In regelmäßigen Abständen ließen sich Werner und Manfred umkippen, und sie tauchten mit den Köpfen unter, sodass die Kinder schon erschraken, und als sie wieder auftauchten, lachten sie und Manfred sagte:
„Wir wollten uns nur abkühlen!“ Peter fragte nach, ob sein Vater denn kein Wasser einatmen musste und Manfred erklärte ihm:
„Wenn man untertaucht, muss man die Luft anhalten, man kann die Augen ruhig geöffnet lassen, viel zu sehen gibt es aber unter Wasser nicht, sodass man sie auch schließen kann, das Wichtigste ist, dass man unter Wasser keine Angst bekommt!“ Peter hatte gut zugehört und war drauf und dran, das Tauchen einmal auszuprobieren und Manfred ermutigte ihn dazu:
„Versuch es doch einfach einmal, ich bin ja bei Dir und helfe Dir, Du holst Luft, hältst sie an, schließt die Augen und hältst Dir mit einer Hand die Nase zu und anschließend gehst Du mit Deinem Kopf unter Wasser!“ Peter war völlig verunsichert, „ob ich es denn wirklich einmal versuchen soll?“, fragte er sich und alle Augen waren auf ihn gerichtet, kneifen konnte er jetzt eigentlich nicht mehr.
„Mach es doch einmal ohne unterzutauchen, hol Luft, halt sie an, schließ die Augen und halt Dir die Nase zu!“, empfahl ihm sein Vater und Peter folgte seinem Vorschlag.
„Jetzt musst Du nur noch untertauchen, da ist doch nichts dabei, nur den Kopf unter Wasser halten, dass wir Dich für eine Zeit nicht sehen können“, fuhr Manfred fort. Peter konzentrierte sich, „Du schaffst das!“, riefen ihm die anderen zu.
„Unmöglich, jetzt noch einen Rückzieher zu machen!“, dachte Peter bei sich, „das wäre eine Blamage, von der ich mich so schnell nicht erholen könnte!“ Er holte tief Luft, hielt sich die Nase zu, schloss die Augen und ging zunächst nur mit dem Gesicht unter Wasser, das war die Situation, in der er nichts sah und nicht atmen konnte. Er hielt diese Position vielleicht zehn Sekunden durch, danach warf er den Kopf hoch und japste nach Luft, als hätte er fünf Minuten lang nicht eingeatmet.
„Das war schon mal ein guter Anfang“, sagte ihm sein Vater, „jetzt musst Du nur noch den ganzen Kopf unter Wasser halten und eine Zeit lang unten bleiben!“ Peter wiederholte die Übung von soeben noch einmal, danach stellte er sich hin und blickte zum Horizont, er lenkte alle seine Gedanken auf die nun folgende Tauchübung. Alles um ihn herum war still, er atmete ein paarmal ein und aus, bis er die Luft anhielt, die Augen schloss und sich mit einer Hand die Nase zuhielt. Danach tauchte er seinen Kopf unter Wasser und blieb dort einen Augenblick. Anschließend sprang er mit einem mächtigen Satz wieder hoch und bekam von den anderen einen nicht enden wollenden Applaus. Manfred klopfte ihm auf seine Schulter und sagte nur:
„Toll, das hast Du wirklich sehr gut gemacht Peter, unser Taucher, er lebe hoch, hoch , hoch!“, und bei „hoch“ stimmten sie alle ein und schrien mit.
Peter stand da mit stolzgeschwellter Brust und wollte gleich noch einen Tauchversuch unternehmen. Er nahm all seine Sinne zusammen, holte Luft, schloss seine Augen, hielt sich die Nase zu und verschwand unter Wasser. Als er wieder auftauchte, war es ihm, als hätte er gar nichts Besonderes getan, der Reiz des Unbekannten, Neuen, war schon beim zweiten Tauchgang nicht mehr vorhanden.
„Die nächste Steigerungsstufe ist für Dich, die Augen offenzuhalten und die Nase nicht zuzukneifen“, sagte Manfred zu Peter, „das übst Du beim nächsten Mal!“ Sie gingen alle wieder aus dem Wasser und Manfred legte seinem Sohn seinen Arm um die Schulter wie einem alten Kumpel.
„Ich bin stolz auf Dich!“, sagte er Peter, und der sah seinen Vater freudig an.
„Ich denke, wir sollten langsam daran denken, wieder nach Hause zu fahren!“, sagte Robert und forderte die anderen auf, ihre Sachen zusammenzupacken. Nachdem sie alles beieinander hatten, halfen sie wieder, die Sonnenschirme und Decken zu tragen. Sie liefen zum Boulevard hoch, wo sie ihre Autos geparkt hatten. Nachdem sie ihre Sachen in den Kofferräumen verstaut hatten, stiegen sie ein und ließen sich in die weichen Sitze sinken, sie empfanden es als große Wohltat, es sich in so bequemen Sitzen gemütlich machen zu können und die Kinder schliefen gleich ein. Die jungen Mütter ließen sie, damit sie am Abend nicht im Restaurant einschliefen und die Erwachsenen verhielten sich entsprechend ruhig in den Autos.
Nach einer Dreiviertelstunde kamen sie in der Keizersgracht am Goldschmid-Haus an und die Kinder schliefen noch immer. Die Mütter beschlossen, sie noch einen halbe Stunde schlafen zu lassen und regelmäßig nach ihnen zu schauen. Alle anderen gingen ins Haus und setzten sich auf die Terrasse unter die Sonnenschirme, die sie gleich in ihre Ständer gesteckt und aufgespannt hatten. Robert holte jedem etwas zu trinken und alle dösten sie vor sich hin, ab und zu stand jemand von den Vätern auf und schaute bei den Autos, ob die Kinder noch schliefen. Bis sie die Kinder aber weckten und auf die Terrasse holten, Agnes sagte ihnen:
„Ihr könnt Euch noch eine Zeit auf den Rasen legen“, was sie auch gleich taten. Die Sonne am Spätnachmittag nahm jedem jeglichen Ansporn, etwas zu unternehmen oder auch nur zu reden, alle waren damit zufrieden, dazusitzen und gelegentlich einen Schluck aus ihrem Glas zu nehmen. Agnes stellte den Kindern Limonade auf den Tisch, sie tranken sie gierig und ließen sich gleich nachschenken, Agnes stellte gleich die ganz Flasche auf den Tisch.
„Möchte jemand von Euch einen Kaffee trinken?“, fragte Bärbel in die Runde, und alle gaben zu verstehen, dass ein Kaffee jetzt genau das Richtige wäre. Also ging Bärbel in die Küche und kochte Kaffee, eine große Kanne und brachte sie nach draußen, die anderen hatten schon Tassen hingestellt.
Nach dem Kaffeegenuss kehrten bei allen langsam wieder die Lebensgeister zurück und sie begannen, sich über den schönen Strandtag zu unterhalten. Inzwischen waren auch die Kinder an den Tisch gekommen und Manfred lobte noch einmal vor allen seinen Sohn, der ein so wagemutiger Taucher geworden wäre. So saßen sie bis gegen 18.30 h, als Robert alle dazu aufforderte, zum Restaurant im Jordaan-Viertel zu laufen, und sie brachen auf und gingen los. Alle waren sie noch wie benommen von dem Strandaufenthalt, wenn einem den ganzen Tag über die Sonne auf den Kopf scheint, ist man am Nachmittag geschafft. Sie schleppten sich mehr zum Restaurant, als dass sie gingen und redeten unterwegs kein Wort, auch die Kinder blieben still und hatten zu tun, ein Bein vor das andere zu setzen. Als sie die Restauranttür öffneten und sie die Wirtin sah, kam sie gleich auf sie zu gestürmt und fiel allen um den Hals:
„Ich freue mich riesig, dass Ihr einmal wieder den Weg zu mir gefunden habt, ich habe für Euch zwei Tische im Hof zusammengestellt, es ist Euch doch recht, draußen zu sitzen?“ Und ob ihnen das recht war, sie hätten bei der Hitze den Zigarettenqualm und den Kneipengestank nur ungern um sich gehabt, und deshalb kam es ihnen sehr entgegen, dass man neuerdings im „ou Stal“ auch draußen sitzen konnte. Die Luft war sehr angenehm, mild und ganz weich, sie ließen sich an den Tischen auf die Stühle fallen und bestellten sich erst einmal etwas zu trinken, das ihnen die Wirtin gleich nach draußen brachte.
Danach stellte sie sich zu ihnen an den Tisch und wollte wissen, was sie seit Ostern erlebt hatten, und Bärbel sah sie an und sagte:
„Da gibt es nicht viel zu erzählen, wir leben zu Hause immer noch in Schuttbergen, wenngleich man ganz allmählich den Eindruck gewinnt, dass sich etwas tut.“
„Euren Kindern geht es gut, wie ich sehe, und auch Ihr seht alle gut aus, viel Hunger scheint Ihr nicht erleiden zu müssen!“, fuhr die Wirtin fort.
„Nein“, sagte Werner, „ich glaube, dass wir zu den Glücklichen zählen, die die ganzen Missliebigkeiten nicht ertragen müssen, wir hungern nicht, weil wir Gemüse und Früchte aus unserem Garten eingeweckt haben, und Petra als Tierärztin von den Bauern immer mit Fleisch eingedeckt wird.“
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