Da befahl der Führer am 1. September 1939: Ab 3.30 Uhr wird zurückgeschossen. Die Polen wollten es ja nicht anders haben.
Mit Frankreich war es dasselbe. Es hat uns provoziert! Dabei bekamen die Engländer in Dünkirchen ebenfalls eins aufs Haupt, weil sie glaubten, sie müssten sich einmischen.
Was kann uns denn schon passieren?
Aber war es denn nötig gewesen, mit Frankreich Krieg zu führen? wandte meine Frau ein. Unter fadenscheinigen Beschuldigungen zettelte der Führer einen Krieg mit Frankreich an und zwang es zur Kapitulation. Wäre es nicht besser gewesen, mit ihm in Frieden zu leben? Das wird Frankreich Deutschland nie vergessen.
Der Krieg ist zu unseren Gunsten entschieden. Viel kann da nicht mehr kommen. Ich nahm meine Frau bei den Schultern, blickte sie an und sagte: Du sollst an Deutschlands Zukunft glauben. Schau, was hat man uns nach dem Weltkrieg alles angetan. Wir wurden geknechtet. Der Führer hat uns wieder befreit. Er zerschlug eine Fessel nach der anderen. Wir leben in einer großen Zeit.
Was hast du nur für einen festen Glauben, sagte meine Frau. Ich wünsche, du behältst recht.
Du wirst sehen, in vier Wochen bin ich wieder hier, sagte ich voller Überzeugung zu ihr.
Soweit die Einstellung meines Vaters zur Einberufung. Sein Weltbild spiegelt eindeutig die von den Nationalsozialisten vertretene Einstellung wieder. Eine Mehrheit der Deutschen empfand damals die Ergebnisse des Versailler Vertrages als Schande für die Deutschen. Dazu gehörte die Entmilitarisierung des Rheinlandes und die Abtretung des Saarlandes an Frankreich, sowie großer Gebiete im Osten an Polen, den sogenannten „Korridor“, der Ostpreußen und die deutschsprachige Freie Stadt Danzig von Ostpreußen trennte. Die Auflösung der Reichswehr bis auf 100000 Mann ohne schwere Artillerie, Panzer und Flugzeuge wurde als schwerer Schlag gegen den Nationalstolz angesehen.
Hitlers ganzes Taktieren zielte nun darauf ab, den Versailler Vertrag nach und nach auszuhöhlen.
Als er 1935 die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht verkündete und 1936 in das entmilitarisierte Rheinland einmarschierte, mit der Begründung, die Grenze zu Frankreich besser zu schützen, hätten die alliierten Siegermächte auf seine Anti-Versailles Politik sofort militärisch reagieren müssen. Da nichts dergleichen geschah, verhalf ihm das „Rheinland- Abenteuer“ bei den deutschnational denkenden Kreisen zu Ansehen. Dazu kam, dass es mit dem Ausbau des Autobahnnetzes und der Vergrößerung des Heeres zu einem Aufschwung der Wirtschaft, ja zu einem regelrechten Wirtschaftswunder kam. Die Zahl der Arbeitslosen ging bis 1936 so rapide zurück, das damit auch jegliche Opposition gegen seine Politik zunichte gemacht wurde.
In der Folgezeit bediente er sich des erstarkten Heeres, um die Versailler Verträge Stück für Stück zu annullieren und seine Annexionswünsche durchzuführen. Der sogenannte „Anschluss“ Österreichs im März 1938 war im Grunde ein Putsch der österreichischen NSDAP. Großbritannien und Frankreich beließen es bei Protesten. Diese Tatenlosigkeit bestärkte Hitler in der Überzeugung, dass er gefahrlos mit seiner Offensive gegen die Tschechoslowakei beginnen konnte. NS-Gruppen unter den Sudetendeutschen wurden angewiesen, Sezessionsforderungen zu erheben.
Während der „Sudetenkrise“ drohte ein Krieg. Briten und Franzosen war sehr wohl bewusst, dass Ehre und Klugheit verlangten, die Zerschlagung der Tschechoslowakei zu verhindern. Doch sie konnten sich noch nicht zu dem Entschluss durchringen, ihren diplomatischen Protesten durch die Androhung von Gewalt Nachdruck zu verleihen. Hitler sah das als Feigheit an und sorgte dafür, dass die prodeutsche Separatistenpartei in der slowakischen Hälfte der Tschechoslowakei am 11. März 1939 ihre Loslösung von der Tschechei erklärte und das Deutsche Reich bat, die Rolle der Schutzmacht zu übernehmen. Am 15. März marschierten daraufhin deutsche Truppen in Prag ein.
Nun versuchte Hitler, Polen einzuschüchtern, zu dem das größte Stück des Gebietes gehörte, das vor 1918 deutsch gewesen war. Vor allem ging es ihm um den „Korridor“, der Ostpreußen und die deutschsprachige Freie Stadt Danzig vom Kerngebiet des Reiches trennte.
Als Vorwand zum Angriff auf Polen inszenierte die eigene SS einen Überfall polnischer Truppen auf die schlesische Grenzstadt Gleiwitz. Daraufhin fiel Hitler ohne Kriegserklärung in Polen ein. Am Abend des 1. September existierte die polnische Luftwaffe praktisch nicht mehr und bereits am 6. Oktober war in Polen jeglicher Widerstand zusammengebrochen.
Nun wandte sich Hitler mit seinen siegreichen Truppen westwärts, um sich für einen Feldzug gegen Briten und Franzosen bereitzumachen, mit denen er sich seit dem Ende des Ultimatums, das ihm die Verbündeten Polens bereits am 3. September gestellt hatten, im Kriegszustand befand.
Der tatsächliche Blitzkrieg gegen das unvorbereitete Frankreich dauerte nur vom 10. Mai bis zum 25. Juni 1940. Paris und Nordfrankreich wurden deutsches Besatzungsgebiet und 2 Millionen Franzosen gingen für unbestimmte Zeit in deutsche Gefangenschaft.
Die Schlacht um England sollte erst noch beginnen. Nachdem Großbritannien seine Truppen vom 26. Mai bis 4. Juni 1940 mit geringen Verlusten aus Dünkirchen wieder abgezogen hatte, entbrannte die Luftschlacht um England, die sich vom 10. Juli bis zum 30. Oktober hinzog und in der Schlacht um London vom 7. – 30. September kulminierte, ohne das es den deutschen Truppen möglich war, über den Kanal überzusetzen.
An der Deutschlandhalle wurden die Männer, die alle in meinem Alter waren, von ihren Frauen verabschiedet. Alle hatten einen Pappkarton bei sich. Die Männer waren zuversichtlich, wie ich.
Ein Wehrmachtsangehöriger ließ die Männer in 3 Reihen antreten, während die Frauen auf dem Bürgersteig standen und sie beobachteten. Dann begleiteten sie ihre Männer noch bis an die Tür. Nun erfolgte die Einteilung zu den verschiedenen Waffengattungen. Ich hatte das Glück und kam zur Artillerie, wenigstens nicht zur Infanterie.
Ein Wachtmeister und ein Unteroffizier wurden den zukünftigen Artilleristen als Unterführer zugeteilt und auf das Kommando: Rechts um, ohne Tritt marsch! ging es hinaus aus der Halle. Die Frauen liefen neben ihren Männern her, während sie zum Bahnhof Grunewald marschierten.
Von hier aus sollte es nach Frankfurt gehen. Kurz vor dem Bahnhof Grunewald ließ der Offizier nochmals halten, damit sich alle von ihren Frauen verabschieden konnten. Dann hieß es: Fertigmachen zum Abmarsch! Nun waren wir nicht mehr frei. Wir hatten zu gehorchen.
2. Grundausbildung in der Bülow Kaserne in Frankfurt
Der Dienst begann in der Früh um 6 Uhr und endete abends um 10 Uhr. Ein lauter Pfiff aus der Trillerpfeife des UvD (Unteroffizier vom Dienst) ließ uns frühmorgens sofort alle Müdigkeit vergessen. Wir fuhren hoch, wie von der Tarantel gestochen. Was dann kam, haben wir nicht im Entferntesten geahnt.
Alles ging ja so schnell und eine Tätigkeit folgte der anderen. So schnell hatte ich mich noch nie angezogen und gewaschen und rasiert und gefrühstückt.
Ehe wir uns versahen, hatten wir auch das Revier gereinigt und standen in Reih und Glied auf dem Appel Platz angetreten.
Der Hauptwachtmeister sprach einige Worte und gab den Dienst bekannt. Er holte sein dickes Buch heraus, denn da stand alles drin. Der dienstälteste Wachtmeister rückte mit uns ab. Es ging zum Geschützschuppen zum Geschützexerzieren, so wie alle Tage. Hinter dem Geschützschuppen jagte er uns manchmal über das Gelände.
Die eigentlichen Schleifer aber waren die untergeordneten Dienstgrade. Wir mussten antreten und wegtreten und laufen und uns hinlegen und wieder aufstehen und wieder laufen und antreten. Allmählich kamen wir ins Schwitzen, obwohl es Dezember war und die Temperatur einige Grade unter null lag. Wenn uns unsere Frauen gesehen hätten, die würden sagen: Siehst Du, ich hab‘s ja gleich gesagt. Nimm die Sache nicht auf die leichte Schulter.
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