Ihr Möschen ist eng, dehnt sich aber weit genug, um ihn einzulassen, umschlingt ihn dann jungmädchenhaft feucht und warm. Da sie in der Hocke ganz an ihn gepresst ist, steht er fast aufrecht in ihr. Er weiß nicht, hat er sie gerade entjungfert oder war ihr Häutchen vorher schon durchgescheuert. Erst jetzt zieht er ihr das enganliegende Leibchen aus und nimmt ihre Brüstchen zwischen die Hände und saugt an ihren rosigen Knospen. Mit beiden Händen um ihre Hinterbacken zieht er sie weiter über sich, wie ein Futteral über einen Schirm, und hält sie fest, während er sanft aus den Hüften heraus nach oben stößt. Wenn er sie untergreift, kann er sie wie Holofernes die Judith auf und nieder wippen lassen, ohne dass sie selber noch etwas dafür tun muss. Er weiß nicht, was sie empfindet, wenn er sie küsst, auf ihrem Gesicht aber entstehen rote Flecken. Flecken der Lust? Die Damen am Tisch unterhalten sich so, wie wenn nichts wäre. Kurz bevor es ihm kommt, hält er inne und umfasst mit beiden Händen ihre Taille, um sie zu eigener Initiative zu bewegen. Sie begreift und zieht auf dem Sofa die Füße an, bis sie ganz in der Hocke ist und, während er etwas vorwärts nach unten rutscht, jetzt selber aktiv auf ihm auf und nieder reitet. Es ist ihr erster Koitus, aber kaum hat sie losgelegt, reitet sie schon stöhnend wie eine Tribade. In Wahrheit ist er die ganze Zeit in Morelle. Auf einmal erstarrt sie, hält einen Augenblick wie wartend inne, erzittert in einem Krampf, zuckt wiederholtermalen konvulsivisch. Sofort gibt er seine Beherrschung auf, hilft mit ein paar kräftigen Stößen nach, sieht vor sich Lolita mit den roten, vor Verzückung geöffneten Lippen, und kommt zugleich mit ihr, ergießt sich drei- bis viermal in sie. Das ist der Augenblick, da er sich in Morelle verströmt ... –
Ich entnahm die Szene, wo Humbert Humbert – James Mason – beim Beischlaf mit Charlotte – Shelley Winters – nach Lolas Bild auf dem Nachtschränkchen schielt – ein potenzieller ,Ehebruch im Ehebett' –, Stanley Kubricks Film Lolita , der allein deswegen schon im prüden Amerika seiner Zeit verboten war. Eine Parallele dazu findet sich in Kubricks Film Eyes Wide Shut nach Arthur Schnitzlers Traumnovelle mit Tom Cruise und Nicole Kidman. Für die Psychoanalyse ist dieser Ehebruch im Ehebett nichts Neues: „Es gibt Männer“, so Ferenczi, „die mit ihren Frauen, trotz der Abnahme der Libido, häufig sexuell verkehren, dabei aber in der Phantasie die Person der Frau durch eine andere ersetzen, die also gleichsam in vaginam onanieren.“ – Analog Tausk: „Man wird von manchem Mann das Geständnis hören, er onaniere mit seinem Penis in der Vagina des Weibes. Und obgleich der Akt der genitalen Vereinigung verschiedengeschlechtlicher Individuen der einzige Typus des vollkommenen Geschlechtsverkehrs bei Arten mit getrennter Geschlechtlichkeit ist, wird er als onanistischer Akt empfunden. Das Kriterium dafür, ob ein Geschlechtsakt als onanistischer oder als Koitus anzusehen ist, liegt eben nicht in der äußeren Form der Betätigung, sondern im psychischen Überbau des physischen Vorgangs.“
Ein sensibler Freund aus Stuttgart besucht ihn an der Porte Saint Denis. Er trifft Morelle bei ihm an und macht kein Hehl aus seinem Eindruck, dass sie ,etwas traurig' aussehe, als wollte er fragen, ob sie unterderhand nicht im Zweifel sei, ihr Gefühl an einen unsicheren Kantonisten zu verschwenden. Harry würgt es in der Kehle, so bewusst er sich dessen an sich selber ist.
An Morelles Seite übersteht er die Choleraepidemie von 1832 und schließt sich dem in Paris gegründeten deutschen Volksverein „Association“ an. Lernt Victor Hugo kennen. Ende des Jahres bissige Schilderung: Französische Zustände . Als Mitarbeiter der Augsburger Allgemeinen Zeitung schreibt er, teils des baren Vorteils wegen, teils um sich auch durch journalistische Arbeit zu profilieren, kritische Beiträge. Die Zeitschriften sind freilich nur die Pissecken der Literatur . Seine politischen Berichte hier sind schärfer und direkter als in Französische Maler .
Laut Vorwort ist es ihm einzig darum zu tun, dass die große Menge die Gegenwart versteht, durch seine dieser Gegenwart gewidmeten Zeitungsaufsätze. Er glaubt nicht an die Republik und auch nicht an Amerikas Demokratie. Es muss wohl politische Kurzsichtigkeit sein, wenn er verkennt, dass es in Europa keine Alternative zu einer immer demokratischeren Entwicklung gibt. Den glänzenden Wahn von der Möglichkeit einer Republik in Frankreich wolle er nicht bekämpfen. Royalist aus angeborener Neigung, sei er es in Frankreich auch aus Überzeugung; überzeugt, dass die Franzosen keine Republik, weder die Verfassung von Athen noch die von Sparta, und am allerwenigsten die von Nordamerika ertragen könnten. Die Athener seien die studierende Jugend der Menschheit gewesen, ihre Verfassung eine Art akademischer Freiheit, und es wäre töricht, diese in unserer erwachsenen Zeit, in unserem greisen Europa, wieder einführen zu wollen. Und wie ertrügen wir gar die Verfassung von Sparta, dieser großen, langweiligen Patriotismusfabrik, dieser Kaserne der republikanischen Tugend, dieser erhaben schlechten Gleichheitsküche, worin die schwarzen Suppen so schlecht gekocht wurden, dass attische Witzlinge behaupteten, die Lakedämonier seien deshalb Verächter des Lebens und todesmutige Helden in der Schlacht. Wie könnte eine solche Verfassung gedeihen im Foyer der Gourmands, im Vaterland des Véry, der Véfour, des Carême! Dieser Letztere würde sich gewiss, wie Vatel, in sein Schwert stürzen, als ein Brutus der Kochkunst, als der letzte Gastronom! Wahrlich, hätte Robespierre nur die spartanische Küche eingeführt, so wäre die Guillotine ganz überflüssig gewesen; denn die letzten Aristokraten wären alsdann vor Schrecken gestorben oder schleunigst emigriert. Armer Robespierre! er wollte republikanische Strenge in Paris, einer Stadt, worin 150.000 Putzmacherinnen und 150.000 Perruquiers und Parfumeurs ihr lächelndes, frisierendes und duftendes Gewerbe treiben!
Die amerikanische Lebensmonotonie, Farblosigkeit und Spießbürgerei wäre viel unerträglicher noch in der Heimat der Schaulust, der Eitelkeit, der Moden und Novitäten. Wahrlich, nirgends grassiere die Krankheit der Auszeichnungssucht so sehr wie in Frankreich. Vielleicht mit Ausnahme von August Wilhelm Schlegel gebe es keine Frau in Deutschland, die sich so gern durch ein buntes Bändchen auszeichne wie die Franzosen; sogar die Juliushelden, die doch für Freiheit und Gleichheit gefochten, ließen sich hernach dafür mit einem blauen Bändchen dekorieren, um sich dadurch von dem übrigen Volk zu unterscheiden. Bezweifle er aber deshalb auch das Gedeihen einer Republik in Frankreich, so lasse sich darum doch nicht leugnen, dass alles zu einer Republik aboutiere, dass bei den Besseren die republikanische Ehrfurcht für das Gesetz an die Stelle der royalistischen Personenverehrung getreten sei, und dass die Opposition ebenso, wie sie einst fünfzehn Jahre lang mit einem König Komödie gespielt, jetzt dieselbe Komödie mit dem Königtum selber fortsetzt, und dass also die Republik wenigstens für kurze Zeit das Ende des Liedes sein könnte.
Währenddem aber Bedrängnisse und Nöte aller Art das Innere des Staates durchwühlten und die äußeren Angelegenheiten seit den Ereignissen in Italien und Don Pedros Expedition bedenklich verwickelter würden; während alle Institutionen, selbst die königlich höchste, gefährdet seien; während der politische Wirrwarr alle Existenzen bedrohe, – sei Paris diesen Winter noch immer das alte Paris, die schönste Zauberstadt, die dem Jüngling so holdselig lächle, den Mann so gewaltig begeistere und den Greis so sanft tröste. „Hier kann man das Glück entbehren“, sagte einst Frau von Staël, ein treffendes Wort, das aber in ihrem Mund seine Wirkung verlor, da sie sich lange Zeit nur deshalb unglücklich fühlte, weil sie nicht in Paris leben durfte, und da also Paris ihr Glück war. So liege in dem Patriotismus der Franzosen größtenteils die Vorliebe für Paris, und wenn Danton nicht floh, „weil man das Vaterland nicht an den Schuhsohlen mitschleppen kann“, so habe das wohl auch geheißen, dass man im Ausland die Herrlichkeiten des schönen Paris entbehren würde. Aber Paris sei eigentlich Frankreich; dieses sei nur die umliegende Gegend von Paris.
Читать дальше