Das Buch s,soll heißen „Fliegen haben keine Mimik“ oder „Kleine Tage“. Er weiß noch nicht genau. Aber es ist ein wirklich s,schönes Buch, ich meine gutes Buch. Es ist ein Buch über das alltägliche, aufregende Leben! Und es ist wahr, Louis holt das Optimale aus einem Tag und das gelingt ihm gut, weil er die Tage mag. Louis liebt s,sein Leben in s,seiner Bescheidenheit (das s,schreibe ich ihm auf!). Alle Zettel, die ich ihm mit meinen Aufmerksamkeiten auf s,seinen s,Schreibtisch lege, bündelt er und s,sagt: „Wenn es viele sind, wird es ein Buch mit Aphorismen von meiner klugen Geliebten!“
***
Als „Die Rosas“ wurden die Streber bezeichnet in Julias Abi-Klasse. Simone und Julia gehören bestimmt nicht dazu, denn erst in den Herbstferien beschlossen die beiden zusammen zu lernen.
Simone dopt Julia in Mathematik und Julia impft Simone in Deutsch und außerdem helfen sie sich auch sonst noch!
Julia hat mir nie etwas besonderes erzählt aus dem Gymnasium, aber Simone ist wohl doch so etwas wie eine Freundin, Vertraute.
Sie sitzen im Wohnzimmer, befragen, antworten und verschlingen Unmengen von Chips, Schokoriegel, trinken literweise Saft und Tee und hören dabei unmögliche Musik aus dem Radio.
Simone ist knapp einsachzig hoch – die Mädchen sind alle so groß - in guter Figur, kann mollig werden, wenn sie so weiter mampfen. Gefärbte, kurze, blonde Haare, Lausbubengesicht, liebenswerte, große Sommersprossen um die Nase und modisch gekleidet. Grau – braun – schwarz, diese konservative Hip-Hop Kleidung. Flippig – elegant! Julia ist die völlige Außenseiterin in ihrem Eigengeschmack in Sachen Kleidung.
Hm, es ist das erste Mal, dass Julia jemand mitgebracht hat, hier nach Hause. Fleißig sind sie, auch verkichert; kenne Julia von dieser Seite gar nicht so!
Nur ein Risotto mit Pilzen bereite ich für die zwei und Simone sieht sich alles ganz genau an, auch mich!
Ich weiß, die Schule redet über Julia und mich und Simone grübelt beim Essen. Wie ich Julia bediene, mit welchem Selbstverständnis sie es annimmt. Wie Julia mich liebkost, bestreichelt und beküsst sobald ich in ihrer Nähe bin und hey, ich glaube Julia ist ein bisschen eifersüchtig, weil mich Simone so beaufmerksamt. Ist wahr, Simone sucht, sucht was Julia an mir findet. Julia hat eine Flasche Roten – Rotwein aus der Pfalz – geöffnet und James Carters neue CD aufgelegt und zwar gleich mit dem Wahnsinns-Dritten-Stück „Manoir De Mes R’eves“, das ziemlich beeindruckt wegen dem Bass-Sax, aber auch in seiner Tangomentalität.
Simone hat sich wohlfühlend niedergelassen, den Rücken an den großen Sessel gelehnt, streckt sie ihre Beine den Boden entlang. Julia sitzt anständig in dem Sessel, lässt Simone und mich nicht aus den Augenwinkeln. Lasse die beiden in der Musik, gehe in die Küche, um eine kleine Aufräumung zu veranstalten, habe nämlich keine Lust, morgen Früh rum zu machen. Weiche die Reispfanne ein, wiener die Edelstahlspüle, beginne den Geschirrspüler einzuräumen, da wird mir ein Teller gereicht und noch einer und Simone sagt, dass sie mir ein bisschen hilft. Sie ist ja auch noch, mein Gott, so jung. Solche Haut wünsche ich mir, sie riecht nach Mädchen und, du meine Güte, die seidigen Haare und sie trägt ihren beachtlichen Busen sehr hoch und… „Das hätte ich dann schon gemacht!“ trompetet Julia aus dem Türrahmen. „Schon fertig“ sage ich, „schon fertig!“
„Louis, ich fahre s,Simone nach Hause, willst du mit?“
„Wollt ihr nicht noch einen Espresso?“
Simone nickt erfreut.
„Wir können doch beim „Juan Carlos“ einen trinken, Louis!“
Sie will Simone aus der Wohnung haben, das ist alles, sie ist eifersüchtig! Julia fährt schnurgerade in die Straße, in der Simone wohnt und lässt sie, nach einer erneuten Verabredung, aussteigen, startet durch, sagt nix, hält vor dem „Juan Carlos“.
„Mir gehörst du, hörst du!“
„Julia!“
„Ja, ja, ja, ich habe schon gesehen, wie du ihr auf den Busen geschaut hast!“
„Bist du eifersüchtig, Baby?“
„Ja genau, du Blödmann!“
„Und wenn die Simone zwanzig Brüste hätte, gegen deine heißen Himbeeren…“
„Oh Louis, ich kann doch nichts dafür, dass ich dich s,so liebe!“
Und dann nehmen wir uns den Tisch hinten in der dunklen Ecke, der eigentlich nur für Juan Carlos Familie ist, und der Juan Carlos zündet uns eine Kerze an, stellt die Karaffe Roten dazu, schenkt ein, stößt mit uns an und sagt: „So verliebt wie ihr zwei ist nur noch der Rotwein in den Käse“ und Julia lacht und natürlich bin ich der Käse.
Julia erzählt über Simone und dass Simone die Einzige ist, die sie… Sie unterbricht, schaut zur Türe, bedeutet mir, ruhig zu sein und stößt hervor: „Meine Eltern, Louis!“
Tatsächlich, und Juan Carlos setzt sie Gott sei Dank an das Schaufenster. Auf keinen Fall soll ich sie an unseren Tisch bitten und sehen sollen sie uns auch nicht, will Julia.
„Ich habe der Mama von „Juan Carlos“ erzählt, Louis“
„Ja und?“
„Du weißt nicht, wie s,sie zusammen sind!“
„Ich finde das nicht gut, weißt du, Julia!“
„Louis, das wird bloß peinlich und langweilig… s,Schau mal, wie die da s,sitzen!“
Sie sitzen wie Eheleute, die sich nicht mehr soviel zu sagen haben, sich aber durchaus verstehen. Ich weiß, wie das abläuft, oh Gott!
Volker bestellt sich ein Bier, Tanja mokiert, denn beim Italiener kann man auch mal einen Rotwein trinken. Volker will sich ein Schnitzel.
„Du mit deinem ewigen Salat, von dem Wein bekomme ich Sodbrennen.“
Man einigt sich, wenn auch mit verkniffenen Gesichtern. Volker – Schnitzel – Pommes – Bier. Tanja Bardolino – Tagliatelle mit Spinat. Sie reden nicht während dem Essen und Julia rückt an mich heran mit großen Augen und sagt: „Schau, doch mal, wie arm die s,sind!“
„Julia, das kannst du so nicht sehen, die kennen sich schon so lang und da wirst du…..“
„Du wirst nie so, Louis, gib es zu!“
„Nein, natürlich werde ich nie so, weil ich nämlich so schon war.“
Und dann küssen wir uns ganz rotweinlich und gehen hinüber zu den beiden.
Dieser November ist eher ein April. Sonne, Regen, grau im Stundentakt und mild, mild wie ich es bisher noch nicht erlebt habe und wenn ich das dann Julia erzähle, dass früher eben vieles anders war, dann sagt das Luder, ich sei auch ihr Opa. Aber dennoch hält sie dann still, hört zu, wenn ich ihr von den heißen Sommern erzähle, ein brennender Staub der Heuernte, den Wintern, die so kalt waren, dass man die Kinder nicht in die Schule schicken konnte und dass jede Jahreszeit ihre Aufgabe hatte und Julia sagt: „s,Schau, ein junger Mann würde das alles nicht wissen!“
Was soll ich dazu sagen? Ich muss es endlich einfach akzeptieren, dass sie mich liebt!
***
Louis hat mir ein elegantes, s,schwarzes, liniertes Buch gekauft, in dem ich Tagebuch führen s,soll. Ich weiß, wie das abgeht, wir reden nicht mehr miteinander, wir „erlesen“ uns, ein jeder in des anderen Tagebuch. Meine s,Songtexte und Gedichte s,schreibe ich da hinein und, wenn er will, auf jeder zweiten Seite, dass ich ihn liebe.
Louis hat mich doch tatsächlich s,so weit gebracht, dass ich eigentlich wieder ganz gerne lerne und, ehrlich gesagt, macht es mir s,Spaß mit s,Simone.
S,Simone redet von Louis und will das und das wissen, und warum Louis s,so ist, und ihr Vater im s,selben Alter völlig daneben. S,Simone sagt, ich hätte mit Louis einen Glückstreffer gehabt, aber ich wollte s,so ein Mensch für mich und ich habe Louis entdeckt, weil ich wusste, was ich wollte. Die s,Simone fragt mich s,Sachen, die ich ihr nicht beantworte. Zum Beispiel, wie ist das im Bett und ob ich ihn s,schön finde, eigentlich nur alles, was s,sein Alter betrifft. s,Simone kapiert nicht die Männer, s,sie meint, der Mann ist s,sowas anderes, aber er ist bloß ein Mensch mit einem Schwänzchen! (Das ist gut, s,schreibe ich für Louis auf).
Читать дальше