Cristina Fabry
Kirche am Abgrund
Kurzkrimis 2017
Dieses ebook wurde erstellt bei
Inhaltsverzeichnis
Titel Cristina Fabry Kirche am Abgrund Kurzkrimis 2017 Dieses ebook wurde erstellt bei
Vorwort Vorwort Kirche am Abgrund Kurzkrimis 2017 – von Cristina Fabry Die vorliegenden Kriminalgeschichten, die nahezu alle im evangelischen Milieu angesiedelt sind, wurden bereits auf www.blogger.de in dem Blog „Kurzkrimi ev.“ unter dem Blogger-Namen c.fabry veröffentlicht und sind alle im Verlauf des Jahres 2017 entstanden. Es liegt bereits eine Sammlung der Geschichten aus 2016 unter dem Titel „Kirche im Dunkeln“ als E-book vor. Zum Ende des Jahres 2017, Cristina Fabry
Blutige Bibelwoche
Dachschaden
Kabarett
Rumpelstilzchen
Aufforderung zur Fanfiction
Pest oder Cholera
Anja in der Pfütze
Die zweite Posaune
Böser Onkel
Onkel Otto
Alles wegen B., weiblich
Ketzerkoketterie
Lennart
Fünfzehn Siebzehn
Kita-Cluedo – Kurzkrimi zum selbst Ermitteln
Kita-Cluedo – Auflösung – Die Geschichte hinter der Geschichte
Gemeinschaft der Heiligen
Ein Gugelhupf für ein Gospelsolo
Giftpfeile
Terry und der Tote im Wald – ein nicht ganz ernst gemeinter Kurzkrimi der Siebzigerjahre
Kurschuss schreibt, Lenz antwortet
Am Anfang war das Wort
Silberkonfirmation
Vulkanausbruch
Abraham ist schuld
Für immer Prag
Frei nach Heinrich Heine ;-)
Holy sonnett No 1
Pfarrkonferenz in alphabetischer Reihenfolge
Heiliges Sonett Nr. 2
Paarreim
Fast ein Elfchen
Morgens gelesen, abends vergessen – frei nach Bert Brecht
Der Abend nach dem Morgen
Alice im Flunderland
Werkstatt-Gottesdienst
Troll
1975
Rotary
Ohne Tote
Ohne Tote – die Fortsetzung – für Dreadpan – quasi als Totensonntagsgeschenk
Ganz schön WÜST
Alarm wegen Killerkeimen – ein Millieu-Kurzkrimi
Private Investigations
Posttrauma
Tölpel, die in Flüsse fallen - abgeschlossener Kurzkrimi
Impressum neobooks
Kirche am Abgrund
Kurzkrimis 2017 – von Cristina Fabry
Die vorliegenden Kriminalgeschichten, die nahezu alle im evangelischen Milieu angesiedelt sind, wurden bereits auf www.blogger.dein dem Blog „Kurzkrimi ev.“ unter dem Blogger-Namen c.fabry veröffentlicht und sind alle im Verlauf des Jahres 2017 entstanden. Es liegt bereits eine Sammlung der Geschichten aus 2016 unter dem Titel „Kirche im Dunkeln“ als E-book vor.
Zum Ende des Jahres 2017, Cristina Fabry
Montag, 29.03.1982:
Der Saal des bescheidenen Gemeindehauses von Eichholz füllte sich mit den üblichen Verdächtigen. Zur Bibelwoche, die sich in diesem Jahr mit dem Propheten Eliah befasste, erschien am Montag neben dem überschaubaren harten Kern aus Bibelkreismitgliedern, Presbyteriumsmitgliedern und einigen Sonderlingen der gesamte Posaunenchor, der einmal im Jahr seine Chorprobe den vulgärtheologischen Bemühungen um das Alte oder Neue Testament opferte. Natürlich begleiteten die Bläser die Lieder, die zu Beginn und am Ende der Veranstaltung gesungen wurden, auf dem ihm üblichen unprofessionellen Lärmpegel, bei dem sogar stimmfeste Sänger sich auch dann selbst nicht hören konnten, wenn sie sich die Seele aus dem Leib krähten. Alle hassten es und alle ertrugen es, weil es nun einmal so dazu gehörte. Der Posaunenchor in der Petrikirche der Kreisstadt hätte das wohl besser hinbekommen, aber deren Chor wurde vom Bundesposaunenwart des CVJM-Westbundes höchstpersönlich geleitet. Hier in Eichholz und im benachbarten Hemmingbeeren, war man froh, wenn man überhaupt noch Nachwuchs-Bläser rekrutieren konnte.
Pastor Friedewald las heute Abend aus dem 1. Buch der Könige das siebte Kapitel. Es ging darum, wie der Prophet am Bach Krit von Raben mit Essen versorgt worden war und dann zu einer Witwe geschickt wurde, der ebenfalls die Lebensmittel ausgegangen waren. Eliah gab den göttlichen Magier und wie in einer Frühform des grimmschen Märchens vom süßen Brei, gingen der Witwe Mehl und Öl nicht mehr aus, so viel Brot sie auch daraus buk. Dann wurde ihr Sohn sterbenskrank und der Prophet machte das Kind wieder lebendig, indem er sich drei Mal hintereinander auf den kranken Jungen legte. Kathrin bekam feuerrote Ohren bei dieser Bibelstelle und biss sich ihrem pubertären Lachzwang trotzend auf die Unterlippe. Hatte Eliah das Kind ins Leben zurück gevögelt? Das konnte doch unmöglich gemeint sein, aber die Bilder drängten sich ihr auf und es wurde auch nicht besser, als sie versuchte, an etwas Anderes zu denken, denn dabei stellte sie sich vor, wie es wohl wäre, wenn Pastor Friedewald sich drei mal hintereinander auf sie legen würde und sie wusste nicht so recht, ob ihr Herz jetzt vor aufkommender Übelkeit raste oder ob sie die Vorstellung erregend fand, denn Friedewald war einer dieser smarten Pastoren, die sich für Jugendarbeit einsetzten und in jeglicher Hinsicht neue Wege gingen. Dass er darüber hinaus auch noch recht gut aussah und regelmäßig Sport trieb, machte ihn zu einem beliebten Ziel weiblicher Begehrlichkeiten. Aber Kathrin geriet nicht ernsthaft in Versuchung, denn sie war rettungslos den großen, braunen Augen Matt Dillons verfallen und seinem unvergleichlichen, jugendlichen Rocker-Charme, den er in dem Teenie-Film „Kleine Biester“ versprüht hatte. So etwas wurde einem in der ostwestfälischen Provinz natürlich nicht geboten, schon gar nicht in Eichholz oder Hemmingbeeren.
Als sie sich endlich zusammenriss und dem Theologen wieder zuhörte, steckte der mitten in seinem exegetischen Vortrag, der ohne Spuren zu hinterlassen, an ihr vorbeirauschte. Dann gelangte er zur Auslegung und verlieh seinem Staunen über Eliahs grenzenloses Gottvertrauen Ausdruck. Nun waren die Anwesenden aufgefordert, Fragen zu stellen oder ihre Ansichten zu äußern. In dieser Phase suchten erstaunlich viele Gäste das stille Örtchen auf, weil sie es nicht ertrugen, wenn Friedel Muesmann wichtigtuerisch in seiner abgegriffenen Studienbibel herumblätterte und mit Querverweisen um sich warf, die was auch immer beweisen sollten, vermutlich nichts anderes als seine große Belesenheit und seine unanfechtbare Frömmigkeit.
„Wir vertrauen heutzutage alle viel zu sehr auf die Wissenschaft und unseren Verstand und vergessen, dass wir ohne unseren Schöpfer gar nichts sind.“, schloss er seine Ausführungen.
In Kathrins Eingeweiden kochte schon seit Minuten der gerechte Zorn und der Drang des entschiedenen Widerspruchs. Sie meldete sich zu Wort. Der Pfarrer strahlte vor Begeisterung, dass eine Jugendliche sich an der Diskussion beteiligen wollte, die älteren Damen fanden, dass die Göre sich gefälligst hinten anstellen sollte und brachten dies durch ihre missbilligenden, versteinerten Mienen zum Ausdruck. Kathrins Herz hämmerte vor Aufregung, nun vor so vielen Erwachsenen frei zu sprechen, sich dabei kurz zu fassen und die richtigen Worte zu finden. Sie sagte: „Gott hat doch auch unseren Verstand erschaffen. Dann müssen wir ihn doch benutzen.“
„So etwas steht aber nicht in der Bibel!“, fuhr Friedel Muesmann ihr über den Mund.
Nun begann eine hitzige Diskussion, denn auch das eine oder andere Posaunenchormitglied wollte die Arbeit der Wissenschaft und den gesunden Menschenverstand nicht missen und die Fundamentalisten erlebten sich schon bald in der Minderheit, was perfekt mit ihrem Bild vom selbst gewählten Martyrium übereinstimmte.
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