Aber heute gelang es Dana, riskierend erwischt zu werden, die Taschen der Gaffer in der Menge vor der Jahrmarktsbude zu durchstöbern, und nicht ohne Erfolg. Das war „Probe der Feder“.
Am nächsten Tag gegen Nachmittag bereitete sie sich wieder zum Gewerbe vor. Kaum setzte sie den Hut auf, als ins Zimmer ein beleibter Mann mit rotem Gesicht reinplatzte. – Verwalter und Liebhaber der Witwe, Herr Chaja.
- Na was, Rumtreiberin, bereite dich vor, wir fahren nach Hause, - pustete er, sich ans Türgestell stemmend.
Dana, ihn mit einem verächtlichen Blick messend, drehte sich weiter vor dem Spiegel.
- Komm, sage ich. Mutter wartet, sagte drohend im Basston Herr Chaja.
- Sie ist mir keine Mutter. Und du bist überhaupt Niemand für mich. Verschwinde, sagte Dana kalt, die Handschuhe anziehend.
Ein betäubender Schlag ins Genick warf sie um. Dana fuchtelte hilflos mit den Händen und fiel hin die Lippe am Toilettentischchen aufgeschlagen. Zu sich kam sie erst im Zug, im wagen der dritten Klasse. Irgendwelche Alte trat ihr schmerzhaft auf den Fuß, was das Mädchen endgültig zur Besinnung gebracht hat. Der Verwalter, saß nebenan, aß mit einem stumpfen Gesichtsausdruck eine Zwiebel. Dana bewegte sich nicht, die Lage und die Fluchtmöglichkeit einschätzend. Da erschienen hinter den schmutzigen Fensterscheiben die Türmchen des Hauptstadtbahnhofes, und ihr wurde klar, dass sie von hier nirgendwohin wegläuft.
Zu Hause angekommen, wie sie es auch geahnt hatte, musste Dana furchtbare Schläge ertragen, nach denen sie etwa einen Monat sich draußen nicht zeigte. Am ersten Mal ging sie in die Bäckerei. Dort stand an dem Ladentisch, wie immer der wunderschöne, aber für sich jeglichen Wert verlorene, Simon. Dana erblickt, entflammte er, wie ein Mädchen, und erkundigte sich mit zitternder Stimme, was sie möchte.
Das Mädchen, schweigen auf das Langbrot zeigend, legte methodisch das Geld auf den Ladentisch. Der unglückliche Simon, nah das Brot vom Regal, ließ es aber sofort fallen. Der Vater, das sich ereignete bemerkt, schob den verwirrten Sohn mit dem Bauch vom Ladentisch weg:
- Geh – geh, ich bediene selbst das Fräulein.
Gelassen das Brot genommen, drehte sich Dana um und ging ruhig aus der Bäckerei. Von da an hörte der junge Mann, wie auch seine Familie, für sie auf zu existieren.
Es sind kaum zwei Monate vergangen und Dana verlor für irgend - was, außer dem Schlaf, jegliches Interesse. An einem Tag, der sich wegen Eintönigkeit durch nichts von den vorigen unterschied, kam Lady Rosalie unerwartet zu der Witwe Cohn zu Besuch. Der armen aber außerordentlich eleganten Dame, die noch vor kurzem ihr intimster Freund war, im Treppenhaus begegnet, machte Dana nur einen lächerlichen Knicks und lief in die Küche, die rau gewordene Hände unter der Schürze versteckend.
Frau Natali, sie mit einem traurigen Blick begleitet, stieg hoch ins Zimmer, dass mal das Kabinett des Hausbesitzers war. Jetzt war die Witwe Klaudia das Oberhaupt der Familie. Sie führte die Geschäfte an Stelle ihres verstorbenen Mannes, und, man muss sagen, auf Grund ihrer angeborenen Abgeschmacktheit und Frechheit, gelang es ihr ziemlich gut.
Lady Rosalie erreichte die Hauswirtin zu Hause am Tisch sitzend, in schwarzer Witwe Haube. Auf Klaudias Finger war ein Ring des wirkungsvollen Schlüsselbundes.
- Was wollen Sie? – wandte sie sich unfreundlich an die Besucherin, ohne vorzuschlagen sich zu setzen.
- Ich bin zu Ihnen mit einer Führbitte für Ihre Tochter gekommen, begann Rosalie weich lächelnd, als ob sie den feindlichen Ton der Wirtin nicht bemerkte. Ich habe schon mehrmals mit ihrem verstorbenen Mann über die Notwendigkeit ihrer Tochter eine gute Bildung zu geben gesprochen. Er verwies immer auf das Fehlen von Mitteln. Vorige Woche erhielt ich einen Brief, aus dem ich über die schwere Krankheit meiner ehemaligen Patronin erfuhr. Diese hochgestellte Dame – aus persönlichen Gründen möchte ich ihren Name nicht nennen – wünschte sich mit mir auf dem Todesbett treffen. Der Grund ist mir bekannt, aber ich will mich nicht in unnötige Kleinigkeiten eingeben. Somit werde ich in kürze Warschau verlassen müssen.
- Kann es kaum erwarten, - unterbrach sie Klaudia zänkisch. – Ihr Häuschen haben sie natürlich schon verkauft? Ansonsten finde ich Interessenten…
- Über das Häuschen machen Sie sich keine Sorgen, - sagte Rosalie ruhig, den Handschuh zupfend. – Es geht um etwas anderes. In den Jahren meines Lebens hier habe ich viel gearbeitet und bescheiden gelebt. Dadurch gelang es mir eine solide Summe zu sparen, genügend dafür, um wenigstens eine bescheidene Pension für ein junges Fräulein zu besorgen.
- Ihre Sparsamkeit in allen Ehren, aber was habe ich damit zu tun? – begann sich die Witwe zu reizen, die es eilig hatte den erlangten Profit für den geschmuggelten Brokat zusammenzurechnen.
- In diesem Zusammenhang möchte ich Sie um Erlaubnis bitten Ihrer Tochter zu erlauben, mich nach Russland zu begleiten. Ich verspreche Ihnen, dass sie unter Aufsicht sein wird und wenn wir ankommen, wird sie in ein angesehenes Pension um Erweiterung der Bildung eintreten – in Russland ist es etwas billiger als in Europa. Ich beteure Ihnen, um dem Mädchen eine glückliche Zukunft und eine ordentliche Partie zu garantieren, man keine bessere Mittel findet.
Klaudia begriffen, wohin die Gesprächspartnerin hinaus will, kniff verekelt die Augen zusammen.
- Weist du was, Schätzchen? Alle Ihre, angeblich, „edelmütige Bildungsmaßnamen“ führen die jungen Mädchen zu nichts anderem, als nur auf Unterhalt und Vergeudung zu leben. Nein, Dana – Dora – Esther bleibt in Warschau, heiratet einen ordentlichen Herr und wird sich mit dem Haushalt beschäftigen. Und wenn sie nicht heiratet, ist auch gut, zusätzliche Hände sind in der Wirtschat nicht übrig.
- Aber Sie verstehen doch, Talent wird dem Menschen nicht dafür gegeben, dass er es in alltäglicher Fadheit vergeudet. Das ist ungerecht – den Fähigkeiten sich zu entwickeln nicht geben.
- Natürlich, Liebste, - widersprach die Witwe giftig. – Sehe, wie weit du dich entwickelt hast. Ins Zuchthaus gehörst du. Junges Blut wünschst du dir! Raus hier, Aß!
Drohend und theatralisch mit den Augen blitzend, zeigte Klaudia mit dem Finger auf die Tür, hinter der man sofort ein Geräusch hörte.
Lady Rosalie, sich mit Würde erhoben, verabschiedete sich schweigend. Sie ging die Treppe hinunter, hoffend unterwegs ihren Zögling zu treffen, um sich von ihr zu verabschieden. Dana, die die Möglichkeit diese historische Unterhaltung zu lauschen nicht versäumte, saß jetzt hinter dem Ofen, die Tränen auf den Wangen verschmierend.
Lady Rosalie fuhr am nächsten tag ab. Es gelang ihnen doch noch sich zum Abschied zu sehen Dana stand mit einem Steingesicht, die Augen zur Erde niedergeschlagen, fürchtend den Mund zu öffnen und durch zittern der Stimme ihre Gefühle zu verraten. Lady Rosalie, der ohne Worte alles klar war, sagte zurückhaltend zum Abschied einige warme Worte zum Abschied:
- Dana – Esther, ich weiß nicht, wie sich dein Schicksal ergibt. Um eins bitte ich dich – verliere nie den Glauben an dich. Nur mit eigenen Händen kann man sich ein würdiges Leben erbauen. Und Hände hast du goldene.
Lady Rosalie drückte warm die dünne, lange Finger des Zögling und, fügte hinzu, sich in die Kutsche setzend; Und das Spielen auf dem Klavier vergiss nie.
Ein halbes Jahr später hat sich Danas Leben wieder grundsätzlich geändert. Das kleine Haus gegenüber, in dem die Weißnäherin Rosalie lebte, wurde von der Witwe Cohn, die mit jeder Stunde reicher wurde, gekauft. Nach der gründlichen Renovierung und Einrichtungen umwandelte es sich in ein wunderschönes Nestchen. Zuerst planierte die Witwe es für den dreifachen Preis den Emigranten, von denen es in jenen Jahren Massen gab, zu verkaufen. Nach Beratung mit der ältesten Tochter, die wieder in der Rolle einer Luxusdame war, änderte die Witwe ihre Entscheidung und gab es Barbara ab. Die hat das Häuschen für ihre habsüchtigen Ziele verwendet, sie empfing da die „auserwählte“ Gesellschaft.
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