Columba livia L. „Paloma“. Bewohnt in zahlreichen Flügen gesellig, die Felsenküsten der canarischen Inseln, stets die Nachbarschaft des Meeres vorziehend. In Teneriffa habe ich sie nicht selten auf den beiden seltsamen, turmähnlich aus dem Meere aufsteigenden Burgado-Felsen bei Orotava und im Tale Ygueste de St. André beobachtet, an letzterem Orte auch aufgezogene Junge gesehen, die äußerst zahm und niedlich waren und die man mir zum Geschenk anbot. Palma hat Überfluss an diesen Tauben; man sagte mir, sie gingen dort im Herbst in den Gebirgswaldungen dem Samen von Pinus canariensis nach. Mir ward in einem Garten der Stadt ein schöner junger Fichtenbaum gezeigt, der aus einem einer erlegten Taube aus dem Kropfe genommenen Kern gezogen war. In manchen Grotten des Felsgestades brüten diese Tauben gesellschaftlich in großer Anzahl: so in der cueva de las palomas, der Taubenhöhle auf Lobos; in Lanzarote sogar im Inneren des Landes an mehreren Stellen, z.B. bei el Sobaco. Berthelot fand auf letztgenannter Insel viele, in den noch frischen Eruptionskratern der Vulkane von 1824 brütend, trotz des Schwefelgeruchs und der großen Hitze, die noch darin herrschten. Letztere gerade, sagten ihm die Islennos, zöge die Tauben an, weil sie ihnen das Brutgeschäft erleichtere. Diese Tauben haben einen äußerst schnellen und gewaltsamen Flug und sind sehr scheu. Man beschleicht sie in den Höhlen, wohin sie sich zurückziehen, um daselbst zu übernachten. Auf Lanzarote besteht ein besonderes Jagdvergnügen darin, im Dunkeln mit Fackeln in diese Grotten einzudringen, den Eingang zu verstopfen und dann mit Stangen und Knütteln unter den überraschten Tauben, von denen auch viele lebendig gefangen werden, eine große Niederlage anzurichten. C. livia im gezähmten Zustande, unsere Haustaube, wird auf den Inseln eben so häufig wie in Europa gezogen, ohne dass indessen eine hervorstechende Liebhaberei für sie daselbst vorherrschend zu sein scheint.
Columba afra L. „Tortola“. Diese der unserigen in Gefieder und Größe sehr ähnliche Turteltaube, habe ich in Fuertaventura im Frühling sehr häufig, in den mit niedrigen Obstbäumen bestandenen Gärten angetroffen. Auch auf Handia, wo doch fast gar kein Baumwuchs ist, war sie im April desselben Jahres nicht selten und suchte, scheinbar furchtlos, doch stets vorsichtig, um die Häuser von Cofeito herum ihr Futter. Berthelot versicherte mir, die Turteltauben kämen auf Teneriffa erst spät im Frühjahre an und zögen im November scharenweis, meist immer von der Punta roja, dem roten Vorgebirge im Süden aus ihre Reise beginnend, wieder weg. Wahrscheinlich pflanzen sie sich hauptsächlich in den ausgedehnten Fichtenwaldungen fort.
Pterocles arenarius Temm. „Ganga“. Nur den wüsten Ebenen Fuertaventura’s eigentümlich, von wo aus es sich zuweilen nach Gran Canaria verfliegt. Man schießt diesen Vogel an der Tränke, aber nicht oft, obwohl er in keinesweges geringer Anzahl vorhanden zu sein scheint und nach der Ernte, in guten Jahren am zahlreichsten, auf die Stoppeln der Weizenacker kommt. Er wählt seinen Aufenthalt an den Ödesten, nur selten von Menschen besuchten Orten; dort sieht man ihn, zumal in der Dämmerungsstunde, mit einem pfeifenden, oft wiederholten Rufe, meist paarweise, in raschem, langanhaltendem Fluge, einer Taube ähnlich, durch die Lüfte segeln.
Perdix petrosa Lath. „Perdiz“. Auf den canarischen Inseln das gewöhnlichste Federwildpret, nur auf Fuertaventura und Lanzarote fehlend, merkwürdiger Weise aber auch auf Palma nicht vorhanden, wo doch alle Bedingungen zu seiner behaglichen Existenz in demselben Maße, wie anderwärts, da zu sein scheinen. Dorthin verpflanzte junge Repphühner sollen stets nur kurze Zeit gelebt haben. Steinhühner bilden auf Teneriffa den Hauptgegenstand der Jagd, die hier selten in den Wäldern, meist auf bebauten Feldmarken betrieben wird. Das Fleisch dieser Art, mit welcher der Markt von Santa Cruz reichlich und zu sehr billigen Preisen versehen ist, weicht in Farbe und Geschmack von dem unseres grauen Repphuhnes ab, indem es nicht braun, sondern weiß und dabei von einem zwar verschiedenen, aber nicht weniger feinem Wohlgeschmacke ist.
Perdix coturnix Lath. „Codorniz“. Sehr zahlreich auf sämtlichen Inseln, wo sie 2, ja selbst 3 Mal, zuletzt noch im August brüten soll. Man behauptet, ein Teil von ihnen verlasse im Winter das Land, ein anderer und zwar der größere bleibe, und nähre sich die kühlere Jahreszeit hindurch hauptsächlich von den rotgelben Beeren der Daphne Gnidium . In Fuertaventura habe ich nach der Ernte, die dort in den April fällt, viele auf den Stoppelfeldern geschossen. Die Haupt-Jagdzeit ist im September und Oktober, wo dann die Wachteln außerordentlich fett sind. Ein recht guter Schütze kann dann auf den Rodeos 50 Stück an einem Tage erlegen.
Otis Houbara. „Abutarda“. Die schöne Houbara-Trappe landet sich ausschließlich auf Fuertaventura; nur wenige sind an der Südküste von Lanzarote geschossen worden. Sie liebt weite Ebenen, vorzüglich in der Nähe ausgedehnter Kornfelder, obwohl ich sie auch tief in der Wüste und selbst auf steinigen Bergen angetroffen habe. Man gewahrt sie nicht häufig, weil sie bei Annäherung des Menschen sich gern platt auf die Erde, am liebsten hinter einen Stein duckt; selten nur gleich von vorn herein in der Flucht ihr Heil sucht. Fast immer lebt sie paarweise bei einander. Außerordentlich scheu, hält es schwer ihr schussgerecht anzukommen; am leichtesten soll es noch geschehen, wenn man sich zu Esel oder auf einem Kamele reitend, (denn diese, auf ihren Weideplätzen in großer Zahl frei um sie herumstreifenden Tiere fürchtet sie weniger) auf weiten Umwegen, sie scheinbar gar nicht beachtend, ihr zu nähern sucht. Das Fleisch der Houbara-Trappe wird gern gegessen. Trotz ihrer Schüchternheit ließ sie sich, jung gefangen, zähmen. Ich habe auf dem Hofe des Doktor Thomas Mena eine solche gezähmte weiblichen Geschlechts gesehen; sie lief frei unter dem Geflügel umher und wurde mit Korn und Gofio (geröstetem Mehl) gefüttert. Ein gewisses zaghaftes Wesen, eine Neigung zum Forthuschen oder sich in Ecken und Winkel zu drücken, hatte sie indes nicht abgelegt.
Cursorius isabellinus Mey. „Enganno-muchacho“. Ebenfalls ein wüstenliebender Afrikaner und deshalb, so wie Trappe und Gangahuhn den beiden östlichen Inseln ausschließlich angehörig. Seines außerordentlich wohlschmeckenden Fleisches halber wird er auf Lanzarote „faisan“, Fasan genannt, woraus der Reisende Ledru, der 1796 die Canaren, aber nie die ebengenannte Insel besuchte, irrtümlich Phasianus colchicus gemacht hat, der nirgends innerhalb der sieben Inseln anzutreffen ist. Der Name Enganno-muchacho, Kindertäuscher, kommt von dem Umstände her, dass er oft den Menschen, scheinbar sorglos, bis auf eine geringe Entfernung nahe kommen lässt. Knaben glauben dann wohl, ihn mit Händen greifen zu können, aber plötzlich schießt er in blitzschnellem Laufe weg und beginnt in einer gewissen Entfernung dies Spiel von Neuem, wie er es denn überhaupt vorzieht, sich allen Verfolgungen eher laufend als fliegend zu entziehen. Der Lieblingsaufenthalt des Cursorius isabellinus , den ich im nördlichen Fuertaventura in der Gegend von Oliva häufig zu beobachten Gelegenheit hatte, sind steinige Flächen, auf denen er den Tag über, bis spät in die Dämmerung hinein, und zwar zu der Jahreszeit, wo ich ihn kennen lernte, stets paarweis, umhertrippelte. Auch auf den wilden, schwarzen Lavaströmen, dem Malpays oder Volcan der Islennos, war er oft anzutreffen. Ehe er sich aus der Luft niederläßt, wiegt er sich gewöhnlich nach weiteren, im Fluge zurückgelegten Strecken, eine Zeitlang anmutig mit ausgebreiteten Fittichen über dem Steine, auf den er sich setzen will. Den Jäger flieht er augenblicklich, sobald derselbe sich ihm geradewegs nähern will; man muss ihn erst von fern, dann immer enger und enger umkreisen und scheinbar gar nicht auf ihn achten; dann ist man seiner Sache ziemlich sicher. Es gehört übrigens mehr Geschicklichkeit dazu, seiner äußerst rapiden Bewegungen halber, ihn im Laufen, als im Fliegen, das bei ihm langsamer von Statten geht, zu schießen. Diese Vögel langen erst gegen Ende des Maimonats oder Anfangs Juni an in Fuertaventura zahlreich zu erscheinen; früher sieht man fast gar keine. Sie müssen folglich sehr spät von ihrem Zuge zurückkehren.
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