1 ...7 8 9 11 12 13 ...31 „Ich möchte gerne wissen, was sich hinter diesem verdreckten Gör noch alles verbirgt!“
„Bringen wir sie erstmal nach Hause, dann sehen wir weiter!“, entgegnete Kosmo nur knapp und trieb sein Pferd an.
Sie ritten immer von morgens bis abends, den ganzen Tag hindurch. Freya war dankbar für die dicke Decke, die ihr Kosmo vor einigen Tagen über ihren Sattel gelegt hatte. Das viele Reiten machte sich auch so langsam an ihren Beinen bemerkbar. Immer wenn sie trabten oder gar galoppierten, scheuerten ihre Beine wie wild am Sattel. Sie fragte sich, ob sie wohl jemals eine richtige Reiterin werden würde, die nicht schon mittags den Abend herbeisehnte, an dem sie endlich vom Pferd absitzen und ihre Beine ausruhen durfte. Andererseits aber war es ein schönes Gefühl, sich einem so großen und einigermaßen wilden Tier, wie Freya fand, anvertrauen zu können und auf seinem Rücken hoch über dem Boden den Wind in seinen Haaren zu spüren. Außerdem mochte sie den Geruch der Pferde, wenn sie abends nach dem Reiten leicht verschwitzt abgesattelt wurden.
Irgendwann hatte Freya ihren Sinn für die Zeit verloren, nicht, dass Zeit in ihrem Leben je eine Rolle gespielt hatte – in ihrer bisherigen Welt gab es nur Unterscheidungen zwischen Morgen und Abend, sowie zwischen den Jahreszeiten. Sie wusste nicht mehr seit wie vielen Tagen sie schon durch die Steppe geritten waren. Anfangs hatte sie noch versucht sich die Richtung, in die sie am Tage geritten waren, zu merken, sowie die Tage zu zählen. Vielleicht hätte ihr dieses Wissen auf einer möglichen Flucht weitergeholfen, um sich nicht noch mehr in diesem Land zu verirren. Aber irgendwann hatte sie damit aufgehört. Es war, als ihr klar wurde, dass sie schlichtweg schon längst nicht mehr wusste wo sie war.
Zudem musste sie sich eingestehen, dass Kosmo und Damaso eigentlich ganz nett zu sein schienen. Zumindest Damaso war sehr um sie bemüht, aus welchen Gründen auch immer, aber sie bezweifelte, dass er unehrenhafte oder gar gräuliche Absichten hatte. Er hatte abends, wenn es kalt wurde und Freya vor Kälte nur so mit den Zähnen klapperte, oft genug Gelegenheit gehabt, ihr zu Nahe zu kommen. Tatsächlich aber nahm er sie oft einfach nur in den Arm, um sie zu wärmen. Aber sie wusste noch immer nicht, was die beiden Männer eigentlich von ihr wollten. Freya überlegte krampfhaft, wie sie sich ihnen verständlich machen sollte, und wie sie sie verstehen sollte. Freya kannte keine andere Sprache als die ihre. Sie war niemals zuvor in einem anderen Land gewesen und war auch niemals zuvor einem Ausländer begegnet. Es gab Geschichten über allerlei Fremde und fremde Länder, aber als sie den Entschluss gefasst hatte nach Süden zugehen, weil dort das Wetter besser sein sollte, hatte sie sich keinerlei Gedanken darüber gemacht, dass in einem anderen Land eine andere Sprache gesprochen werden könnte! Seufzend gab sie ihre Grübeleien auf.
Als sie an diesem Abend ihr Nachtlager aufschlugen wirkte Kosmo sehr angespannt und sah ständig in eine bestimmte Richtung, was Freya sehr beunruhigte. Damaso hatte ihn einige Male angesprochen, aber Kosmo hatte immer nur leicht mit dem Kopf geschüttelt.
So heiß es am Tag auch werden konnte, nachts war es immer empfindlich kalt und Freya war froh, dass Damaso sich heute Abend wieder neben ihr schlafen legte und sie wärmte, indem er seine Arme um sie schlang. Kosmos Verhalten hatte ihr mehr Angst gemacht, als sie sich eingestehen wollte, aber in seinen Armen fühlte sie sich sicher. Sie hätte es nie mehr für möglich gehalten, dass sie so empfand. Es hatte – und sogar noch vor ein paar Tagen – eine Zeit gegeben, in der sie alle Männer einfach nur abgrundtief gehasst und gefürchtet hatte. Aber nicht Damaso! Er war anders, als die Männer, die sie bisher kennen gelernt hatte! Er war nett. Sie fand ihn zumindest nett. Etwas, dass sie sehr erleichterte. Es bedeutete, dass sie sich weniger Sorgen um sich selbst machen musste.
Erst am nächsten Abend wusste Freya endlich, warum Kosmo so angespannt war.
Sie waren am späten Nachmittag zu einem großen und reißenden Fluss gekommen, den zu überqueren sie für schier unmöglich hielt, den sie aber wohl überqueren würden!
Als sie später am Abend dann zu einer Furt kamen, war es bereits dunkel geworden, sodass sie es nicht mehr wagen konnten, zum anderen Ufer hinüber zu reiten und an dieser Seite des Ufers unter den hier dicht wachsenden, großen Bäumen ihr Lager für die Nacht aufschlugen. Allerdings waren sowohl Damaso, als auch Kosmo deswegen sehr beunruhigt.
Freya wünschte sich nur sie hätte sie fragen können wieso! Es war doch ein wunderschöner Flecken Erde, soweit sie es im Dunkeln erkennen konnte. Das leise Gurgeln des Wassers schien sie verzaubern zu wollen …. Freya wusste, welche Anziehungskraft Wasser haben konnte. In ihrer Heimat hatte sie auch oft des Abends an dem Fluss gesessen, der sich in einiger Entfernung hinter ihrem Dorf entlang schlängelte …. Zudem würden die Bäume ihnen Schutz bieten. Sie verstand die Aufregung nicht, vertraute aber gleichzeitig Damaso insoweit, dass er sie warnen und auch beschützen würde, wenn Gefahr im Verzuge wäre. Im Grunde genommen, musste sie sich eingestehen, hatten die beiden Männer die ganze Zeit über nichts anderes getan, wenn sie mal von ihrer Ergreifung in dem Wäldchen absah, aber mittlerweile war sie sich nicht mehr sicher, dass es eine Ergreifung war. Vielleicht war es auch eine Rettung?!
Aber was hätte zwei wildfremde Männer, die sie eigentlich immer noch waren, veranlassen können sie zu retten? Und vor allem … wovor?
Ihr war schon vor einigen Tagen aufgegangen, dass die Märkte, die sie gesehen hatte, Sklavenmärkte gewesen waren, von denen sie bisher immer nur in Schauermärchen in ihrer Heimat gehört hatte. Wenn aber Damaso und Kosmo sie nicht wieder zu einem dieser Sklavenhändler zurückbrachten, was sie ganz offensichtlich nicht taten, und auch, ihrem Benehmen ihr gegenüber, künftig nicht vorhatten, was wollten sie dann von ihr? Quälende Fragen machte ihr an diesem Abend das Einschlafen schwer, aber irgendwann kam der Schlaf dann doch.
Lange hatte sie nicht geschlafen, als sie merkte, dass Damaso nicht mehr hinter ihr am Boden lag, um sie zu wärmen. Verschlafen setzte sie sich auf und sah sich um. Kosmo war ebenfalls nicht dort, wo er sich zur Wache hingesetzt hatte, sondern stand etwas abseits von ihrem Lager bei den Pferden und unterhielt sich leise mit … ja mit wem eigentlich?
Plötzlich war sie hellwach. Sie sah deutlich drei Gestalten, die sich miteinander leise unterhielten, drei, nicht zwei, es waren drei! Nur kurz dachte sie darüber nach sich leise anzuschleichen, da hatte sich ihr Körper schon von ganz alleine in Bewegung gesetzt. Schließlich war sie es immer noch gewohnt sich vorsichtig zu bewegen. Zu oft hatte sie sich vor Menschen, auch in ihrer Heimat, verstecken müssen, und war fast vor Neugier geplatzt, wenn sie gesehen hatte, dass sich manche ihrer früheren Verfolger beraten hatten. Es konnte schließlich nicht schaden zu wissen, was ein möglicher Feind vorhatte!
Hinter einem Busch in der Nähe der drei Männer, der gerade groß genug war ihr Schutz zu bieten, kauerte sie sich hin und versuchte angestrengt der Unterhaltung der drei Gestalten zu folgen.
Nur wurde ihr gerade wieder bewusst, dass sie sich hier in einem fremden Lang befand, dessen Sprache sie nicht verstand! Was das Belauschen wohl wenig Erfolg versprechend machte.
Aber vielleicht wurde sie ja aus dem Gesprächsverlauf und den Gestiken, die die drei Männer benutzten schlau ….
Erst als Kosmo sich umwandte und geradewegs auf sie zukam, um sie ärgerlich am Arm hinter ihrem Busch hervorzuziehen, erkannte sie, dass sie auch die Gestiken wohl falsch gedeutet hatte. Ihr Herz hämmerte, als wollte es zerspringen! Das hatte sie nicht vorhergesehen! Mit dem unguten Gefühl ertappt worden zu sein, traten Kosmo und sie zu Damaso und dem anderen Mann hinüber. Der andere Mann lachte leise.
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