Wir brüllten: Jawohl! und rannten los. Alles rannte wie vom Teufel besessen die Treppen hoch auf die Stuben, den Stahlhelm auf den Kopf, das Gewehr gegriffen und dann ging es wieder auf den Appellplatz. Es mochten keine drei Minuten vergangen sein, als wir uns wieder auf dem Appellplatz einordneten.
Einer stand bereits vor der Front neben dem Spieß. Seht ihn euch an, sagte der Spieß, er war der Erste. Wie heißen Sie und wie alt sind Sie?
Der Kamerad antwortete: Kanonier Jäger, Herr Hauptwachtmeister, 33 Jahre alt.
Gut gemacht, Kamerad Jäger, treten Sie ein! Kanonier Jäger suchte sich seinen Platz.
Wachtmeister Wohlert, rücken Sie ab! befahl der Hauptwachtmeister. Wachtmeister Wohlert trat vor die Front. Sein erstes Kommando war: Ausbilder eintreten! Die Herren Ausbilder traten an den rechten Flügel. Dann sagte er ohne viel Aufhebens: Gewehr umhängen! Dann erst kam das Kommando: Stillgestanden!
Nun korrigierte er die Kameraden. Riemen anziehen! befahl er. Das Gewehr muss gerade hängen. Auf das Kommando: Richt euch! Gab es zunächst mal ein Schubsen und Drängeln, aber dann kam Ordnung in den Haufen. Der Wachtmeister stand am rechten Flügel und sah sich die Front an. Er korrigierte diejenigen, die ihren Bauch zu weit vorgeschoben hatten.
Augen gerade aus! Rechts um, im Gleichschritt Marsch! Kommandierte der Wachtmeister und der Zug kam in Bewegung.
Hinter dem Geschützschuppen, wo der Boden einigermaßen gerade ist, ließ er halten.
Ausbilder raustreten! befahl er. Alles andere nach vorn weggetreten! Dann ertönte seine Trillerpfeife. Sofort nahmen wir stramme Haltung ein und standen mit der Front zum Wachtmeister.
Wenn dieses Ding ertönt, steht alles wie angewurzelt im Stillgestanden. Verstanden? Wir brüllten: Jawohl, Herr Wachtmeister!
In Linie angetreten! War sein nächstes Kommando. Alle rannten durcheinander. Es gab wieder ein Schubsen und ein Schieben, weil der Flügelmann sich nicht vor ihm aufbaute. Erst als er das tat, konnte sich alles nach ihm ausrichten.
Nun nahm ein anderer Wachtmeister das Kommando. Marschieren und Singen, lautete die Devise des heutigen Dienstes, deshalb befahl der Wachtmeister: Rechts um, im Gleichschritt, Marsch! Nach kurzer Zeit rief er: Ein Lied!
Westerwald wurde vorgeschlagen. Und schon rief er: Drei, vier und es erklang das Lied, das wir schon einmal gesungen hatten. Als wir das Lied beendet hatten, stimmten wir ein neues an und so lernten wir Lieder, die vorher nur ein Teil von uns kannte. Dieser Dienst machte sicherlich allen Spaß.
Nach kurzer Zeit übernahm ein Unteroffizier das Kommando. Nach kurzer Zeit rief er: Abteilung Halt! Das klappt ja überhaupt nicht! rief er empört.
Nun ließ er anmarschieren und gleich darauf halten. Immer wieder übte er mit uns das Halten, aber es wollte nicht klappen. Er brachte ein wenig Verwirrung in den Haufen.
Wachtmeister Wohlert ließ den Unteroffizier ablösen und dieser atmete sichtlich erleichtert auf. Unser Stubenältester übernahm jetzt das Kommando. Er trat vor die Front, nahm Haltung an und es folgte das Kommando: Stillgestanden! Richt euch! Wir taten wie befohlen.
Nun trat er an den rechten Flügel und fragte: Das nennt ihr eine Richtung? Ein Sauhaufen ist das. Steht doch nicht so verkrampft da, stellt euch doch locker hin. Er ging nun von Mann zu Mann und stellte jeden richtig hin. Nehmen Sie den Kopf hoch, sagte er zu dem einen, halten Sie die Schultern gerade, zu einem anderen. Und Sie schauen einmal auf ihre Füße, Sie ziehen einmal den Bauch ein und die Brust raus. Er ging weiter und sagte: Sie verstecken sich ja vor ihrem Nebenmann, kommen Sie doch weiter vor, das Gewehr gerade halten, an die Fußspitze stellen. Sie recken ja den Hals so weit vor, kommen Sie doch selbst einen halben Schritt nach vorn.
Nun stellte sich der Oberkanonier vor die Front und zeigte, was Stillgestanden bedeutet.
Bei Stillgestanden! nimmt man die Hacken zusammen, die Stiefel bilden einen Winkel von nicht ganz 90 Grad. Der Körper wird aufgerichtet, die Mittelfinger der Hände berühren die Hosennaht, die Arme sind leicht angewinkelt. Der Bauch wird eingezogen, wobei die Brust sich von selbst heraushebt. Den Kopf hält man aufrecht und die Augen schauen gerade aus.
Bei Rührt euch! Wird der linke Fuß einen halben Schritt vor gestellt und der Körper nimmt eine lockere Haltung an.
Ist das jetzt jedem klar? fragte er. Wir riefen, wie aus einem Mund: Jawohl, Herr Oberkanonier.
Nun kommandierte er: Links um! Mein Nebenmann hatte bei der Wendung mich beinahe umgeworfen. Wie heißen Sie, fragte der Oberkanonier.
Meyer, sagte der Kamerad. Was für ein Meyer, fragte der Oberkanonier. Meyer mit Ypsilon, sagte der Kamerad. Will ich doch gar nicht wissen, schrie der Oberkanonier. Na, Sie haben mich doch gefragt, wie ich heiße, erwiderte mein Nebenmann ganz trocken und naiv.
Nun fragte der Oberkanonier einen anderen: Wie heißen Sie? Und wie aus der Pistole geschossen kam die Antwort: Kanonier Hellwig, Herr Oberkanonier.
Jawohl, so lautet die Antwort. Haben Sie das verstanden, Herr Meyer mit Ypsilon. Jawohl, sagte Kamerad Meyer. Und wie heißen Sie nun wirklich? Kanonier Meyer, Herr Oberkanonier.
Er lernt es, er lernt es, er hat es schon gelernt, rief der Oberkanonier freudestrahlend.
Selbst die anderen Ausbilder und die Wachtmeister konnten sich das Lachen nicht verkneifen.
In den Unterrichtsraum abrücken! befahl Wachtmeister Wohlert.
Diesmal trat der andere Wachtmeister an das Rednerpult. Er sprach vom Aufbau der Wehrmacht, an deren Spitze der Führer stand. Er erläuterte die drei Wehrmachtsteile: Heer, Marine und Luftwaffe.
Dann erläuterte er den Aufbau des Heeres. Er sprach von der Gruppe, dem Zug, der Kompanie, dem Bataillon und dem Regiment.
Bei uns ist die Geschützbedienung die kleinste Einheit. Sie besteht aus dem Geschützführer und der Bedienung von fünf Mann. Weiter gibt es bei uns die Fernsprecher und die Fahrer.
Ein Zug sind jeweils zwei Geschütze mit den dazu gehörenden Männern. Dann kommt die Batterie, sie gleicht der Kompanie.
Allerdings sieht bei uns die Batterie ein wenig anders aus, weil wir mehr Fahrzeuge haben und weil unsere Fahrzeuge ein wenig anders aussehen, als die der Infanterie.
Denn zum einen müssen wir die Geschütze befördern und zum andern haben wir eine Menge Spezialfahrzeuge für Munition, für den I-Trupp, für den Sattler und für die anderen Handwerker. Außerdem gehören zu einer Batterie eine Menge Reitpferde und für die Geschütze eine Menge Zugpferde. Vom Unteroffizier aufwärts steht jedem ein Reitpferd zu.
Ihr könnt euch wohl jetzt vorstellen, wie eine Batterie auf dem Marsch aussieht.
Die nächste Einheit ist die Abteilung, sie gleicht dem Bataillon. Abteilungen sind meistens selbständige Einheiten, sie operieren selbständig.
Ein Artillerieregiment besteht aus zwei Abteilungen leichter und einer Abteilung schwerer Artillerie. Die schwere Artillerie ist motorisiert, weil sie als bespannte zu schwer ist.
Zu einer Division gehören außerdem Pioniere, eine Nachrichtenabteilung, Versorgungsbetriebe, Panzerabwehr, Sanitätspersonal, Kolonnen für den Nachschub, der Quartiermacher und der Führungsstab. Ihr seht also, recht umfangreich.
Jede Einheit hat ihren Führer und jeder ist dem nächst Höheren unterstellt. So geht das hinauf, bis zur obersten Spitze, dem OKH (Oberkommando des Heeres) und dem OKW (Oberkommando der Wehrmacht), an deren Spitze der Führer steht. Der Wachtmeister sprach sehr eindringlich und überzeugend.
Wir sind die zweite Batterie der ersten Ersatzabteilung des Regiments 257. Hier werden nur Kanoniere ausgebildet. Unsere Abteilung ist die leichte Artillerie. Die Geschütze sind die leichten Feldhaubitzen 10,5 cm. Es gibt auch schwere Feldhaubitzen, Kaliber 15 cm. Sie werden von Zugmaschinen gezogen und ihre Bedienung besteht aus acht Mann.
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