollte zuerst in das kleine Bad. Anton hatte es tatsächlich mal wieder als erster geschafft und sich ins Bad gedrängelt. Und jetzt stand Emil vor dem Bad, pochte ungeduldig mit der Faust an die verschlossene Tür und rief:“ Wehe, du kackst!!“
Darauf ertönte Antons Stimme aus dem Bad:“ Wenn du so heftig an die Tür klopfst, kriege ich einen Darmverschluss. Dann geht überhaupt nichts mehr und es dauert umso länger.“
Andrea mischte sich jetzt ein. “Anton, mach hin. Wir müssen morgen früh raus, und alle anderen wollen auch noch ins Bad!“ Und Klaus drohte seinem Ältesten:“Anton, muss ich dich vielleicht erst abschneiden, damit es schneller geht?“
Nach 10 Minuten kam Anton feixend raus und Emil verschwand im Bad, während er sich demonstrativ die Nase zu hielt. Klaus sah es jetzt ein, dass das Familienzimmer ein Fehler war. Bis alle im Bett waren, wurde es dann doch nach 1:00 Uhr.
Andrea hatte wie immer einen gesegneten Schlaf und fing kurz nach dem Einschlafen an zu schnarchen. Emma kuschelte sich mit ihrer Stoffmaus Mimi. Emil hörte etwas Musik mit dem Kopfhörer und Anton checkte noch die neuesten Posteingänge auf seinem Handy. Und Klaus bekam langsam Atemnot. Denn er war ein Frischluftfanatiker.
Zuhause schlief er nur bei weit geöffnetem Fenster. Aber das Fenster im Hotel ließ sich nicht öffnen. Sonst hätte der Schallschutz zur Autobahn nicht funktioniert. Lediglich eine Belüftungsanlage säuselte leise und brachte etwas frische Luft in das Zimmer.
Viel zu wenig, dachte Klaus, der schon einen ganz trockenen Mund hatte und sich ausrechnete, dass die Familie wahrscheinlich gegen 5 Uhr morgens endgültig erstickt wäre.
Und Emma jammerte jetzt:“Bei dem Schnarchen von der Mama kann ich gar nicht schlafen.“ Klaus und den beiden Jungs ging es genauso. Klaus war sowieso seit Jahren der Meinung, dass seine Frau der einzige Mensch auf der Welt wäre, bei dem sich das Schnarchen sogar zweistimmig anhören würde. Sozusagen ein nächtliches Eigenduett.
Zu Hause hatte Klaus immer eine Packung Ohrenstöpsel aus Wachs parat liegen. Die hatte er jetzt natürlich vergessen einzupacken. Nach 10 Minuten sinnlosen Rumwälzens fällte er eine Entscheidung. “Anton, du sprichst doch etwas Französisch.“ “Na ja, so halbwegs, du kennst doch meine letzte Note. Eine vier mit Rücksicht auf die Eltern.“ “Aber zum Einkaufen von Ohrenstöpseln wird es wohl reichen. Wir suchen uns eine Apotheke, die Nachtdienst hat und besorgen uns eine Familienpackung.“ “Hab aber keine Lust, noch mal aufzustehen. Nimm ein Papiertaschentuch und stopf dir das ins Ohr; am besten du machst es vorher nass.“
Also stand Klaus resigniert auf, marschierte ins Bad und bastelte vier von Hand gemachte Ohrenstöpsel aus Papiertaschentüchern.
Zwei Stöpsel versuchte er bei Emma ins Ohr rein zu bohren und zwei waren für ihn. Der Versuch, Emma auf gehörlos zu stellen, scheiterte bereits beim ersten Anlauf grandios. “Papi, auf dem einen Ohr hör ich weiter was.“ Dann leg dich halt auf das Ohr und versuch‘, einzuschlafen.“ “Und bei der anderen Seite ist das Papier ganz tief ins Ohr reingerutscht und drückt jetzt ganz toll.“
„Merde, Merde, Merde!“ Klaus passte sich mit seinen minimalistischen Französischkenntnissen schnell der Umgebung an.
Es half alles nichts. Er musste ins Bad, eine Pinzette aus dem Etui raussuchen und Emma beide Papierstöpsel wieder aus dem Oh rauspulen. Und das bei Dunkelheit, um Andrea und die beiden, jetzt einschlafenden Jungs, nicht zu wecken.
Die hatten es einfach. Auch Anton hatte sich seine Kopfhörer aufgesetzt und versuchte, mit leiser Musik einzuschlafen. Also musste Klaus allein losfahren. Im Hotel war sowieso niemand mehr, der ihm Auskunft geben konnte, sodass Klaus sicherheitshalber sein kleines Französisch Reisewörterbuch mitnahm. Schlafanzug aus, Jeans und Pullover an und los ging‘s.
Klaus hatte Mila, die auch im Zimmer schlafen sollte, mitgenommen und wieder in ihrer Autobox verfrachtet. Denn Mila musste nicht auch noch das letzte bisschen Beinfreiheit im Zimmer in Anspruch nehmen. Zudem hatte der Hund einen Mundgeruch wie eine seit 8 Tagen offenstehende Fischdose.
“Und außerdem verbraucht der Köter noch die letzten freien Sauerstoffmoleküle“, murmelte Klaus genervt. Mila war zuerst bockig, hatte keine Lust ihre Reisedecke zu verlassen, fügte sich dann aber in ihr Schicksal und sprang in ihre Autobox.
Langsam fuhr Klaus aus der Einfahrt, nachdem er die Schranke mit der Codenummer geöffnet hatte. Auf der Hauptstraße entdeckte er bald das bekannte Kreuz auf der Leuchtwerbung. Es wäre zu schön gewesen, aber die Apotheke hatte natürlich geschlossen.
Gott sei Dank konnte Klaus das kleine Schild lesen, auf dem die nächste offene Apotheke mit Nachtdienst stand. Die Straße sagte Klaus überhaupt nichts, und natürlich hatte er weder einen Stadtplan noch sein iPhone dabei.
Nachdem er mit viel Glück einen späten Nachtschwärmer in katastrophalem Französisch nach der Straße fragen konnte, hatte er nach 15 Minuten endlich die geöffnete Apotheke mitten in der Altstadt in der Rue St. Martin gefunden.
Seine bekannten Wachsstöpsel hatten sie nicht, aber ein ähnliches Produkt, was Klaus samt dem Nachtzuschlag frustriert bezahlte.
Als er dann gegen 2:30 Uhr ins Hotel zurück kam, nachdem er eine Irrfahrt durch die kleinen Einbahnstraßen in der Altstadt hinter sich hatte, und zunehmend genervt dreimal den falschen Code an der Schranke zum Parkplartz eingetippt hatte, schlief auch Emma tief und fest. Den Jungs nahm er vorsichtig die Kopfhörer ab und stellte die Musik aus. Andrea hatte sich mittlerweile eingeschnarcht und Tempo und Lautstärke ihrer Schnarchtöne deutlich erhöht.
Klaus ließ noch einen Moment die Zimmertür offenstehen, um wenigstens ein paar Moleküle der abgestandenen Flurluft ins Zimmer zu lassen, denn die Luft war jetzt zum Schneiden.
Nachdem er sich hastig ausgezogen hatte, legte er sich ziemlich erschöpft in das viel zu schmale, viel zu weiche und viel zu kurze Doppelbett neben Andrea, stellte den Wecker auf 6:00 Uhr, statt auf die geplanten 5:00 Uhr und zerrte genervt an der Bettdecke über Andrea, um auch ein Stück zu ergattern.
Dann schraubte er sich zwei Wachskugeln in die Ohren und endlich fiel die Spannung dieses hektischen Tages wie ein Stein von ihm ab, er konnte loslassen und erschöpft einschlafen.
Vor ungefähr 35 Jahren sind Herbert und Gisela Kesselmann mit ihren beiden kleinen Töchtern Andrea und Claudia das erste Mal nach Spanien gefahren. Mit einem alten VW Bus, den Herbert selber umgebaut hatte.
Gebrauchte Einbaumöbel eines Campingbus Einrichters hatte er so zurechtgeschnitten, dass in dem Bus eine Ausziehcouch und eine kleine Küche Platz hatten. Von einem defekten VW Polizei Bus hatte er die Schiebetür übernommen, sodass der Wagen als weißer Bus mit grüner Schiebetür ein Unikat war. Die beiden kleinen Töchter durften in dem eigens von Gisela angefertigten Vorzelt schlafen.
Damals gab es noch Peseten in Spanien, umständliche Grenzkontrollen und die Autobahn war noch nicht durchgängig gebaut. Die Fahrt zog sich für die Kinder furchtbar lang hin, da die Familie einige Strecken hinter Diesel Lastern quälend langsam auf Landstraßen fahren musste.
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