Nach einem langen und harten Arbeitstag, war Carly froh, sich auf ihr Hotelzimmer zurückziehen zu können. Es war ihr nicht leicht gefallen, in Tates Nähe zu sein. Diese Spannung zu ertragen, die sie praktisch hatte greifen können. Zwei der Agenten hatten sie zu einem Feierabendbier eingeladen. Doch Carly lehnte dankend ab.
Cerys und Aiden dagegen, hatten die Einladung angenommen und sich daher von Carly schnippische Bemerkung anhören müssen. Carly hoffte, dass ihre Freizeit keine Auswirkungen auf ihre Arbeit ausübte. Denn schließlich waren sie dazu in DC. Sie war völlig durch den Wind. Trotzdem wusste sie, dass sie sich den anderen gegenüber, manchmal wirklich nicht fair verhielt.
Besonders Aiden hatte es nicht leicht. Er war noch nicht lange bei der NSA, hatte aber eine zehnjährige Berufserfahrung, als Agent im Ausland. Ebenfalls Russland. Daher hielt ihn Friedmann, besonders in diesem Fall, für eine Bereicherung. Carly hoffte, dass er Recht behielt. Was wenn sich Aiden ebenfalls als Doppelagent herausstellte und Carly im Weg stehen würde? Denn sollte es so sein und sie wusste nichts davon, konnte das nichts Guts bedeuten. Es war schon mit ihrem Mann schwierig genug. Dennoch hatte sie ein seltsames Gefühl mit ihm.
Carly war ganz froh, eine lange kühle Dusche nehmen zu können. Der Tag war lange genug gewesen. Als sie fertig war, sah sie, dass das Display ihres Mobiltelefons leuchtete. Sie sah nach und stellte fest, dass sie einen Anruf verpasst hatte. Dann rief sie zurück. Es klingelte ein Mal. Dann: „Ist die Leitung sicher?“
„Ja.“ „Wo bist du?“
„DC. Das müsstest du wissen.“ Carly konnte den Vorwurf und Hohn in ihrer Stimme nicht verbergen. „Mhh“, er brummte. Ihr Ehemann war mürrisch wie immer.
„Warum habt ihr mich nicht informiert?“ knurrte Carly ihn nun an.
„Du hast es erfahren, als du es erfahren solltest.“
„Gibt es Schwierigkeiten?“
„Tja, ich weiß es nicht.“
Schweigen breitete sich aus. Doch sie wartete. Dann brummte er. „Du bist raus, also kann ich es dir ja sagen. Und du hältst die Klappe.“
„Da!“
„Jemand spielt falsch.“
Carly lachte. „So ein Unsinn. Wie soll das gehen?“
„Tja, ich weiß es nicht. Jedenfalls sind Informationen an die NSA geraten, die sie nicht haben durften.“
Carly schnalzte. „Deswegen der Neue?“
Sie hätte schwören können, ihn lächeln zu hören. Sie wusste es. Es war so ein Gefühl gewesen, das sie immer wieder beschlich. Aiden war ihr von Beginn an verdächtig vorgekommen. Also hatte sie sich, bezüglich Yarbrough, geirrt. Es war nicht er gewesen, welcher der dritte im Bunde war. Er, als Dritter der AD´V´C, der im NSA eingeschleust wurde. Es war Aiden.
„Gefällt er dir?“ schnalzte ihr Mann nun.
Carly schnaubte. „Was denn, Liebling? Bist du eifersüchtig?“ „Er ist gut. Und er hat ein Auge auf dich.“ Wieder hörte sie ihn lächeln. „Dann weiß ich mit Sicherheit, dass du mit Tate keinen Scheiß machst.“
Carly blieb das Herz stehen. Er wusste es, natürlich.
„Ja.“ Er schnalzte gedehnt, als er wohl ihre Sprachlosigkeit bemerkte. „Denkst du, ich finde das nicht heraus?“
„Er arbeitet für das FBI. Darauf hätte ich eigentlich gefasst sein sollen.“
„Hättest du.“
„Und das wäre ich gewesen, hätte man mich vorbereitet“, zischte sie.
„Die Sache ist geklärt, mit dir. Trotzdem müssen wir raus finden, wo das Leck ist und es beseitigen. Halt die Augen offen, Zimjia.“
„Konéchno!“ bestätigte sie seine Worte.
Als er aufgelegt hatte, spürte Carly, wie sich ihr Magen zusammen zog. Wie hatte er so schnell darauf kommen können? Hatte Aiden zuvor ihre Reaktion bemerkt, als sie Tate sah? Dabei war sie so bemüht gewesen, sich nichts anmerken zu lassen. Oder hatte man das bereits berechnet? Ihr kam ein weiterer Gedanke. War all das vielleicht berechnet gewesen? War es die Weise gewesen, wie sie Carly hatten testen wollen? War es nicht der überraschende Anschlag, sondern Tate? So wie ihr Mann sagte, gab es einen Spitzel. Hatten sie so herausfinden wollen, ob dieser Spitzel Carly war?
Carly rubbelte sich die Haare trocken. Dann fasste sie einen Entschluss. Sie musste sich von Tate fern halten, so schwer es auch für sie war. Langsam setzte sie sich auf ihr Bett und ließ das Handtuch auf ihren Schoß sinken.
Als sie Tate gesehen hatte, hatte ihr Herz geklopft wie verrückt. Sie hatte sich einerseits gefreut, doch auf der anderen Seite war zu viel passiert. Sie war immer noch wütend darüber, dass er sich für seine Karriere entschieden hatte. Und es lagen acht Jahre dazwischen, seit sie sich das letzte Mal gesehen hatten. Zu viel war passiert. Zu viel hatte sich verändert. Sie hatte sich verändert.
Sie war eine Viper.
Tate
„Warte... warte.“ Siljan schüttelte den Kopf. „Du verarschst mich doch, oder?“ Er sah zwischen Tate und Gage hin und her. „Das kann nicht euer Ernst sein? Das wäre echt ein mieser Witz, nur mal nebenbei bemerkt.“
Gage räusperte sich und warf einen Blick zu Aleah rüber, die etwas weiter entfernt mit Blanche an den Billardtischen stand, ihre Hand auf ihrem großen Bauch ruhend.
„Leider nein. Aleah darf davon nichts wissen.“
„Klasse.“ Siljan grunzte. „Da erzählst du es ja dem Richtigen.“
„Du kannst froh sein, dass sie nicht hier hin mitgekommen ist.“ grunzte Tate.
Er drehte seine Bierflasche auf dem Bierdeckel hin und her. Die Gedanken ließen ihn einfach nicht los. „Wie geht es dir damit?“ fragte Siljan nun.
„Wie sollte es mir damit gehen?“ Tate grunzte. „Meine verschollene Ex taucht aus dem Nichts wieder auf. Grandios.“
„Dale macht sich Sorgen um dich.“ Gage nickte zu Dale rüber, der mit dessen neuer Freundin, ebenfalls beim Billard stand.
Tate zuckte die Schultern. „Bald ist sie eh wieder weg.“
„Und das war´s dann?“ Siljan blinzelte. „Ich meine, acht Jahre, Tate. Sie war acht Jahre verschollen und du willst sie nicht mal zur Rede stellen?“
Tate schüttelte den Kopf. „Ich wüsste nicht, wozu. Sie ist verheiratet.“
„Hör auf.“ Siljan schüttelte ungläubig den Kopf. „Ist das dein Ernst?“
Gage nickte. „Jep. Sie heißt jetzt Clark.“
„Mann, das ist echt kacke.“ Siljan ließ sich in seinem Stuhl zurück sinken. „Also, lässt du sie einfach wieder gehen?“
„Was sollte ich denn sonst machen?“ knurrte Tate.
„Na, sie zur Rede stellen. Ist das nicht alles... echt irgendwie... total...“
„Mies?“ Gage lachte und trank an seinem Bier. „Sie hat sich völlig verändert, Sil.“ Er schüttelte den Kopf. „Du hättest hören sollen, wie sie die Leute herum kommandiert und anblafft.“
Dann grinste Gage. „Blanche hat auch ihr Fett weg bekommen.“
Siljan sah zu Tate.
„Das ist nicht gut.“ Tate schüttelte den Kopf. „Das artet in einen unterschwelligen Zickenkrieg aus. So was lässt sie nicht auf sich sitzen.“
„Weiß sie es?“ Siljan sah Tate vorsichtig an.
Tate lachte. „Nein, und das ist auch besser so. Wir haben ohne hin genug Probleme.“
„Also, hältst du an der Beziehung mit ihr fest?“
Tate zuckte die Schultern.
„Man, in deiner Haut will ich jetzt echt nicht stecken“, seufzte Siljan.
„Eine neue Runde“, rief Amaury und kam mit einem Tablett Bierflaschen an den Tisch zurück.
Gage schüttelte den Kopf „Ich passe. Ich schätze, ich sollte gleich mal meine Drei nach Hause fahren.“
Tate schmunzelte. „Deine Drei?“
„Ich versuche mich schon mal dran zu gewöhnen.“
„Die werden dich ordentlich auf Trab halten.“ Amaury setzte sich dazu. Gage nickte. Dann warf er Tate einen Blick zu. Er hätte sich gerne noch weiter über Carly unterhalten, doch nun, wo Amaury dabei saß, war es eher ungünstig. Er wusste, dass Tate nicht gerne im Beisein anderer darüber redete. Eigentlich, dass er überhaupt nicht darüber redete, doch das hatte sich geändert, als Tate vor kurzem erst beschlossen hatte, damit abzuschließen. Tate fragte sich, ob das beschissenes Karma war, dass Carly ausgerechnet jetzt wieder auftauchte. Gerade jetzt, wo er versuchte, sein Leben auf die Reihe zu bekommen. Zumindest in Sachen Beziehungen. Das würde viele Dinge komplizierter machen. Blanche würde ausflippen, wenn sie erfuhr, wer Carly wirklich war. Die beiden waren sich ohnehin nicht grün. Und wenn Blanche nun noch erfahren würde, wer Carly war... Tate wollte sich das Ausmaß, dessen, was passieren wollte, nicht mal ausmalen.
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