Freudhold Riesenharf - Henri hardcore II - Heines Mannesjahre

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Eines der rätselhaftesten Gedichte Heinrich Heines ist «Der Asra»:
… Und der Sklave sprach: "Ich heiße
Mohamet, ich bin aus Jemen,
Und mein Stamm sind jene Asra,
Welche sterben, wenn sie lieben."
Welche sterben, wenn sie lieben? Verständlich wird das nur durch das Leben des Autors. «Tag und Nacht beschäftige ich mich mit meinem großen Buch, dem Roman meines Lebens», schreibt er, «und erst jetzt fühle ich den ganzen Wert dessen, was ich durch den Brand im Haus meiner Mutter an Papieren verloren habe.» Der vorliegende Roman ist daher nicht geschichtstreu. Eine geschichtstreue Biografie könnte, da wir zu wenig von ihm wissen, nicht bis in die hintersten Behausungen seines Blutes dringen. Der Mensch lebt nicht nur in der Realität, und ein Dichter schon gar nicht. Der Mensch lebt auch in der Phantasie, und Heines Phantasie ist eminent erotisch. Da die Phantasien immer ausgespart bleiben, gibt es noch keine echten Biografien. Es werden daher erzählerische Lücken überall dort, wo sie auftreten, damit gefüllt, wie es gewesen sein könnte. «Mein wichtigstes Werk sind meine Memoiren, die aber doch nicht so bald erscheinen werden; am liebsten wäre es mir, wenn sie erst nach meinem Tod gedruckt würden!» Sie offenbaren, was hinter den Kulissen vorging, während seine Dichtungen und Werke nur wie die Schauspieler sind, die auf offener Bühne agieren. «Ich arbeite seit Jahren daran. Das Buch wird drei Bände haben, mindestens drei Bände. Keiner fühlt mehr als ich, wie mühsam es ist, etwas Literarisches zu geben, das noch nicht da war, und wie ungenügend es jedem tieferen Geiste sein muss, bloß zum Gefallen des müßigen Haufens zu schreiben. Wenige haben den Mut, alles zu sagen.» An diesem Mut soll es hier nicht fehlen!

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Freudhold Riesenharf

Henri hardcore II - Heines Mannesjahre

Welche sterben, wenn sie lieben

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Inhaltsverzeichnis Titel Freudhold Riesenharf Henri hardcore II Heines - фото 1

Inhaltsverzeichnis

Titel Freudhold Riesenharf Henri hardcore II - Heines Mannesjahre Welche sterben, wenn sie lieben Dieses ebook wurde erstellt bei

27: Lo

28: Lolita

29: Dido

30: Crescence

31: Helena

32: Glycère

33: Crescentia

34: La Place de l'Odéon

35: Pandore

36: Luise

37: Katharina

38: Vinot

39: Pas si vite!

40: Je ne sais pas

41: Aut Caesar aut nihil

42: Mathilde

43: Candida

44: Manon

45: Jenny

46: George

47: Asunción

48: Pauline

Impressum neobooks

27: Lo

Und der Sklave sprach: „Ich heiße

Mohamet, ich bin aus Jemen,

Und mein Stamm sind jene Asra,

Welche sterben, wenn sie lieben.“

Der Asra

Morelle bietet ihm, da sie zwei Zimmer frei hat, an, bei ihr zu wohnen, wodurch er sich seine Miete an der Porte St. Denis sparen könnte. Er aber besteht auf seiner Freiheit und Selbstständigkeit. Dass er während der Zeit mit ihr keine andere Frau hat, hindert ihn nicht, sich auch immer wieder nach anderen umzudrehen. Eine Friseurin in der Nachbarschaft bezirzt ihn durch ihren zärtlichen Umgang mit seinem Haar. Sie kommt offenbar aus dem Osten, Polen, Rumänien, Bulgarien oder dergleichen. Sie ist aber verheiratet, und ihr Mann schnippelt im Salon nebenan.

Noch während er im Frisierstuhl sitzt, fängt er von draußen auf dem Trottoir den Blick einer jungen Vorübergehenden auf. Weil sie so zierlich wirkt, hat sein Auge noch durch das Fensterglas hindurch einen gewissen so klebrigen Lustre, wie er verliebten Katern eigen zu sein pflegt , so dass die Passantin buchstäblich daran kleben bleibt und kurz danach sogar zurückkehrt, um nochmals durch die Scheibe zu schauen. Traute sie zuerst ihren Augen nicht? Jetzt ist es, da er momentan sowieso keine Gelegenheit hat, sie anzubaggern, geniert an ihm, beschämenderweise so zu tun, so als hätte er sie gar nicht gesehen. Dabei muss es natürlich nicht seinetwegen sein, warum sie umgekehrt ist, es kann auch einen anderen Grund haben.

Beim Zahnarzt berückt ihn eine Helferin mit ihrem heiter unbeschwerten, geschäftstüchtigen Gebaren, wobei ihre unter der leichten Bluse ohne BH wabbelnden jungen Brüste seinem Gesicht so nahe kommen, dass er ihre süße Melonenfrische riecht. Ist aber offenbar schon vergeben. Außerdem ist er mit ihrem Arbeitgeber unzufrieden, so dass er sie einem Arztwechsel opfert.

Auf der Bibliothèque Nationale, die er häufig besucht, verschaut er sich aus reiner Gewohnheit in eine der Bedienerinnen und verdreifacht seine Besuche, bis er eines Tages erfährt, dass sie schwanger ist und nächsten Monat heiraten will.

Beim Buchhändler Renduel fällt ihm eine Verkäuferin auf. Er randaliert in den Regalen wie noch nie, bis er eines Tages ihrem indignierten Blick entnimmt, dass sie ihn durchschaut hat ...

Wie könnten stundenlang so fortfahren, denn seine ephemeren Amouren sind, wie flüchtig auch immer, inflationär. Auch flaniert er regelmäßig nach wie vor durch die Passage des Panoramas , wo die Bordsteinschwalben Spalier stehen.

Einmal besucht er mit Morelle eine verwitwete Freundin, Charlotte, die in der Modebranche ist und in der Banlieue am Stadtrand wohnt. Sie zeigt ihnen das ganze leere verwaiste Haus. Er folgt ihr mit gleichgültigem Interesse die Treppe hinunter; durch die Küche am Ende der Diele, auf der rechten Seite des Hauses – der Seite, auf der auch Ess- und Wohnzimmer liegen. In der Küche sagt das Dienstmädchen, eine dickliche, jüngere Negerin: „Ich gehe jetzt, Madame Haze“, und nimmt ihre große schwarzglänzende Tasche vom Knauf der Tür, die zur hinteren Veranda führt. „Gut, Louise“, antwortet Charlotte mit einem Seufzer. „Ich rechne am Freitag mit Ihnen ab.“ – Sie kommen durch einen engen Anrichteraum ins Esszimmer, das parallel zum Wohnzimmer verläuft, welches sie schon bewundert haben. Dort liegt eine weiße Socke am Boden. Mit einem missbilligenden Grunzen bückt sich Charlotte, ohne stehenzubleiben, und schleudert sie in einen Wandschrank neben der Anrichte. Sie werfen einen flüchtigen Blick auf einen Mahagonitisch mit einer Fruchtschale in der Mitte, mit nichts als einem einzelnen, noch glitzernden Pflaumenkern. Er tastet nach dem Fahrplan, den er in der Tasche hat, und zieht ihn verstohlen heraus, um so schnell wie möglich nach der nächsten Postverbindung zu sehen.

Er zockelt noch immer hinter ihnen durchs Esszimmer her, als plötzlich ein Grün-in-Grün über sie hereinbricht – ,die Piazza', singt ihre Führerin. Und dann, ohne die geringste Warnung, hebt sich eine blaue Meereswelle unter seinem Herzen, und auf einer Matte in einem Teich von Sonne, halbnackt, kniend und sich auf den Knien herwendend, hockt eine seiner ersten großen Lieben: Veronika, und sieht ihn über dunkle Brillengläser forschend an.

Es ist dasselbe Kind – dieselben zarten, honigfarbenen Schultern, derselbe biegsame, seidige, nackte Rücken, derselbe kastanienbraune Haarschopf. Ein weißgepunktetes schwarzes Tuch, um ihre Brust geknotet, verbirgt seinen alternden Affenaugen, nicht aber den Blicken lebendiger Erinnerung, die jugendlichen kleinen Brüste, die er eines unvordenklichen Tages geliebkost hat. Und als wäre er die Märchenamme einer kleinen Märchenprinzessin (verlaufen, geraubt, wiedergefunden, in Zigeunerlumpen, durch die ihre Nacktheit den König und seine Meute anlächelt), erkennt er das winzige dunkelbraune Mal an ihrer Seite. Mit Ehrfurcht und Entzücken (der König weint vor Freude, die Trompeten blasen, die Amme ist trunken) erblickt er wieder ihren holden eingezogenen Bauch, wo einst sein südwärts segelnder Mund kurz verweilte, und die kindlichen Hüften, an denen er die gezackte Spur küsste, die das Gummiband ihrer Shorts hinterlassen hatte – an jenem letzten unvergesslichen Tag am Strand von Helgoland im Schatten der roten Felsen. Die knapp zwanzig Jahre, die er seitem durchlebt hat, laufen in einer zitternden Spitze zusammen und entschwinden.

Wie könnte er dies Aufleuchten, dies Erschauern, diesen Schock leidenschaftlichen Wiedererkennens mit angemessener Kraft schildern? In den flüchtigen sonnendurchschossenen Sekunden, als sein Blick über das kniende Kind gleitet (ihre Augen blinzeln über den strengen, schwarzen Brillengläsern – der kleine Onkel Doktor, der ihn von all seinen Schmerzen heilen würde), während er in seiner Verkleidung als Erwachsener (ein männliches Prachtexemplar aus der großen Welt) an ihr vorübergeht, gelingt es dem Vakuum seiner Seele, jede Einzelheit ihrer frischen strahlenden Schönheit in sich aufzusaugen und an den Zügen seiner toten Braut zu messen. Was er zu betonen wünscht, ist, dass ihre Entdeckung für ihn die schicksalhafte Konsequenz jenes ,Prinzenreichs am Meer' aus seiner qualvollen Vergangenheit bildet. Alles, was zwischen den beiden Begebenheiten liegt, ist eine Reihe von tölpelhaften Missgriffen und verfehlten Ansätzen. Alles ihnen Gemeinsame ergibt eine Einheit.

Er macht sich aber keine Illusionen. Seine Sittenrichter würden all dies als das Täuschungsmanöver eines Verrückten mit einem gierigen Appetit auf die fruit vert betrachten. Au fond ça m'est bien égal . Er weiß nur, dass seine Knie, als die Haze und sie die Stufen in den atemlosen Garten hinuntergehen, wie Spiegelungen von Knien in gekräuseltem Wasser waren und seine Lippen wie Meeressand, und –

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