Freudhold Riesenharf - Harry hardcore II - Der junge Heine

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Eines der rätselhaftesten Gedichte Heinrich Heines ist «Der Asra»:
… Und der Sklave sprach: "Ich heiße
Mohamet, ich bin aus Jemen,
Und mein Stamm sind jene Asra,
Welche sterben, wenn sie lieben."
Welche sterben, wenn sie lieben? Verständlich wird das nur durch das Leben des Autors. «Tag und Nacht beschäftige ich mich mit meinem großen Buch, dem Roman meines Lebens», schreibt er, «und erst jetzt fühle ich den ganzen Wert dessen, was ich durch den Brand im Haus meiner Mutter an Papieren verloren habe.» Der vorliegende Roman ist daher nicht geschichtstreu. Eine geschichtstreue Biografie könnte, da wir zu wenig von ihm wissen, nicht bis in die hintersten Behausungen seines Blutes dringen. Der Mensch lebt nicht nur in der Realität, und ein Dichter schon gar nicht. Der Mensch lebt auch in der Phantasie, und Heines Phantasie ist eminent erotisch. Da die Phantasien immer ausgespart bleiben, gibt es noch keine echten Biografien. Es werden daher erzählerische Lücken überall dort, wo sie auftreten, damit gefüllt, wie es gewesen sein könnte. «Mein wichtigstes Werk sind meine Memoiren, die aber doch nicht so bald erscheinen werden; am liebsten wäre es mir, wenn sie erst nach meinem Tod gedruckt würden!» Sie offenbaren, was hinter den Kulissen vorging, während seine Dichtungen und Werke nur wie die Schauspieler sind, die auf offener Bühne agieren. «Ich arbeite seit Jahren daran. Das Buch wird drei Bände haben, mindestens drei Bände. Keiner fühlt mehr als ich, wie mühsam es ist, etwas Literarisches zu geben, das noch nicht da war, und wie ungenügend es jedem tieferen Geiste sein muss, bloß zum Gefallen des müßigen Haufens zu schreiben. Wenige haben den Mut, alles zu sagen.» An diesem Mut soll es hier nicht fehlen!

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26: Marion

Und der Sklave sprach: „Ich heiße

Mohamet, ich bin aus Jemen,

Und mein Stamm sind jene Asra,

Welche sterben, wenn sie lieben.“

Der Asra

Fasziniert ist er nicht minder von den exotischen Erotica seines Onkels Simon aus der Arche Noä. Madame! ich habe Sie belogen. Ich bin nicht der Graf vom Ganges. Niemals im Leben sah ich den heiligen Strom, niemals die Lotosblumen, sich in seinen frommen Wellen bespiegeln. Niemals lag ich träumend unter indischen Palmen, niemals lag ich betend vor dem Diamantengott zu Jagernaut, durch den mir doch leicht geholfen wäre .

Er sei ebensowenig jemals in Kalkutta gewesen wie der Kalkuttenbraten, den er gestern Mittag gegessen. Aber er stamme aus Hindostan, und daher fühle er sich so wohl in den breiten Sangeswäldern Valmikis, die Heldenleiden des göttlichen Ramo bewegen sein Herz wie ein bekanntes Weh, aus den Blumenliedern Kalidasas blühn ihm hervor die süßesten Erinnerungen, und als ihm einmal eine gütige Dame in Berlin die hübschen Bilder zeigt, die ihr Vater, der lange Zeit Gouverneur in Indien war, von dort mitgebracht, scheinen ihm die zartgemalten, heilig-stillen Gesichter so wohlbekannt, und es ist ihm, als beschaute er seine eigene Familiengalerie.

Franz Bopp – Madame, Sie haben gewiss seinen Nalus und sein Konjugationssystem des Sanskrit gelesen – gab mir manche Auskunft über meine Ahnherren, und ich weiß jetzt genau, dass ich aus dem Haupte Brahmas entsprossen bin, und nicht aus seinen Hühneraugen. Er vermute sogar, dass der ganze Mahabharata mit seinen 200.000 Versen bloß ein allegorischer Liebesbrief ist, den sein Urahnherr an seine Urältermutter geschrieben – Oh! sie liebten sich sehr, ihre Seelen küssten sich, sie küssten sich mit den Augen, sie waren beide nur ein einziger Kuss –

Alle Moral scheint ihm relativ: Ja, die Kunstwerke, die in dem einen Land moralisch, würden in einem anderen Land, wo eine andere Religion in die Sitten übergegangen, als unmoralisch betrachtet werden können, z. B. unsere bildenden Künste erregen den Abscheu eines strenggläubigen Moslem, dagegen sind manche Künste, die in den Haremen des Morgenlands für höchst unschuldig gelten, dem Christen ein Greuel . Da in Indien der Stand einer Bajadere durchaus nicht durch die Sitte fletriert ist, so gilt dort das Drama Vasantasena , dessen Heldin ein feiles Freudenmädchen, durchaus nicht für unmoralisch; wagte man es aber einmal im Theater Français aufzuführen, würde das ganze Parterre über Immoralität schreien, dasselbe Parterre, welches täglich mit Vergnügen die Intrigenstücke betrachtet, deren Heldinnen junge Witwen sind, die am Ende lustig heiraten, statt sich, wie die indische Moral es verlangt, mit ihren verstorbenen Gatten zu verbrennen.

Daher die indisch-subkontinentalen Elemente seiner Lyrik. Mein Geist schweift an den Ufern des Ganges und sucht die zartesten und lieblichsten Blumen, um sie damit zu vergleichen. Aber was sind gegen diese Holden alle Reize der Mallika, der Kuwalaya, der Oschadhi, der Nagakesarblüten, der heiligen Lotosblumen, und wie sie alle heißen mögen – Kamalata, Pedma, Kamala, Tamala, Sirischa usw.!

Da sieht man zum Beispiel, hingelagert auf einer breiten gepolsterten Unterlage, einen Maharadscha mit seiner Maharani, oder auch einer botmäßigen Bajadere in ihrem Serail, die gerade im Zentrum des Bildes ihre Yoni von seinen erlauchten Lingam durchpflügen lässt. Die mit Liebe gezeichnete Odaliske, der nur ein roter Schleier den Rücken herab wallt, sitzt rücklings gegen ein üppiges Poster gelehnt und hat die schönen Beine so weit auseinander, dass ihre Oberschenkel fast im rechten Winkel von ihren Hüften abstehen und ihre subtropische Scham sich dem Betrachter üppig entgegenwölbt.

Weitere Einblicke sind dem Betrachter verwehrt, denn vor ihr hält schon der grüngewandete, beturbante Maharadscha den Platz besetzt. Er sitzt, sein grünes Gewand vom Unterleib zurückgeschlagen, so vor ihr in der Hocke, dass seine Fersen sein Hinterteil stützen. Aus seinem Schritt aber ragt, über kräftig gebildeten Hoden, sein steifer Lingam vor, der zur Hälfte in ihre Yoni schlüpft und dem voyeuristischen Betrachter keinen Spalt Freiraum mehr lässt. Dabei liebkost er mit der einen Hand ihre wie kugelförmig aufgeklebt erscheinenden Brüste, während die andere lüstern nach ihrer Schulter grabscht. Sie hält derweil in der Rechten ein Flakon, mit der Linken kredenzt sie ihm ein Glas mit einem exotischen Drink. Die beiden schwelgen sozusagen in allen Dimensionen exotischer Sinnlichkeit. Dabei sehen sie sich, mit tête-à-tête einander zugewandten Gesichtern so zutraulich und verständnisinnig an, als wollten sie sich die Nuancen ihrer Lust von den Zügen ablesen. Harry erlebt einen Orgasmus à la indisches Serail.

Ein anderes Motiv zeigt den Fürsten samt Fürstin, reich mit Juwelen bestückt, auf einer nächtlichen Terrasse unter sternenübersätem indischen Himmel. Diesmal liegt die Bajadere, den Hinterkopf gegen ein Polster gelehnt, mit auseinandergespreizten Schenkeln auf dem Polster, und zwischen ihren, wieder bequem auf seinen Fersen wippend, der glückliche Magnat, mit gespanntem Glied und Eichel voran ihre Yoni enternd oder eben daraus zurückkehrend. Dabei hat die bekleidete Schöne ihren Sari nur vom Unterbauch an, kurz über dem Nabel, so auseinander geschlagen, dass Ali Baba sein Sesam-öffne-dich findet. Sogar ihre übertrieben aufgeplusterten Brüste sind zur oberen Hälfte noch mit farbiger Seide bedeckt, wie wenn sie so plötzlich bedrängt worden wäre, dass sie zum Ablegen keine Zeit mehr fand. Es sei denn, die Inder begatten sich vorzugsweise in Kleidern. Harry spielt die Open-air-Orgie mit und bekleckert eine südostasiatische Terrasse.

Er lernt die Erzählung der reizenden Sita kennen, die die Köpfe ihrer beiden Gatten Schridaman und Nanda vertauscht, aus der als Vet?lapañcavi?śatik? bekannten Sammlung von 25 Geschichten eines Leichengespenstes, die in der Sammlung Kath?sarits?gara „Ozean der Erzählströme“ überliefert ist. Abgebildet sind da die Skulpturen von den berühmten Tempelfriesen von Konarak und Khajuraho, welche die Gläubigen beim rituellen Koitus zeigen. Sie koitieren in allen möglichen Stellungen des Kamasutra, von Harry in Verse gebracht und nachgestellt:

SITA. … wo sich die Liebenden in rauen Scharen

an den Reliefs und Sandsteinfresken paaren

und sich, obschon aus hartem Stein getrieben,

aufs zärtlichste und anschmiegsamste lieben.

SCHRIDAMAN. Hast du von Tempelbildnissen dein Wissen,

bis du im Bilde nicht nur übers Küssen:

es fehlt nichts mehr, die Liebe zu verstehn,

hat man sie in der Tempelkunst gesehn –

wo es, da jeder tut, was ihm beliebt,

es kein Tabu mehr in der Liebe gibt.

SITA. Gepaart zu Paaren – wie gruppiert – allein –,

liebt es sich in erotisiertem Stein.

Körper verdrillen sich zu Arabesken

in Liebeslust an Indiens Tempelfresken:

wie wilde Schlangennester und Mäander

verknäueln sich die Leiber ineinander.

SCHRIDAMAN. Man sieht sie dort in allen Stellungen

wie in Vatsyayanas Erzählungen.

SITA. Das Weib sitzt manchmal auf des Mannes Knie,

reitet auf ihm, und sitzend nimmt er sie;

sie tun es stehend, bis an seine Brust

das Knie gewinkelt, büßt sie ihre Lust.

Die Bajaderen treiben es gar bunt,

nehmen die Lingams sogar in den Mund –

wie, umgekehrt, Gandharven an der Frauen

Geschlechter saugen, ist dort anzuschauen.

SCHRIDAMAN. In Khajuraho sah ich einst ein Bild

des Vishvanatha-Tempels – vogelwild:

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