Ihnen wird möglicherweise schon aufgefallen sein, dass ich das Wort „Liebe“ bisher noch nicht benutzt habe. Die Gründe sind vielfältig: Zunächst einmal gibt es viele Arten von Liebe, denken Sie nur mal an Mutterliebe und Vaterlandsliebe. Liebe wird außerdem oft in Zusammenhang mit Sexualität gesehen. Fast kein Begriff wird heute so inflationär gebraucht wie die Liebe, gerade auch in der Werbung. Als ob man Produkte oder etwas Käufliches lieben könnte. Sicherlich, man kann sich schnell verlieben, aber wir fassen normalerweise nur langsam echtes Vertrauen. Liebe und Vertrauen haben eines gemeinsam, es sind beides Gefühle. Doch wenn das Vertrauen enttäuscht wurde, ist es auf jeden Fall erst einmal weg, nicht unbedingt auch die Liebe. Eltern lieben ihre Kinder, auch wenn sie enttäuscht wurden, genauso wie Partner sich trotz Enttäuschungen nach wie vor lieben können. Verschwundenes Vertrauen ist schwer zurück zu gewinnen. Der Begriff des Vertrauens ist weiter gefasst und bezieht sich nicht nur auf Liebe, sondern auf alle Lebensbereiche.
Wenn Sie keinen Menschen haben sollten, dem Sie privat voll vertrauen können, dann muss Ihr Ziel sein, einen solchen Menschen zu finden. Es können ein Lebensgefährtin oder ein Lebensgefährte sein, eine beste Freundin oder ein bester Freund. Natürlich können es auch mehrere Personen sein. Mehr als drei Menschen kommen dafür sowieso nicht in Frage. Das schließt einen großen Bekanntenkreis nicht aus, aber Skepsis ist angebracht, denn die Leute mit den dicksten Adressbüchern und vollsten Terminkalendern sind oft die Einsamsten. Aus einiger Lebenserfahrung weiß ich, dass wie angedeutet, Eltern und Geschwister aus den gan-zen familiären Verbindungen heraus nicht so ideal für diese spezielle Vertrauensbeziehung sind. Die Eltern aller Wahrscheinlichkeit nach ohnehin nicht für die gesamte Lebenszeit. Außerdem gehören sie nun mal einer anderen Generation an, die oft ganz anders denkt. Und für sie bleiben Kinder immer Kinder, wie für uns Eltern immer die Eltern bleiben, die wir in unserer Jugend schon mal gelegentlich in manchen Situationen als peinlich empfanden, wenn sie unerwartet auftauchten.
Einfach ist die Aufgabe, diese Vertrauensperson für sich zu gewinnen, keineswegs. Aber der Aufwand und die damit verbundenen Anstrengungen sind es wert. Dieses über den Schatten der eigenen Schüchternheit zu springen, was den meisten ja oft so schwer fällt, ist leistbar. Wir haben oft Angst zurückgewiesen zu werden, wenn wir jemand ansprechen und einladen. Doch die Erwartung, unsere Vorstellungen müssten in jedem Fall mit denen anderer konform gehen, ist natürlich absurd. Allein der Gedanke daran stellt ein künstliches, unüberwindliches Hindernis dar, aktiv auf jemand zu zugehen.
„ Das Leben eines Menschen ist sein Charakter.“(Goethe)
Es gibt eine ganz wichtige Voraussetzung, Personen seines Vertrauens überhaupt zu finden und zu gewinnen: Akzeptieren Sie, dass es ganz unterschiedliche Charaktere gibt! Nicht alle Menschen passen zu Ihnen und Sie umkehrt auch nicht zu jedem. Auch diejenigen, für die Sie Sympathie empfinden, können nicht in sämtlichen Aspekten und Lebenslagen genauso denken und handeln wie Sie. Üben Sie einfach Toleranz und versuche sie niemand umzuerziehen! Das funktioniert bei Erwachsenen sowieso nicht. Erwarten Sie nicht nur Zustimmung, sondern Offenheit! Hören Sie zu und machen Sie sich erst einmal ein genaues Bild, bevor Sie ein Urteil fällen und Kritik üben! Einerseits nicht zu zögerlich zu sein und andererseits nichts zu übereilen, ist eine Frage des Selbstbewusstseins!
Um Freundschaften zu erhalten und auch um langfristig ein Familienleben sinnvoll zu gestalten, brauchen wir Herzenswärme, Freiräume und Regeln. Nur mit Empathie, ohne einschränkende Eifersucht und mit gegenseitigem Respekt ist das möglich. Durch Gewalt oder Worte jemand zu verletzen, wie es heute leider in vielen Bereichen der Gesellschaft und in den Medien üblich geworden ist, sind Grenzüberschreitungen der Regeln für ein friedliches Zusammenleben. Wenn dieses aggressive Verhalten in der Kindheit und Jugend eingeübt wurde, lässt es sich kaum noch im Erwachsenenalter überkommen und hat oft ein Gefühl der Perspektivlosigkeit zur Folge, das bei Männern eher in Kriminalität und bei Frauen eher in Lethargie mündet.
Als dritte Stufe möchte ich noch ein Thema vorschlagen, das im Mittelpunkt des allgemeinen Interesses steht und zugleich irgendwie tabuisiert ist: Das Geld! Man muss nicht reich sein, um glücklich zu sein. Doch wenn Sie ihr Leben gestalten wollen, brauchen Sie dazu die Mit-tel. Der Himmel tut sich nicht auf und schenkt sie Ihnen. Auch wenn Sie meinen, Sie hätten wohlhabende Eltern und erbten irgendwann eine größere Summe. Mittelständische Betriebe können über Nacht pleite sein. Und auch gut verdienende Familienväter können ganz schnell krank oder arbeitslos werden. Wer weiß heute schon, was morgen passiert.
Sie müssen selbst in der Lage sein, ihr Wissen, ihr Können, ihre Fähigkeiten so einzusetzen, dass anderen Leuten diese Leistungen etwas wert sind. Es reicht nicht, wenn Sie gut sind und niemand etwas davon weiß. Es kann im Prinzip auch nicht ihr Lebensziel sein, vom Urteil anderer abhängig zu bleiben. Ich schlage deshalb vor, dass eines ihrer weiteren Ziele folgendes ist:
Finanzielle Unabhängigkeit schaffen!
Das ist nicht raffgierig, das ist schlau. Ich weiß, es kommt bei vielen jungen Leuten als spie-ßig rüber, wenn ich rate, so früh wie möglich damit zu beginnen, sich um den Vermögensaufbau zu kümmern. Die Banker in ihren Glaspalästen mit ihren dunklen Anzügen und dezent gestreiften Krawatten raten im Prinzip dasselbe, aber im Unterschied zu denen verfolge ich mit diesem Rat keine persönlichen Interessen. Ich sage nur, wie ich es nach jahrzehntelanger Erfahrung aus heutiger Sicht machen würde und fertig! Wissen schafft Wohlstand. Doch davon später im vierten Teil des Buches.
Warum ist es wichtig, finanziell unabhängig zu sein? Weil man seinen Job verlieren kann, weil man Pleite gehen kann, wegen Krankheit, Unfall, Scheidung. Rund sieben Millionen Menschen sind in Deutschland überschuldet und knapp eine Million im Insolvenzverfahren. Viele von denen haben auch gedacht, es könnte ihnen nicht passieren. Die von vielen Politikern und Managern verkündete und von der Mehrheit geglaubte Marktreligion, der Markt werde es schon richten, keine Garantie für ein gelingendes Leben bietet. Wer geistig, körperlich und seelisch gut drauf ist, stärkt sein Selbstbewusstsein zusätzlich dadurch, wenn er sich finanzielle Rücklagen geschaffen hat. Es geht gar nicht darum, wie Onkel Dagobert im Geld zu schwimmen, das erreichen nur ganz wenige. Ich habe einige Milliardäre persönlich kennen gelernt, weil ich sie beraten habe. Denn ich war in meinem Brotberuf nicht Autor, sondern Strategy Consultant. Deshalb kann ich aus eigener Erfahrung sagen, extremer Reichtum belastet offenbar mehr als sich der Normalsterbliche vorstellt. Genauso wie Weltruhm zu Lebzeiten nur von ganz starken Charakteren mit Gelassenheit ertragen werden kann. Höchstwahrscheinlich kommen weder Sie noch ich voraussichtlich in eine solche, überhaupt nicht vorbehaltlos erstrebenswerte Situation.
Viel Geld macht nicht glücklich, aber es legt den Charakter frei. Insbesondere, wenn der Reichtum plötzlich durch ein Erbe oder einen Lottogewinn eintritt. Mehr Geld als man zu einem guten Leben braucht, trägt nur marginal zum Glück bei. Wenn ich dennoch dazu rate, das Konto nicht permanent im Soll zu halten, dann deshalb, weil es Ihre Möglichkeiten einschränkt. Nicht etwa nur Ihren finanziellen Spielraum, sondern vor allem Ihre Gestaltungsfreiheit.
Bedenken Sie folgenden Zusammenhang: Die Bedeutung der Erwerbsarbeit innerhalb des Wertschöpfungsprozesses wird weiter abnehmen, während umgekehrt die Bedeutung von Kapital und von Wissen zunimmt. Diejenigen, die nur ihre Arbeitskraft anbieten können, deren Qualität sich nicht unterscheidet und deren Kosten um ein Vielfaches höher sind als in anderen Teilen der Welt, haben weniger Chancen auf dem ersten Arbeitsmarkt. Denn das Kapital geht dahin, wo die Rendite ist. Nur dann, wenn Sie Spezialwissen erwerben, können Sie an dieser nicht aufzuhaltenden Entwicklung teilhaben.
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