Klausbernd Vollmar
Tantes Tod
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Inhaltsverzeichnis
Titel Klausbernd Vollmar Tantes Tod Dieses ebook wurde erstellt bei
Kapitel 1 Viktoria verschwindet
Kapitel 2 Erste Arktisreise
Kapitel 3 Grosses Seeabenteuer
Kapitel 4 Berlin - Norfolk
Kapitel 5 Merry Old England
Kapitel 6 Der Roman
Kapitel 7 Rebecca
Kapitel 8 Ordnung
Kapitel 9 Der Klang des Ortes
Kapitel 10 Mary
Kapitel 11 Trecker und Piratinnen
Kapitel 12 Einbruch
Kapitel 13 Roggenfängereien
Kapitel 14 Karen entdeckt Gerrit
Kapitel 15 Ein wildes Fest
Kapitel 16 Die Sprache der Natur
Kapitel 17 Herzbruch
Kapitel 18 Pubgespräche
Kapitel 19 Tanja
Kapitel 20 Strandgang
Kapitel 21 Schatzsuche
Kapitel 22 Zufallsheld
Kapitel 23 Schweizer Reise
Kapitel 24 Dinnerparty
Kapitel 25 Unsterblichkeit
Kapitel 26 Shipping News
Kapitel 27 Arktisches Gold
Kapitel 28 Buchfeen
Kapitel 29 Rachel
Kapitel 30 Martin
Kapitel 31 Familienausflug
Kapitel 32 Lesezeichen
Kapitel 33 Noch ein Einbruch
Kapitel 34 Raus!
Kapitel 35 Zweites Seeabenteuer
Kapitel 36 Einsamkeit
Kapitel 37 Berlin
Kapitel 38 Schon wieder ein Einbruch
Kapitel 39 Grundbesitzerin
Kapitel 40 Zweifelsfälle
Kapitel 41 Kaum Daheim
Kapitel 42 Gelegentliche Treffen
Kapitel 43 Bei Rachel
Kapitel 44 Passwort
Kapitel 45 Ein autistischer Egoist
Kapitel 46 Kinnhaken
Kapitel 47 Eine erotische Geschichte
Kapitel 48 Auf dem pflaumenroten Sofa
Kapitel 49 Annäherungsversuche
Kapitel 50 Inszenierung
Kapitel 51 Das grosse Fest
Kapitel 52 Zweite Arktisreise
Kapitel 53 Der Handel
Kapitel 54 Feuer
Impressum neobooks
Kapitel 1 Viktoria verschwindet
Kein gutes Buch oder irgendetwas Gutes zeigt seine gute Seite zuerst
Thomas Carlyle
Das Handy klingelte. Es klingelte unüberhörbar mit diesem pseudomelodiösen Klingelton, den Maria zu Gerrits Ärger eingestellt hatte. Was waren das noch herrliche Zeiten, dachte er, als nicht jeder so ein Taschentelefon hatte, man nicht beim Frühstück auf dem Balkon von so einem grässlichen Geklingele gestört wurde, bevor der Tee genügend lang gezogen hatte. Aber das Telefon klingelte weiter. Nie im Leben ein wichtiger Anruf, beruhigte sich Gerrit.
Er war allein. Maria, seine Frau, hatte vor einer Viertelstunde die Wohnung verlassen, sie hatte es eilig, ein wichtiger Termin mit den Leuten von der Postproduktion eines Films über Singles auf dem Lande. Kaum ein Tag verging, an dem sie nicht spätestens um acht Uhr unterwegs war, nachdem sie vorher hastig irgendwo zwischen Schlaf- und Badezimmer einen extra starken Espresso getrunken hatte. Für ihn war das nichts. Er liebte sein gemütliches Frühstück. Am Wochenende frühstückten sie auch nicht gemeinsam. Dann blieb Maria mindestens bis elf Uhr im Bett. Fürchterlich. Regelmäßig um halb acht aufstehen, dann in Ruhe frühstücken, danach mit der Arbeit anfangen, so beginnt ein idealer Tag, da ließ Gerrit nicht mit sich verhandeln.
Und jetzt störte ihn dieser Klingelton. Maria konnte es nicht sein. Wenn sie etwas Dringendes wollte, rief sie über das Festnetz an, weil es billiger war. Einer seiner Kollegen oder Studenten konnte es auch nicht sein, sie kannten diese Telefonnummer nicht. Das war doch gerade das Gute an seinem Beruf, dass er nicht im Büro saß, nicht ständig erreichbar sein musste, sondern sich in Ruhe mit der Zeitung, den Brötchen und den Meisen beschäftigen konnte, die in den großen Buchen auf der anderen Straßenseite rumhüpften.
Das Klingeln brach ab. Gerrit wandte sich seiner Zeitung zu, die ihn mit Berichten über die neuesten Arbeitslosenzahlen, Waldbrände in Kalifornien und über steigende Ölpreise zu fesseln suchte.
Fein gefiltert durch die Blätter der Buchen fielen die Lichtstrahlen auf seinen Frühstückstisch. Wie oft werde ich in diesem Herbst noch auf der Terrasse frühstücken können, fragte er sich, legte die Zeitung weg und nahm sich noch ein Roggenbrötchen aus dem Brotkorb. Jetzt konnte er in Frieden sein Frühstück genießen, allein mit sich, seinen Gedanken und seinem Fencheltee, den er mit etwas Anis, Milch und Honig zu verfeinern pflegte. Nicht dass er diesen Tee, der leicht nach Lakritze schmeckte, besonders gerne gemocht hätte. Aber er musste auf der Hut sein. Koffein oder Tein am Morgen vertrugen weder seine Psyche noch sein Darm, das war eine Erfahrungstatsache.
Die Butter schmolz zu einem gelblichweißen Gebilde. Als er die blau-weiße Butterdose in den Schatten rückte, klingelte das Handy abermals. Ärgerlich fuhr er sich durch seine bereits recht grauen Haare und trank einen großen Schluck Tee, als ob er damit das Klingeln abstellen könnte. Irgendwo in der Ferne tönte die Sirene eines Polizeiwagens. Er beschloss, das Gespräch anzunehmen.
„Ja“, meldete er sich, dabei beobachtete er das Sinken der Staubkörner in den Strahlen des einfallenden Lichts. Es war Rebecca, die Büroleiterin seiner Tante Viktoria, die ihn, so kam es ihm vor, hysterisch oder eher etwas wirr davon in Kenntnis setzte, dass seine Tante spurlos verschwunden sei.
Er kannte Rebeccas Stimme gut, schließlich hatten sie fast sechs Jahre zusammen gelebt, aber in diesem Tonfall hatte er sie noch nie sprechen hören. War es Ungeduld oder Angst, was ihre Stimme einen Ton höher und schärfer klingen ließ?
„Weißt du denn nicht, wo sich deine Tante aufhalten könnte? Sie wollte sich vor einer Woche bei mir melden.“
Er wusste es nicht. Er hatte von seiner Tante Viktoria nach ihrer gemeinsamen Reise nichts mehr gehört. Warum auch, sie standen schließlich nicht ständig in Kontakt. Aber Rebecca sorgte sich offenbar ernsthaft. Es lag etwas seltsam Drängendes in ihrer Stimme.
Er schaute nach oben auf den von leichten Wolkenschleiern überzogenen Himmel, in den ein Hochhaus ragte, und auf die drei Buchen. Da, da lief das Eichhörnchen, auf das er schon gewartet hatte. Viktoria war verschwunden. Gut, oder vielmehr schrecklich, aber was sollte er dazu sagen?
„Entschuldige, aber ich muss gleich ins Institut. Würdest du bitte so freundlich sein, dich zu bemühen, Näheres herauszubekommen? Sobald du mehr weißt, ruf mich doch bitte zu Hause oder im Institut an. Ich denke, dass sich alles bald auflösen wird. Und Dank dir für den Anruf. Viktoria wird wieder auftauchen, keine Angst, da bin ich mir sicher.“
Er legte auf. Sich seinem Quarkbrötchen mit Schnittlauch zu widmen, hatte er jetzt keine Lust mehr. Er ließ es angebissen liegen. Das Gespräch war beendet, doch Rebeccas Unruhe hing wie ein Flirren in der Luft.
Zwei Wochen später hatte Rebecca immer noch nichts herausgefunden. Gerrits Tante blieb spurlos verschwunden. Drei Wochen später erhielt Gerrit abermals einen Anruf von Rebecca. „Gerrit“, sagte sie, „eben hat ein englischer Anwalt bei mir im Büro angerufen, er will, dass du dich mit ihm triffst. Ich habe natürlich sofort gefragt, warum, aber da hat er nur gesagt, er sei von Viktoria bevollmächtig worden, sie zu vertreten. Weitere Auskünfte dürfe er nicht geben. Auch über Viktorias Verbleib war nichts aus ihm herauszuholen. Ich musste diesem eingebildeten Schnösel mit seinem näselnden Englisch versprechen, dich anzurufen, was ich hiermit getan habe. Alles Weitere können wir ja später besprechen." Und schon legte sie auf.
Komisch, fragte sich Gerrit, warum ist Rebecca heute derart kurz angebunden, irritierend kühl? Nach England fahren? Nur weil ein blöder Anwalt kurz angerufen hat? Das klang nicht gut. Die Sache behagte ihm überhaupt nicht. Meine Tante lässt einen Anwalt anrufen, der nur etwas sagt, wenn ich „mal kurz“ nach England düse, ärgerte er sich, komplizierter geht es wohl nicht. Wozu diese alberne Geheimniskrämerei?
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