1 ...7 8 9 11 12 13 ...23 Er verharrte eine Weile.
Zumindest bis ich wieder etwas zu Atem gekommen war.
Dann glitt er aus mir heraus und drehte mich zu sich um. Ich war froh, dass er mich weiterhin festhielt. Sonst wäre ich vor seine Füße gesunken. Besonders bei seinen nächsten Worten. „Schwächelst du schon, Sam? Ich bin noch lange nicht fertig mit dir.“ Er lächelte. Dann küsste er mich. Allein davon wäre ich fast ein drittes Mal gekommen. Mit einem Ruck nahm er mich auf die Arme und trug mich nach oben in sein Schlafzimmer.
Der Kaffee, der Fernseher, der Film – alles war vergessen.
Wichtig war nur sein Schwanz, der sich in mich rammte. Romans Finger, die mir unzählige Orgasmen abverlangten. Das Gefühl von nackter Haut auf nackter Haut. Das Kribbeln, wenn seine Finger meinen Körper erkundeten. Ihn streichelten, fester zupackten. Seine Zähne. Und seine Augen, die mich verschlangen.
Alles andere als brüderlich – die erwähnte Lüge.
Als ich mich endlich matt, wunderbar befriedigt und träge lächelnd mit meinem Rücken an seine Brust schmiegte, streckten die ersten Sonnenstrahlen ihre neugierigen Finger durchs Fenster. Roman malte kleine Kreise auf meine nackte Haut und flüsterte mir selbstgefällig ins Ohr, dass es mir ebenso gefallen hätte wie ihm . „Ist dir aufgefallen, hm?“ Leise lachend zog er mich enger an seine Brust, hüllte mich in seine Arme und seinen wunderbaren Duft. Dann hauchte er mir einen Kuss auf die Schläfe und meinte, wir sollten uns ein wenig ausruhen. „Guter Plan.“, murmelte ich. Ich glaubte nicht, dass ich etwas anderes zustande brächte. Allein der Gedanke, laufen oder mich bewegen zu müssen, schien von höhnischem Gelächter begleitet zu sein. Andererseits wäre es vielleicht besser zu gehen. Doch der schiere Gedanke daran ließ meine Muskeln protestieren. Ich glaubte nicht, dass ich morgen laufen könnte. Oder übermorgen.
Roman würde mich tragen müssen.
Oh man, was für eine super riesen Kacke.
Ich war eine Schlampe, oder? Ich hatte mit dem – ehemals oder noch immer – besten Freund meines Ex-Freundes geschlafen. Und das nicht nur einmal.
Ich lauschte in mein Innerstes, aber da regte sich nichts. Kein Bedauern, kein schlechtes Gewissen. Ich war niemandem Rechenschaft schuldig. Das oder… ich bin eine Schlampe. Seufzend fuhr ich mir durch die Haare. Wenn man die Ironie der ganzen Sache betrachtete, fühlte ich mich dennoch erstaunlich gut. Schließlich war es Roman zu verdanken, dass Alan sich von mir getrennt hatte.
Tja.
Roman hatte mich vor zwei Stunden heim gebracht, mir einen erstaunlich sanften Kuss gegeben, seinen Kopf leicht zum Abschied verneigt und war wieder verschwunden.
Eine einmalige Angelegenheit – von einer Nacht – die mir nicht halb so sehr zusetzte, wie befürchtet. Ach was, ich hatte gar nichts befürchtet. Würde es einmalig bleiben? Ich sollte nicht darüber nachdenken. Es einfach auf mich zukommen lassen.
Jetzt jedoch hatte ich einiges zu erledigen.
Zuerst warf ich meine alten Klamotten in den Wäschekorb, als zweites stieg ich unter die Dusche und als drittes warf ich auch die Sachen, die Roman mir gesponsert hatte, zu meinen. Wir waren erst spät aufgestanden. Hatten demzufolge spät zu Mittag gegessen. Noch immer fühlte ich mich satt. Und noch immer zitterten meine Beine ein wenig, wenn ich an die letzte Nacht dachte. Ich verspürte sogar einen leichten Muskelkater. Ich! War denn das zu fassen?
Nach der Dusche fühlte ich mich sonderbar. Romans Duft fehlte. Dabei hatte ich geglaubt, der wäre mir unter die Haut gegangen. Jetzt roch ich fruchtig.
Es gab Schlimmeres. Ich könnte zum Beispiel glitzern oder sowas.
Ich schwebte in meine Küche. Zumindest fühlte ich mich ganz leicht. Hatte ich mich in Roman verliebt? Hm. Eine gute Frage. Ich empfand definitiv etwas für ihn. Aber Liebe? So eine wie für Alan?
Früher, verdammt. Früher!
Dass ich diesen Deppen einfach nicht vergessen konnte, ärgerte mich. In Gedanken zerpflückte ich die Emotionen, die Roman in mir auslöste. Sie brachten mir keine klare Erkenntnis. Außer, dass ich ihn nicht missen mochte. Und – dass ich den besten Sex meines Lebens gehabt hatte. Roman war tatsächlich kein zärtlicher Liebhaber. Er wusste, was er wollte und forderte es geschickt ein. Dabei könnte ich schwören, dass er sich sehr, sehr zurückgehalten hatte.
Gee-nau! Darum habe ich jetzt auch Muskelkater.
Haha.
Gegen eine Wiederholung hätte ich nichts einzuwenden. Aber gäbe es eine?
Grinsend flatterte ich durch meine Küche. Obwohl es in der gar nichts zu tun gab. Sowie ich das erkannte, glitt ich in die Wohnstube.
Oh du meine Güte!
Schweben. Gleiten. Flattern.
Ich musste echt einen an der Klatsche haben. Ich benahm mich wie ein Teenager, der seinen ersten großen Schwarm ins Bett bekommen hatte. Zugegeben: Nach meiner langen Enthaltsamkeit fühlte es sich ein wenig so an. Zufällig fiel mein Blick auf den Kalender. Der 21. Hm, ich sollte Trudi anrufen. Bestimmt wollte sie wissen, wo ich so lange steckte. Das Blinken des Anrufbeantworters bestätigte meine Vermutung. Naja, eigentlich erst das Abhören desselben. Ich rief sie an. Lud sie kurz entschlossen ein. Ein gemütlicher Mädelsnachmittag – oder Abend. Während ich auf ihr Eintreffen wartete, überlegte ich, wieviel ich Trudi erzählen konnte. Theoretisch alles. Fast alles. Mein Blick wanderte zurück zum Kalender.
Sofort zuckte ich zusammen. Der 21… Sommersonnenwende. Vor anderthalb Jahren hatte ich den Unfall gehabt; seitdem noch nicht wieder auf meinem Motorrad gesessen. Mir fiel ein, dass ich den Auftrag für meine Lady zwar erteilt, aber diese noch nicht aus der Werkstatt abgeholt hatte. Ich erinnerte mich an einen Anruf der Werkstatt. Meine Lady war fertig. Daraufhin hatte ich den guten Mann jedoch vertröstet und gesagt, dass ich – sobald es mir die Zeit erlaubte – vorbei käme.
Morgen oder übermorgen.
Nächste Woche.
Ich wusste nicht, warum ich es aufschob. Angst? Blödsinn! Wovor sollte ich Angst haben…
Trudi traf nur eine halbe Stunde später bei mir ein. In der Hand eine Flasche Wein. Sogar recht teuren Wein, wenn ich dem Etikett glauben konnte. Verdiente sie so gut? Ich wusste, was die Flasche kostete. Holte mir selbst hin und wieder ein paar davon. Hoffentlich versuchte sie nicht, mich damit zu beeindrucken. Sie hielt die Flasche hoch. „Die und noch ein paar andere hab ich von meinem Mann stibitzt. Ex. Er hat es nie bemerkt. Ich dachte, ich hebe ihn für einen besonderen Anlass auf. Und ein Abend unter Freunden ist dafür gut geeignet, oder?“ Verblüfft sah ich sie an. „Du warst verheiratet?“
„Wir sind über die Verlobungsphase nie drüber hinausgekommen. Zwei Jahre lang. Gott sei Dank. Eine Scheidung wäre teuer gewesen.“, sie zuckte mit den Schultern, „Ich habe trotzdem immer ‚mein Mann‘ gesagt. Macht der Gewohnheit.“ Puh! Ich dachte schon, ich hätte was verpasst.
Oder vergessen.
Konnte Trudi eigentlich Gedanken lesen? Stirnrunzelnd sah ich sie an. „Nein, kann ich nicht. Aber dein Gesichtsausdruck spricht Bände.“ Sie kicherte. „Für einen Moment hast du mich wirklich erschreckt.“ Das meinte ich ernst. Trotzdem fiel ich in ihr Lachen ein. „Los, komm. Wir köpfen die Flasche.“ Ich ließ meine Augenbrauen hüpfen und wies Trudi ins Wohnzimmer. Sie folgte mir jedoch in die Küche. Pfiff anerkennend. „Ist die neu oder habe ich beim letzten Mal nicht richtig geguckt?“ Sie war neu. Sagte ich ihr auch. Nur den Grund verschwieg ich. Vorerst. „Hübsch. Wirklich hübsch. Da könnte ich glatt neidisch werden. Meine ist… uralt.“ Und meine schon die zweite neue Küche innerhalb von nicht mal drei Jahren. Das machte mir ein schlechtes Gewissen. „Wir können ja mal einkaufen gehen.“, zwinkerte ich ihr zu. „Na klar. Aber sonst geht’s dir gut, oder? Du kannst mir doch keine neue Küche kaufen!“
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