Tja, das hatten sie ja in den vergangenen Jahren schon öfters gehabt. Aber warum hatte sie nur so ein ungutes Gefühl dabei?
Kapitel 5
Kai saß mittlerweile bereits in seinem Büro in der Firma und holte Erkundigungen ein. Dabei benutzte er einen Decknamen, der ihm schon oft genug geholfen hatte, denn es war nicht angesagt, die Recherchen unter seinem richtigen Namen abzuwickeln. Sein Alias war allen als kleiner Detektiv bekannt, der meistens Fälle von Ehebruch und Diebstählen in Firmen verfolgte. Da sein Aussehen für diese Rolle viel zu auffällig war, hatte er, als er diese Deckung aufbaute, tatsächlich einen Detektiv bei den Leuten vorsprechen lassen. Der wusste damals nicht im Entferntesten, wer eigentlich sein Auftraggeber war, aber da er sehr gut bezahlt wurde und die Arbeit einfach war, hatte der Mann willig die gewünschten Recherchen durchgeführt und fleißig die falschen Visitenkarten vorgezeigt.
Nachdem der Name dann überall ein Begriff war und der Vorzeigemann auch zahlreiche Leute zum Essen ausgeführt hatte, konnte Kai damit beginnen, mit diesem Namen alle Informationen einzuholen, die er brauchte. Das funktionierte ganz gut, und da er seine Quellen nicht ausreizte und, ab und an, für die Leute in einem guten Restaurant ein nettes Abendessen servieren ließ, oder kostenlose Eintrittskarten für ein begehrtes Sportevent besorgte, gaben sie ihm alle willig Auskunft, wenn er hin und wieder einmal anrief und etwas wissen wollte.
Gegen Abend konnte er ein Fazit ziehen:
Die Frau war fünfunddreißig Jahre alt, ledig, hatte keine Kinder. Sie besaß ein Haus am Pandanus Strand im Stadtteil Manly, fuhr einen Porsche und war freischaffende Journalistin. Die Gespräche, die er mit den Leuten, die ihre Artikel annahmen, geführt hatte, verhießen nichts Gutes. Denn der allgemeine Tenor war der, dass diese Frau gnadenlos vorging und sich bereits viele Feinde unter ihren Kollegen gemacht hatte. Sie war berüchtigt dafür, dass sie Leute an den Pranger stellte und hatte schon etliche Enthüllungsgeschichten veröffentlicht.
Im Großen und Ganzen konnte sie niemand sonderlich gut leiden und die Redakteure der Zeitschriften druckten nur widerwillig ihre Stories. Da diese aber immer für Superauflagen sorgten, konnten sie nicht Nein sagen. Deshalb war sie nach wie vor gut im Geschäft und das zeigte sich auch an ihrem Kontostand. Seine erste Idee, diese Frau mit einer entsprechenden Summe abzufinden, um das Tagebuch zu erstehen, konnte er wohl abhaken. Mit Geld war sie vermutlich nicht käuflich.
Kai lehnte sich zurück und überlegte. Bei jedem Menschen gab es irgendetwas, das er unbedingt haben wollte und wofür er bereit war, gegen seine Prinzipien zu verstoßen. Jetzt lag es an ihm, bei dieser Frau herauszufinden, wo ihre Schwachstelle lag. Wenn er ihr das anbieten konnte, was sie wollte, dann ließ sie sich wahrscheinlich auf einen Handel ein. Seine schlanken Finger trommelten auf der Tischplatte, während er nachdachte. Es half alles nichts, er würde wohl oder übel ihre Bekanntschaft machen müssen. Mit einem tiefen Seufzer griff er zum Telefon.
Vor sechs Jahren hätte er damit noch kein großes Problem gehabt – aber die Zeiten hatten sich geändert und auch wenn er nicht immer treu war, so war sein Körper schon lange kein Objekt mehr, das er einsetzte, um an Informationen zu kommen. »Ich brauche dich heute Abend als Begleiter!«
Hashimoto runzelte die Stirn, als er den Anruf von Kai entgegennahm. Eigentlich hatten er und seine Frau Susi etwas anderes vorgehabt, aber sein bester Freund fügte hinzu. »Es ist dringend!«
Also hatte Susi das Nachsehen und musste alleine ins Theater fahren, was sie mit einem Achselzucken quittierte. Es kam äußerst selten vor, dass Kai die Dienste von ihrem Mann benötigte, aber wenn, dann war es immer etwas, bei dem er nur Hashimoto vertrauen konnte. Soviel an Auskunft hatte sie über diese Thematik in den Jahren, seitdem sie verheiratet war, erhalten. Aber um was es bei den Aktionen ging, erfuhr sie nie. Ihr Mann sie am Anfang gebeten, nicht weiter nachzufragen, wenn so etwas anstand, denn was er für Kai erledigte, unterlag meistens der Geheimhaltung.
Susi wollte es eigentlich auch gar nicht so genau wissen, was die beiden da dann taten, sie hakte diese seltenen Vorfälle einfach ab und genoss es, dass sie anschließend die nächsten Tage von ihrem Mann sozusagen auf Händen getragen wurde. Sie lächelte ihm nach, als er nach einem langen ausgedehnten Kuss zur Garage ging. Er würde sicher wieder einen großen Strauß roter Rosen mitbringen, wenn er zurückkam.
»Was ist los?« Der Japaner sah Kai fragend an, als der in sein Auto stieg. Schockiert hörte er zu, als der ihm erzählte, dass Fritz auf der Intensivstation lag.
»Und warum bist du dann nicht im Krankenhaus sondern sitzt hier im Auto? Hat das etwas mit Fritz zu tun?« Hashimoto kam gleich auf den Punkt zu sprechen.
Sein Freund sah ihn mit einem bittenden Ausdruck in den Augen, an. »Ich habe versprochen, nichts über die Sache auszusagen und du weißt, ich halte meine Versprechen. Du musst dich mit einem einfachen Ja begnügen. Und ich brauche dich heute, damit ich einen wichtigen Kontakt herstellen kann. Ich weihe dich in meinen Plan ein, während du fährst.«
Hashimoto fädelte sich durch den Großstadtverkehr und hörte aufmerksam zu, ohne irgendeinen Kommentar abzugeben. Er hatte keine Ahnung, was Kai mit dem Ganzen bezweckte, doch er würde tun, was ihm dieser sagte.
Eine knappe Stunde später betraten sie das anvisierte Lokal und setzten sich nach einem kurzem Rundumblick an die Theke.
Hashimoto hatte das Zeichen richtig interpretiert das ihm Kai gegeben hatte und zeigte auf die Barhocker. »Da ist noch ein Platz frei, komm mit.«
Nachdem sie bestellt hatten und die Getränke vor ihnen standen, fragte er. »Was ist jetzt eigentlich mit Fritz los? Hat er wirklich einen Herzinfarkt erlitten und liegt im Krankenhaus?«
Kai nickte und seufzte. »Ja, heute am frühen Morgen. Der Notarzt kam gerade noch rechtzeitig und jetzt liegt er auf der Intensivstation und ringt mit dem Leben. Ich weiß nicht, ob er durchkommt.«
»Um Gottes Willen! Aber wer leitet denn jetzt die Mine? Musst du das machen?«
Kai schüttelte den Kopf. »Das macht Patrick, sein Ex-Schwiegersohn. Der kümmert sich momentan um alles.«
Eine Weile schwiegen die beiden, dann hörte man ein leises Läuten. Kai zog sein Handy aus der Tasche und runzelte die Stirn. »Das ist das Krankenhaus, da muss ich rangehen.«
Hashimoto sah ihm mit besorgter Miene nach, als er durch die Türe nach draußen trat, um ungestört telefonieren zu können und seufzte dann laut und vernehmlich auf. Während er einen Schluck aus seinem Glas nahm, sah er sich im Lokal um. Die Blondine, die zwei Barhocker weiter saß, erwiderte seinen Blick und er nickte grüßend mit dem Kopf.
Als er sich wieder zu seinem Glas umdrehte, hörte er nur Sekunden später die Frage. »Entschuldigen sie, ich habe durch Zufall ihr Gespräch mitgehört. Kann es sein dass sie von dem Erzminenbesitzer Burke gesprochen haben?«
Überrascht drehte Hashimoto sich um und nickte dann mit leicht betretener Miene. »Ja, den hat es ganz schlimm erwischt.«
Er deutete Richtung Türe. »Mein Freund ist reichlich fertig, schließlich ist der Mann sein Mentor.«
Die Frau hatte interessiert zugehört und meinte dann. »Das tut mir wirklich leid.«
Und mit einem Blick auf die sich wieder öffnende Türe, fügte sie hinzu. »Ich wollte nicht stören!«
Kai sah mit fragender Miene von seinem Freund zu der fremden Frau, die da neben ihm stand.
Hashimoto erklärte. »Die Dame hat unser Gespräch gehört. Anscheinend kennt sie Fritz.«
Читать дальше