„Verbindung zu Mike Salbowski herstellen. Höchste Sicherheitsstufe.“
„Verbindung steht.“
Mike meldete sich sofort. Herlith berichtete schnell von ihren Ergebnissen und Überlegungen. Niemand darf den Mond vor CALCAG erreichen! Sie nannte die vorläufige Schätzung eines möglichen Gewinnes.
„Hast du eine mögliche Raumfahrt mit dieser Technik schon eingerechnet?“, wollte Mike wissen.
„Dafür gibt es momentan keine nachvollziehbaren Ansätze. Ohne die kann ich nicht kalkulieren.“
Mike nannte ihr ein paar Ideen, die sie sich sofort merkte. Es war klar, dass sie das überprüfen würde.
„Ich stimme zu, dass alle Maßnahmen getroffen werden müssen“, beendet Mike das Gespräch. „Wir müssen uns vordringlich um Ling und Tim kümmern. Es sieht aus, als wären das die beiden Astronauten für die erste Mission. Diesem Plan stimmen die USA und China zu, der Rest der Welt hat dann zu schweigen! Aber wir nicht! Gib mir Bescheid, wenn die anderen Resultate vorliegen. Persönliche Kommunikation im Zentrum.“
Damit war das Gespräch beendet. Herlith wusste, dass nun keine erfolgreiche Mondmission zu erwarten war.
Sie bestellte aus der Hauptküche das Abendessen, das mit dem eigenen Speisenaufzug bis zu ihrem Wohnungseingang gebracht wurde. Diesmal war es vegetarisches Essen. Dazu gab es einen guten Rotwein aus dem Norden Spaniens. Sie bevorzugte zwar chilenische oder australische Rotweine, aber zu vegetarischen Gerichten war der schwerere spanische Wein geeigneter. Während sie aß, meldet sich Rechner Arbeit 2.
„Ergebnisse zur Suche NASA liegen vor“, meldete sich die sanfte Stimme. „Möchten Sie die Ergebnisse lesen oder hören?“
„Hören!“
„Startvorbereitungen für Mondprojekt NASA – Hainan laufen seit vier Tagen. Rakete betankt und einsatzbereit. Vorbereitung für zwei Personen. Einsatz Landefähre in 13 Tagen möglich. Countdown für Projekt ist festgesetzt auf 15 Tage 12 Stunden 9 Minuten. Leiter des Projektes ist Dr. Morrison. Geheimhaltungsstufe: hoch. Verbindung nach anderem Projekt in Europa mit Codebezeichnung Euro-Luna-Alpha kann nicht verifiziert werden, ist aber mit hoher Wahrscheinlichkeit projektiert. Soll ich weitere Angaben berichten?“
„Ausdrucken und speichern unter Mond-NASA-01. Informationen zu Euro-Luna-Alpha suchen. Höchste Priorität. “
„Auftrag speichern und drucken erledigt. Suche Zugang zu Euro-Kontrol ESA.“
Kurz darauf meldete sich Rechner 1.
„Suchergebnisse zu Grav1 mit Physik und Realisierbarkeit liegen vor. Möchten Sie die Ergebnisse lesen oder hören?“
„Hören!“
„Überprüfbarkeit für Gravitationsprojekt brachte 22345 Treffer, von denen 788 eine Wahrscheinlichkeit über 70% haben. Projektliste liegt vor. Geschätztes Verhältnis Gesamtvolumen an benötigten Mitteln zu erwarteten Einnahmen liegt bei 0,004. Weitere Einzelheiten berichten?“
„Nein. Alle Projekte über 70% Realisierbarkeit ausdrucken und alle Dateien abspeichern unter Mond-Grav-01. Berechne Anteil der benötigten Mittel an verfügbarem Kapital CALCAG.“
Sofort kam die Antwort.
„Anteil der benötigten Mittel liegt bei 7,45%.“
Herlith musste schlucken. Noch nie hatte ein Projekt derartig große Geldmittel verschlungen. Sie überlegte.
„Ermittelte Daten mit höchster Sicherheit codieren und weitersenden an Zentralrechner. Zusatzcode herltih-alpha-02-Proj.“
„Verschlüsselt und übermittelt. Wer soll Zugriff haben auf die Daten?“
„Nur der Administrator. Rechner 1 Ende.“
Herlith machte sich bereit, um mit Mike Salbowski und den anderen Mitgliedern des innersten Zirkels zu reden. Es gab vieles zu organisieren.
Das John F. Kennedy Space Center (KSC )ist der Weltraumbahnhofder NASAauf Merritt Islandin Florida. Im Dezember 1968 starteten hier die ersten bemannten Raumflüge, die schließlich zur bemannten Raumfahrt führten.
Die riesige Rakete, die nun wieder Menschen zum Mond transportieren soll, war schon auf die Startrampe gefahren. Techniker untersuchten alle Teile und überprüften alle Funktionen. Das Betanken wurde vorbereitet. In allen Zeitungen, in allen Nachrichten und auf allen Webseiten wurde von dem bevorstehenden Start berichtet:
„Zwei Astronauten fliegen zum Mond, um an der Landestelle von Apollo 11 das Gravitationsphänomen zu untersuchen. Der Amerikaner Tim Bird und die Chinesin Ling sollen die schwierige Aufgabe übernehmen, das Gelände, insbesondere den Untergrund der Landestelle, nach Ursachen für die Schwankungen des Gravitationsfeldes zu untersuchen. Die NASA und die chinesische Raumbehörde weisen jedes Gerücht zurück, es ginge auch oder vorzugsweise um die Bergung eine unbekannte Technik, die von fremden Intelligenzen dort zurückgelassen worden sein soll. Seit Wochen bereits brodelt die Gerüchteküche. Erste Bilder von Aliens kursieren, und die Vermutungen über UFOs und die Geheimbasis AREA 51 heizen die Diskussionen an. Aus gut unterrichteten Kreisen ist zu hören, man vermute ein besonderes Mineral auf dem Mond, das für die Effekte verantwortlich ist. Tim Bird meinte bei einer Pressekonferenz, er freue sich auf diesen Routineflug, zumal es sein erster Einsatz im All sei. Die Antwort auf die Frage, warum gerade er ausgesucht worden sei, diese Aufgabe zu unternehmen, beantwortete er mit einem Lächeln und dem Satz: „Jetzt bin ich eben dran. Das ist alles.“ Die Chinesin Ling sagte auf dieser Pressekonferenz, dieser Flug sei für Amerika nur ein kleiner Schritt, aber er sei für China ein Riesenschritt. Damit spielte sie geschickt auf die ersten Worte von Neil Alden Armstrong an, als er als erster Mensch den Mond betrat.“
Tim und Ling sahen sich aber nur als das nächste Glied in einer langen Kette von Menschen, die den Weg ins All antraten. Da war Juri Alexejewitsch Gagarin, der russische Kosmonaut, der am 12. April 1961 mit dem Raumschiff Wostok 1 zum ersten Mal die Erde umrundet hatte. Ein himmlisches Vergnügen, das 108 Minuten dauerte. Dann die nicht ganz ernst zu nehmende Antwort der USA mit dem Mercury-Programm. Allan Shepard machte am 5. Mai 1961 den ersten Satz in die Schwerelosigkeit. Die erste Umrundung der Erde gelang erst mit der Mercury-Atlas 6. Schließlich der grandiose Augenblick der Mondlandung am 21. Juli 1969 mit Apollo 11.
Ling hatte bei dieser Liste von Ereignissen hinzugefügt, dass das erste russisch-amerikanische Projekt am 17. Juli 1975 stattfand, als sich eine Apollokapsel und ein Sojus-Raumschiff trafen, ankoppelten und der erste Besuch von Bord zu Bord stattfand.
„Die Menschen vergessen diese Vorkommnisse schnell“, fügte sie hinzu. „Sie verinnerlichen nichts und leben von Moment zu Moment. Nichts hat bei ihnen Bestand!“
„Und nun findet das amerikanisch – chinesische Projekt statt, Ling. Wer hätte das geahnt, als in den letzten Jahrzenten des vorigen Jahrhunderts die bemannte Weltraumstation installiert wurde. Immer schön dicht an der Erde! Nicht auf dem Mond, wie vielleicht zu erwarten gewesen wäre. Doch die ISS bracht dann ja den internationalen Durchbruch. Wie viele chinesische Astronauten waren denn schon auf der ISS?“
Ling dachte nach. Er hatte sie auf dem falschen Fuß erwischt.
„Das finden wir doch sofort im Internet“, konterte sie. „Wie viele amerikanische Frauen waren denn dort an Bord?“
Tim lachte. Typisch Ling! Nun gut, sie verstanden sich prächtig. Und nun standen sie hier, bei dieser riesigen Maschine, die sie auf den Mond bringen sollte, der dort oben zu sehen war: bleich und klein. Kein bisschen einladend.
Doch Ling dachte für sich selbst: „Die Farben machen der Menschen Augen blind, die Töne machen ihre Ohren taub.“ So hat es Meister Laotse gelehrt.
„Die NASA erwartet eine Million Zuschauer beim Start. Das Fernsehen überträgt das Ereignis in alle Länder der Erde. Die UNO hat den Mond und alles, was sich dort befindet, als Besitz der gesamten Menschheit reklamiert. Dazu nahm die NASA nicht Stellung.“
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