Speziell diese wurden besonders stark geschützt. Um Kamikazefahrer hier keine Chance mehr zu geben ihre Ziele anzugreifen, wurden überall an allen Straßenecken Schützenpanzer mit Maschinenkanonen und Raketen in Stellung gebracht. Infanteristen partroulierten mit vollem Gerödel durch die Strassen und besetzten markante Punkte mit kleinen Trupps. Kampfhubschrauber kreisten über der Stadt, manche flogen im Tiefflug durch die Schluchten der Strassen.
Die amerikanischen A -10 Thunderbolts waren ebenfalls in der Luft. Die amerikanischen Kasernen, Überbleibsel des kalten Krieges, waren nicht von den Vorfällen verschont geblieben. Mehrere Personen hatten in Amokmanier die Eingänge der Kasernen gestürmt und dabei etliche Mops getötet. Die Nachrichten aus ihrer Heimat, auf der anderen Seite des Atlantiks, ließen auch sonst nichts Gutes ahnen. Allerorten dasselbe Bild. Partroulierende Soldaten in New York – bis Los Angeles.
In Frankfurt war aber schon um 9.00 Uhr alles besetzt, was es zu besetzen gab. Die Maschinen waren zu ihren Basen zum Nachtanken zurückgekehrt und bisher schien alles ruhig.
Als der deutsche und der amerikanische Kommandeur dann um 9.15 Uhr die Lage sondierten und das gemeinsame Vorgehen besprachen, waren sich beide einig, dass der Spuk wohl vorüber sei. Da man aber Befehl hatte bis Montag „Ausnahmezustand zu spielen“ kam den beiden eine Idee. Die Truppen hatte durch die Sparmassnahmen der letzten Jahre etwas an Manöverkapazität eingebüsst.
Besonders ein so groß angelegtes und von „Oben“ befohlenes Manöver, wie es jetzt gerade ablief, war die Gelegenheit für eine zünftige Übung. Deutsche Divisionen und Amerikanische, die im Gefecht der verbundenen Waffen eine Übung abhalten konnten, gab es nur noch selten.
Der Befehlshaber der Deutschen war Brigadegeneral Manfred Hauser; sein Kollege war ein gleichrangiger Offizier mit Namen Philip Jackson. Beide waren Kinder des kalten Krieges. Nach dem Golfkrieg war Jackson zum General ernannt worden, seitdem polierte er mit seinem Arsch nur noch Schreibtischstühle in Einheiten, die bald aufgelösten werden sollten. Hauser kam durch den Konflikt auf dem Balkan zum goldenen Eichenlaub. Für ihn stimmte schon seit Jahren nichts mehr in seiner Welt. Während er in Jugoslawien seinem Land gedient hatte, lernte seine Frau einen Anderen kennen. Als er zurück kam, stand er dann vor dem Scherbenhaufen seiner Ehe und er stürzte ziemlich tief ab. Er hatte Depressionen, sah keinen Sinn mehr in seinem Leben und wollte am liebsten alles hingeschmissen.
Beide Männer hatten eines gemeinsam. Sie waren aus tiefster Überzeugung in die Armee eingetreten und waren Offiziere vom Scheitel bis zur Sohle. Das Militär war ihr Leben und sie sahen sich selbst als Nachfolger von Soldaten, die sich in früheren Schlachten einen Namen gemacht hatten. Generäle wie George Patton, „Ike“ Eisenhower und Erwin Rommel, das waren noch Zeiten als noch der Mut der Soldaten eine Schlacht entscheiden konnte, ohne elektronische Stützräder und Atomaren Overkill.
Diese beiden Haudegen waren jetzt durch einen Zufall am Drücker. Sie waren einfach da als der Scheißdreck anfing und als ranghöchste Offiziere hatten sie jetzt das Kommando über ~ 45000 Soldaten, 200 schwere Panzer , 290 Schützenpanzer und Waffenträger, 2 Dutzend Tornado Jagdbomber, 150 Panzerabwehrhubschrauber und jede Menge Ari. Dazu Munition für tagelanges Dauerfeuer und die Vollmacht jeden Tropfen Treibstoff zwischen Nordsee und der Zugspitze zu konfiszieren.
„ Wir sind wohl jetzt die Chefs hier “,: sagte General Jackson zu seinem Kollegen Hauser, als sie von ihren Bataillons-Kommandeuren den Vollzug der bisher angeordneten Befehle gemeldet bekommen hatten.
„ Wir kontrollieren jetzt jede verdammte Brücke, jede wichtige Fabrik und alle Verkehrsknotenpunkte im Rhein-Maingebiet “.
„Ja“,: sagte Hauser, „ Sieht aus als ob kein Köter einen Haufen scheißen kann, ohne das wir das mitkriegen. Die AWACS sind in der Luft. Nichts ungewöhnliches. Die Russkies waren es diesmal scheinbar nicht. Wenn man bedenkt, dass wir das alles mal angeschafft haben und sie nicht für die größte Mobilisierung seit dem Zweiten Weltkrieg verantwortlich sind, schon komisch “.
„Ich will gar nicht wissen wie es jetzt bei denen aussieht. Die hatten bestimmt auch einen solchen Zinnober wie wir hier . Kann uns aber auch egal sein, wir haben beide den Auftrag hier für Ordnung zu sorgen und das haben wir auch gut hingekriegt. Wie geht’s denn jetzt weiter. Wir können 45000 Soldaten nicht 3 Tage lang nur Löcher in die Luft kucken lassen“.
„Wie meinen sie das. Wir können die Leute doch nicht nach Hause schicken, wir haben Befehl ...“
„Aber nein Herr Kollege. Aber wann bekommen wir die nächste Gelegenheit noch mal über soviel Material zu verfügen. Dazu noch die absolute Befehlsgewalt um alles tun zu können was wir wollen..“
„Jetzt werden sie mal konkreter Mr.Jackson. Was sollten wir den ihrer Meinung nach mit dieser Situation anfangen“.
„Ist doch ganz klar“. Er wandte sich zu den übrigen Kommandeuren und meinte nur lapidar .
„Sie dürfen draußen eine Zigarettenpause machen. Danke“.
Die Offiziere gingen etwas irritiert hinaus. Sie waren froh das bisher nichts passiert war und das letzte was sie jetzt gebrauchen konnten, waren zwei alte Schlachtrösser, die mit Milliardenwerten in einem riesigen Sandkastenspiel den „alten“ Zeiten frönten.
Als alle gegangen waren und nur noch die beiden Generäle im Raum waren, setzte Jackson sein schönstes Grinsen auf, das sein altes Gesicht hergab und meinte :„ So Kamerad, ist doch klar was wir jetzt machen. Wir können bis einschließlich Montag soviel Sprit verfahren und Überstunden schieben lassen wie wir wollen. Keinen Bürokraten wird das hinterher interessieren. Ich bin jetzt seit fast 30 Jahren in der Armee und hab davon 2 Jahre in Vietnam und 1 Jahr am Golf gekämpft. Seitdem habe ich nur Papierkrieg um Altlastentsorgung und Abkommandierungen geführt. Wie sieht es bei ihnen aus Herr Kollege, sie haben doch bestimmt auch Lust auf eine kleine Übung unserer Truppen“.
„Ich verstehe nicht Herr General, wir können doch nicht einfach so, ohne Befehl. Das geht doch nicht“.
„Hat die Bundeswehr nicht auch Probleme mit der Ausbildung und wann hatten sie eigentlich das letzte Mal ein Kommando wo sie nicht nur ein Paar LKW mit Zelten und Medikamenten durch die Gegend fahren ließen“. Er schnaufte und hatte ein ganz rotes Gesicht bekommen. Aus seiner Jackentasche fummelte er sich eine Zigarre und steckte sie an. Hauser, der Nichtraucher war, lehnte die anbietende Geste ab und Jackson erzählte weiter :„ Ich werde meinen Dienstposten in 2 Jahren selbst wegkommandiert haben. Dann bin ich im Ruhestand. Ich denke das wir beide die Chance nutzen sollten um wenigstens noch dieses eine Mal aktiv zu sein. Wir könnten hier im Osten von Frankfurt ein Paar Übungen durchführen. Keine großen Aktionen“.
„Na ja. Was haben sie denn jetzt genau vor. Wenn es nur um ein Paar Truppenbewegungen geht. Bei dem Trubel der momentan herrscht, fällt ein bisschen mehr auch nicht auf. Aber was sollen wir üben.
Flussüberquerung mit Luftlandetruppen kombiniert? Panzervorstöße? Vorbereitendes Artilleriefeuer?“
„Aha! Jetzt klingen sie wie ein Deutscher Soldat“. Er blies den blauen Dunst nach oben und klatschte sich auf die Schenkel . „Ja, so was in der Art. Wir haben hier zwischen Wiesbaden und Frankfurt ein Paar Einheiten. Hinter Hanau sind einige Truppen. Allerorten gehen die Aufräumungsarbeiten weiter und wir sichern. Die Innenstadt von Frankfurt haben wir im Griff. Wir könnten die Truppen in Ostfrankfurt und westlich von Hanau üben lassen. Sie können den Main mit einer Pioneerbrücke überqueren und die Panzer stoßen Richtung Hanau vor. Wir lassen Truppen mir Hubschraubern absetzen, die fiktiv die Innenstadt von Hanau nochmals besetzen sollen“ . Er sah von der Karte weg und meinte mit einer lässigen Handbewegung: „ Wir schießen natürlich nicht und alles dient dem Ausloten der Leistungsgrenze der Truppe. Wenn sie einverstanden sind, werden meine Jungs und ihre zusammen üben und wer weiss wozu es gut ist“.
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