Sabine Höntzsch - Einsitzschwimmer

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›Einsitzschwimmer‹
Ein Unterhaltungsroman, schräg und «Schisskojenno».
Nils ist ein prächtig tätowierter Traumtänzer. Wenig erfolgreich als Texter und Besitzer eines Schallplattenladens, steckt der 26-Jährige in einer hoffnungslosen finanziellen Misere. Zu dem führen seine Tattoos ein kurioses Eigenleben und mischen sich ständig in sein Leben ein. Im denkbar ungünstigsten Moment kreuzt die ungezogene Catherine seinen Weg. Unfreiwillig macht er auch noch die Bekanntschaft ihrer herrschsüchtigen Oma. Gemeinsam unternehmen sie eine bizarre Reise nach Spanien, wohin den leidenschaftlichen Vinyl-Sammler die teuerste Schallplatte der Welt lockt …
Und was bitte schön ist denn nun ein Einsitzschwimmer? Und Schisskojenno?
Diese skurrile, amüsante ›On the Road-Story‹ erzählt von Freundschaft und Hassliebe in einem turbulenten Generationenkonflikt. Sie bildet den Auftakt für weitere Erzählungen rund um ein bizarres Team.

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Einsitzschwimmer

Roman

Sabine Höntzsch

Impressum:

Text & Cover Copyright © 2015 Sabine Höntzsch, Krefeld

E-Mail: sh2508@gmx.net

Alle Rechte vorbehalten.

Inhaltsverzeichnis Einsitzschwimmer

Kapitel 1 Der Anfang vom Ende?

Kapitel 2 Viel schlimmer als das!

Kapitel 3 Die Tortur beginnt.

Kapitel 4 Die Ankunft

Kapitel 5 Tag X

Kapitel 6 Einsichten

Kapitel 7 Aussichten

Kapitel 8 Nichts als Ärger

Kapitel 9 Von Null auf Hundert

Der Anfang vom Ende?

Drache, Koi, Betty Page & ich

»Everything must go! Packen wir es!« Ich knete und würge das klebrige schwarze Lenkrad. Die Hitze scheint es aufzulösen. »Besondere Situationen erfordern besondere Maßnahmen«, fasele ich und streichle den schwitzenden Koi, der Schulter und Oberarm umschlingt. Die roten Schuppen verschmelzen mit den blauen des Drachen. Entschlossen kriecht das Reptil die Haut hinunter zu meiner Hand. »Jetzt keine Zweifel aufkeimen lassen!« Zur Abwechslung kraule ich das halbnackte Pin-up auf meinem anderen Arm, gezwungen meine Zuneigung einigermaßen gerecht zu verteilen. Ich beschleunige.

»Du hast dich entschieden, bist perfekt vorbereitet, also sei kein Gogo-Girl!«, ermahne ich den lässigen Typen mit dem zerzausten braunen Haar am Steuer des gammligen Mazda. »Die Zeit des einzigartigen Nils Löwenberg ist angebrochen. Meine Zeit! Wem schade ich schon? Wir spazieren rein und gleich wieder raus!« Nochmals tätschele ich die farbenfrohen Tätowierungen. ›Die Bestgestochenen der Welt‹ versuchen täglich, mein eingefleischtes Singledasein zu kontrollieren. Ernsthaft, sie quasseln, toben ... just in diesem Moment wünschte ich, sie wären stinknormale Tattoos.

Ein Schmetterling segelt, nimmt Platz auf meiner Windschutzscheibe. Ich beschleunige nochmals. Die Flügel wehen. Abbremsen, beschleunigen, abbremsen. Er wiegt im Fahrtwind, balanciert und rutscht in Zeitlupentempo, gaanz gaaanz langsam. Patsch! »Weg.«

»Schade Nils, ich mag Schmetterlinge. Die kitzeln den Gaumen. Schmecken schön pelzig« , schmollt der Koi. »Ja, im Abgang und die Flügel eignen sich hervorragend zur Zahnpflege!« , schmatzt der schillernde Drache. Er kratzt das geschuppte Kinn.

»Keine Diskussion! Ihr seid Tattoos. Koikarpfen, Flugdrache, rot und blau. Übrigens, Falterflügel zerfallen zu Staub, wenn ihr sie berührt. Haltet die Klappe!«

»Puh - Dickkopf! Wir schmücken deine Haut, ist das ein Grund uns zu beschimpfen?« »Schmetterlinge - absolute Feinkost! Ich verplempere mein Pfauen-Tattoo-Sein an Nils Wade, schlechte Position um einen zu erwischen« , brüllt der Gefiederte aus dem Fußraum.

»Schluss! Ich brauche Ruhe, muss mich sammeln. Fehlt nur, dass auch die Sonne auf meinem Rücken über Insekten referiert.« »Wieso sprichst du zu deinen Tattoos, wenn wir leblos sind? Bist du vielleicht plemplem?« »Es reicht, Miss Page! Pin-ups, liebste Betty, befriedigen in der Regel einen einzigen Zweck - sexy ausschauen. Das ist wirklich alles, was ich von dir erwarte! Danke!«

»Gut, wie du magst, sprechen wir über Erwartungshaltungen. Nils, wie alt bist du? 26, präzise? Schlaue begehrenswerte Typen horten mit 30 die erste Million auf ihrem Konto. Du hingegen gefällst dir in der armseligen Rolle des Vinyl-Junkies? Ja, Junkie! Schallplatten sammeln ist das eine, sie im Laden zu verkaufen das andere. Ich erinnere mich nicht, wann zuletzt ein Kunde die Bude betreten hat!« »Mein Drachenhirn besinnt sich sehr wohl! Der roch streng – beißt noch heute in meinen Nüstern. Gekauft hat er nix!«

»Das Texten für die blöde Agentur bringt ebenfalls zu wenig Geld ein!« , nörgelt Betty. »Bin ich schuld, dass die nur Freiberufler beschäftigen? Außerdem muss ich Prioritäten setzen!« »Deine Prioritäten kennen wir. Du konzentrierst dich auf Ungerechtigkeit, Ausbeutung, Betrug und Korruption. Der letzte Held unserer Tage! Der, der die Welt rettet?« , zweifelt der Karpfen. »Ich bin nicht der Einzige. Immer mehr Folks empören sich. Wir leben unsere Vision!«

Von Geld & Frauen

Ich komme dem Ziel näher. Nervous? Ein Klitzekleines bisschen. Ist mein erstes Mal. Ich habe lange geplant, damit nix schief läuft, biege in die nächste Gasse, parke hinter einem verschlafenen, staubigen Kleinlaster aus den 70er Jahren. Alles im Griff - ich schlendere. Nils, die fleischgewordene Gelassenheit. Meine Schritte sind schwer, ebenso meine Lungenbläschen. Träge flippern sie gegeneinander, füllen sich erneut mit Leben. Dorfmuff und die sengende Hitze erschweren das Atmen.

»Guten Tach«, krächzt es. Mein linkes mit Schweißperlen verstopftes Ohr wird freigesprudelt. Ich zucke zusammen, greife an den Gürtel. Kein Colt! Ich bin unbewaffnet, wehrlos. Vorsichtig wende ich mich dem heiseren Stimmchen zu. Ein greises Männlein grinst. Ohne Scheiß, es popelt genüsslich in der überdimensionierten roten Nase, stützt die Arme auf ein verschlissenes Kissen. Widerlich! Ich nicke. Reinklotzen, damit ich vorankomme.

»Jetzt komm runter! Entspann dich Junge!«, flüstert das eine Ich meinem Andern zu. Die Beine - bleierne Stelen. Ich zweifle, den Weg zurück zum Auto zu schaffen – danach.

Der Drache quält mich – bohrt kontraproduktiv die messerscharfen Zähne in meinen Oberarm. »Nils, was, wenn das schief geht? Du bringst das nicht!« , nagt er an meinem Gewissen. Ich lehne an der kühlen Hauswand, höre weg. Jetzt trennen mich nur diese Ecke und der Weg über die Straße von Geld und bezaubernden, schweigenden Frauen.

Frau Potter, die Merkel & das Mädchen

Ein plötzlicher Knall, Stimmengewirr und Gekreische.

»Das kann nicht! Das kann einfach nicht!« Mein Körper spannt. Ich werde grün und blau und rot und verrückt vor Wut. Trete mitten ins gleißende Licht, schüttle verwirrt das Haupthaar, kneife die Augen zusammen. Meine Kiefer knacken, knirschen. Die Zähne reiben aufeinander. Das hört trotz des Lärms und des Tohuwabohus sogar der Alte um die Ecke.

»Was machen die bloß da, Shit?!« Polizist und Polizistin ringen mit einem Mädchen. Das gibt’s nicht. Die ist höchstens 17, hübsch dazu alle mal. Die Widerspenstige versucht, mit Kratzen, Beißen und Treten Bulle und Bulette zu entkommen.

Ich bemerke kaum, wie mein Körper automatisch mitmacht. Ein Tritt nach links, Knie hoch in die Eier, Faust geballt, treffsicher aufs Bullenohr. Dann spüre ich den nickeligen Blick der pickeligen Sensationshungrigen, die den Ereignissen auf der anderen Straße entgegen eilt. Sie schüttelt den akneübersäten Kopf, stimmt lautstark in das Geschrei.

Die wirren dunklen Haare der zierlichen Ringerin fliegen Ninja-Kämpfern gleich durch die Luft. Pinkfarbene T-Shirt-Fetzen verhüllen die schlanke Figur.

Es riecht streng. Riecht definitiv nach ... Die hat `ne Bombe gezündet, zu krass.

»Die Bank - das war mein Job, Scheiße! Wieso tauchen die Bullen so fix auf?«, lausche ich meiner erbosten Frage. Rundum wimmelt es von allerlei Witzfiguren. Der Greis popelt vor versammelter Gesellschaft. Was für ein Kaff. Ich schleiche an das Spektakel heran, unauffällig, darin bin ich erprobt!

Eine Tusse im zu figurbetonten Kostümchen schwatzt aufgeregt vom zerstörten Display des Geldautomaten.

»Oh Mann, wirklich nur das Display gesplattert. Nicht mal Kohle ist dabei rum gekommen«, flüstere ich vorsichtig. »Mädchen, Mädchen! Dafür gehst du in den Knast.«

Ich nutze das Gewimmel aus.

»Das ist unsere Chance – kommt Jungs, gehen wir rein!«, zische ich den unentschlossenen bunten Körpergemälden zu. Zaghaft betrete ich den Vorraum der Bank. Keiner da, der mich aufhalten will. Falte blitzartig die Papiertüte auf, die in meiner Hose verstaut war. Alle verfallen dem Chaos vor der Türe. Mein flüchtiger Blick streift Kontoauszugsdrucker, Serviceterminal und Geldautomat. Aus dem Augenwinkel erkenne ich - tatsächlich nur das Display und diese schwefeligen Schwaden. Sie wollen mich ersticken, Mund-und Nasenschleimhäute verätzen. Der Brechreiz kriecht in meinen leeren Magen. Da muss ich durch! Bloß nicht husten. Zögerlich gewöhnen sich meine dem gleißenden Licht ausgesetzten Augen an die Dunkelheit und mein angespanntes Hirn an die Stille im Schalterraum. »Niemand zu Hause?« Selbstbedienung, ganz nach meinem Geschmack!

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