Freudhold Riesenharf
Heine hardcore II - Die späten Jahre
Welche sterben, wenn sie lieben
Dieses ebook wurde erstellt bei
Inhaltsverzeichnis
Titel Freudhold Riesenharf Heine hardcore II - Die späten Jahre Welche sterben, wenn sie lieben Dieses ebook wurde erstellt bei
25: Hedy
26: Debra
27: Tarita
28: Nadine
29: Linda
30: Hardcore
31: Gertrude
32: Elizabeth
33: Sibylle
34: Stephanie
35: Evolution
36: Russell
37: Jane
38: Grete
39: Liebessucht
40: Joyce
41: Amalia
42: Renata
43: Adriana
44: Marie
45: Beverly
46: Charlotte
47: Mathilde
Impressum neobooks
Und der Sklave sprach: „Ich heiße
Mohamet, ich bin aus Jemen,
Und mein Stamm sind jene Asra,
Welche sterben, wenn sie lieben.“
Der Asra
Auch wenn Heinrich Heine, der Asra , am 17. Februar 1856 nach vielen Jahren in der Matratzengruft eines physischen Todes starb und auf dem Pariser Friedhof Montmartre modert, ist er als Dichter doch unsterblich und trat im selben Augenblick sein zumal erotisch ewigwährendes Nachleben an. Da ist er erstaunt, was ihm da alles begegnet.
Ende des 19. Jahrhunderts entsteht der Film . Jetzt sieht man die schönsten Frauen – nicht allein die Frauen – der Welt optisch nicht mehr nur in statisch unbeweglicher Schönheit, sondern wie sie in Fleisch und Blut auf der Leinwand sich tummeln. Als schönste Frau der Welt ihrer Zeit gilt die 1896 geborene Schauspielerin Barbara La Marr, eigentlich Reatha Dale Watson . Als Waise unbekannter Eltern und Herkunft wird sie als ein einmonatiges Kleinkind von der Familie Watson adoptiert und auf den Namen Reatha getauft. Als ihren Geburtsort geben die Adoptiveltern North Yakima, Washington, an, obwohl sie selbst stets auf Richmond, Virginia, beharrt und dies auf jeder öffentlichen Urkunde, einschließlich ihrer Heiratsurkunden (Plural!), angibt.
Schon als Kind und Teenager fällt sie durch ihre hinreißende Schönheit auf. Bereits im Alter von 14 Jahren tritt sie in Los Angeles als Burlesque-Tänzerin in Erscheinung, wobei sie sich den Stil Isadora Duncans zum Vorbild nimmt. Da sie minderjährig ist, wird sie verhaftet und vor das Jugendgericht gestellt. Im Verlauf des Verfahrens bescheinigt ihr sogar der amtierende Richter: „ You are too beautiful for your own good . – Du bist zu schön, als dass es gut für dich wäre.“
Aufgrund ihrer Schönheit fällt Barbara den Filmproduzenten auf und erhält bald Angebote für kleine Rollen, die sie jedoch ablehnt. Mary Pickford, ein damaliger Superstar der Leinwand, gibt ihr den Rat: „ My Dear, you are too beautiful to be behind a camera. Your vibrant magnetism should be shared by film audiences. – Meine Liebe, du bist zu schön, um hinter einer Kamera zu stehen. Deine vibrierende Magnetkraft sollte von Zuhörerschaften geteilt werden können.“ Aus keiner ihrer fünf Ehen gehen Kinder hervor. 1923 adoptiert sie ein Baby, einen Jungen, den sie Marvin Carville La Marr nennt. Als Grund gibt sie an, dass sie von den Männern genug habe und einen Menschen wolle, der nur ihr allein gehöre. Nur ihre engsten Freunde wissen, dass der Säugling in Wirklichkeit ihr leiblicher Sohn ist, Frucht einer ihrer vielen Affären.
Besonders der erotische Film zieht Harry Heines Aufmerksamkeit auf sich. Zu einem ausgewachsenen Skandal seiner Nacktszenen wegen wird der tschechoslowakisch-österreichische Film Symphonie der Liebe (bekannter unter dem Titel Ekstase ) von 1933 in der Regie von Gustav Machaty mit der 1914 in Wien, Österreich-Ungarn, geborenen Hedy Lamarr, eigentlich Hedwig Eva Maria Kiesler , Tochter jüdischer Eltern.
Ekstase erzählt die Geschichte der jungen Eva, dargestellt von Hedy Lamarr (damals noch Hedy Kiesler), die unglücklich mit einem viel älteren Mann verheiratet ist und sich in den jungen lebenslustigen Adam verliebt. Seine Bekanntheit verdankt Ekstase vor allem einer Szene, heute im Internet, wo die Kiesler – Harrys Susanna im Bade auf den Gemälden im Söller der Arche Noä! – nackt in einem See badet und anschließend ebenso nackt durch ein angrenzendes Waldstück läuft. Sie hat nämlich leichtfertiger, vom Drehbuch her gut berechneter Weise ihre Kleider auf dem Rücken ihres beistehenden, natürlich unangebunden gelassenen Pferdes abgelegt, das plötzlich einer nahebei grasenden Stute oder, je nachdem, einem Hengst nachtrabt. Die mehrminütige Sequenz gilt als die erste Nacktszene der Filmgeschichte und sorgt in den 30er Jahren für einen gerüttelten Skandal. Ekstase wird in vielen Ländern, allen voran den USA, mit einem Aufführungsverbot belegt oder kommt nur in einer stark geschnittenen Fassung insKino.
Dem Fass völlig den Boden aus schlägt dann ein Liebesakt mit Adam unter der romantischen Musik von Giuseppe Becce. Dabei ist außer ihrer mehrreihigen Perlenkette am Hals bloß noch ihr ekstatisch erregtes Gesicht zu sehen. Der erste weibliche Orgasmus der Kinogeschichte!
Pygmalions Galathee und Agostino Carraccis Stiche erwachen sämtlich zum Leben. Man sieht Hedy gleichwie Chrisis unter Polyenos auf Agostinos Nummer 11 mit hintübergeworfenem Antlitz umgekehrt von oben her, beide Unterarme über dem Kopf, nicht aber so wie Chrisis – oder Goyas Maja – beide Arme unterm Kopf verschränkt, sondern sie seitlich so ans Gesicht gelehnt, dass die Hände mit den Innenflächen auf ihrer Stirn liegen. Auch sieht man auf der gesamten Leinwand nur ihr Gesicht, mit geschlossenen Lidern und geöffnetem Mund mit sichtbaren weißen Oberzähnen ganz ihrer Lust hingegeben. Nach einer Reihe schweratmender, diskret stoßartiger Erschütterungen wird der Moment ihres Höhepunkts punktgenau daran erkennbar, dass sie plötzlich beide Unterarme zusammenschließt und so aneinanderfügt, dass nunmehr ihr Gesicht, das man sich dann nur noch vorstellen kann, darunter verschwindet. Wie wenn ihr in dem Moment die Sinne schwänden. Außerdem fällt im selben Augenblick ein Stück ihrer zerrissenen Perlenkette – Symbol zerrissener Jungfernschaft, wenn sie nicht schon verheiratet wäre– mit den kullernden Klunkern auf den flauschigen Bettvorleger.
An Machatys Regie wäre allenfalls zu bekritteln, dass Becces Musik auch im Moment ihres Orgasmus relativ harmlos bleibt – anstatt wie etwa in Wagners Tristan und Isolde oder bei Tschaikowskijs Schwanensee anzuschwellen und in einen orgiastischen Höhepunkt zu münden. Danach sieht man Hedys Hand, wie sie schlaff neben der Bettkante herunterhängt. Dabei raucht sie in lässiger Erlöstheit eine Zigarette.
Der Vorgang, der eigentlich doch der allergewöhnlichste und landläufigste von der Welt ist, ist nur deswegen so skandalös, weil die Schamhaftigkeit und Prüderie der Zeit so groß oder die Kiesler so gottverdammt schön ist. Vielleicht aber auch noch aus einem anderen Grund. Zum ersten Mal nämlich wie gesagt sieht der staunende Zuschauer in Großaufnahme einen weiblichen Orgasmus. Er sieht in Cinemascope, dass es beim Geschlechtsakt auch so etwas gibt wie den weiblichen Orgasmus! Ist das nicht der sichtbare Beweis dafür, dass auch die Frauen beim Geschlechtsakt einen Höhepunkt haben? Das ist nicht selbstverständlich, da man bisher meist davon ausging, dass die Frauen für die Lust der Männer da sind. Oder sollten wir, vorsichtiger ausgedrückt, sagen, dass auch die Frauen unter günstigen Umständen einen Orgasmus haben können ? Außerdem ist das für den Zuschauer insofern erhellend, als er solcherart sicher sein kann, dass auch seine eigene Geliebte beim Geschlechtsakt einen Orgasmus hat. Oder haben kann. Er freut sich dann ganz persönlich und ist geschmeichelt, dass er, der gebenedeite unter den Männern, imstande ist, ihr einen solchen zu verschaffen.
Читать дальше