Es war Nachmittag geworden und bei ihnen hatte sich Hunger eingestellt, schließlich hatte sie beide den ganzen Tag über noch nichts Richtiges gegessen. Sie beschlossen, im Dorf den Gasthof „Schneider“ aufzusuchen und dort zu essen, sie setzten sich nach draußen in den Biergarten und Herr Schneider kam persönlich, um sie zu bedienen.
„Na, das ist ja eine Überraschung, dass ihr einmal wieder hier seid wie geht es Euch?“, fragte er Irmi und Franz.
„Wir kommen gerade vom Grindelkopf und haben großen Hunger“, antwortete Irmi, „wir haben es auf dem Berg sehr schön gefunden und den Anstieg genossen.“
„Ich war ganz früher mal oben“, sagte Herr Schneider „und ich kann mich daran erinnern, dass ich oben geschwitzt habe,als ich mich da hoch gequält hatte, was darf ich Euch bringen?“
„Erst einmal bringen sie uns bitte jedem eine große Apfelschorle und danach die Speisekarte“, verlangte Irmi, und Franz und sie freuten sich auf ein gutes Essen. Nachdem die Speisekarte vor ihnen auf dem Tisch lag, suchten Irmi und Franz nach dem geeigneten Essen und kamen sehr schnell auf Wiener Schnitzel mit Pommes und Salat, was sie auch bestellten. Herr Schneider nahm die Bestellung auf und lief in die Küche. Irmi und Franz tranken ihre Apfelschorle aus und bestellten gleich noch eine, und nachdem Herr Schneider sie ihnen gebracht hatte, servierte er ihnen auch die Schnitzel. Die drei griesgrämigen Alten vom letzten Mal waren nicht im Biergarten zu sehen, und Irmi war froh darum.
„Das sind die lebendigen Beispiele für die stehengebliebene Zeit, die waren nie bereit, sich weiterzuentwickeln und zu lernen. Das Ergebnis sieht man ganz deutlich, sie sind verbittert, weil sie niemanden mehr finden, der zu der von ihnen favorisierten Sicht der Welt passt“, sagte Irmi. Sie zahlten ihr Essen und liefen zu Hofmairs, wo sie auf Irmis Mutter trafen und ihr gleich von ihrem Abenteuer auf dem Grindelkopf erzählen mussten. Als schließlich auch Herr Hofmair zu ihnen stieß, mussten sie auch ihm berichten, was ihnen auf ihrer Bergtour widerfahren war.
„Hat es damals zu Eurer Zeit auch schon das Gipfelkreuz und den Steinhaufen gegeben?“, fragte Irmi ihre Eltern und ihr Vater bejahte ihre Frage:
„Ich weiß noch wie Deine Mutter und ich oben neben dem Gipfelkreuz auf dem Steinhaufen gesessen und den schönen Ausblick genossen haben.“
„Könnt Ihr Euch daran erinnern, ob Euch beim Abstieg die Waden geschmerzt haben“, fragte Irmi weiter, „Franz und ich mussten eine längere Pause einlegen, um die Schmerzen zumindest für den Moment abklingen zu lassen.“ Irmis Mutter antwortete:
„Ich weiß noch , dass die Wadenschmerzen bei mir so stark gewesen sind, dass sie mich beinahe gezwungen haben, das Absteigen abzubrechen und nur, weil Dein Vater mich aufgefordert hat, weiterzugehen, habe ich mich überwunden und den Schmerz in Kauf genommen, sonst säße ich heute noch auf dem Berg.“ Sie saßen zu viert am Kaffeetisch und Irmis Mutter hatte selbst gebackenen Kuchen hingestellt, von dem sich jeder ein Stück nahm, und als alle ihr Stück gegessen hatten, sagte Irmi:
„Franz und ich haben beschlossen, einmal einen Trip nach Südtirol zu unternehmen, was haltet Ihr davon?“ Irmis Mutter war sofort begeistert von ihrem Vorhaben und schlug vor, dass sie doch zu ihrer Tante Christa fahren und bei ihr übernachten sollten, da hätten sie schon mal die Hotelkosten gespart. Tante Christa wohnte mit Jeanette und ihrem Mann in Sand in Taufers, das lag im Ahrntal und war mit Bahn und Bus gut zu erreichen.
„Ihr müsst zuerst mit dem Bus nach Innsbruck, danach mit dem Zug durch den Brennertunnel nach Brixen, von dort mit dem Zug nach Bruneck und das Reststück mit dem Bus zum Bahnhof in Sand in Taufers, von dort kann Euch Tante Christa bestimmt abholen“, sagte Irmis Mutter, „wenn Ihr fahren wollt, solltet Ihr vorher Tante Christa anrufen und Euer Kommen ankündigen!“ Irmi und Franz sahen sich an und Irmi sagte:
„Darüber haben wir uns noch gar keine Gedanken gemacht, ich denke, dass wir in einer Woche fahren könnten!“
„Wenn Du willst, rufe ich bei Tante Christa an und kläre ab, wann Ihr dort willkommen seid!“, sagte Irmis Mutter.
„Das ist gut“, sagte Irmi, „dann brauchen wir uns darum nicht zu kümmern!“ und auch Franz gab Frau Hofmair zu verstehen, dass er ihren Vorschlag sehr gut fand. Irmi lief mit Franz zu Mathi und sie trafen ihn Kaffee trinkend draußen bei sich vor seinem Zimmer an. Mathi freute sich über den Besuch der beiden und fragte sie:
„Was führt Euch denn zu mir? Setzt Euch doch!“ Irmi und Franz setzten sich zu Mathi und Mathi ging schnell auf sein Zimmer und holte noch zwei Tassen nach draußen. Er schenkte Irmi und Franz Kaffee ein und bot ihnen auch ein Plätzchen an.
„Wir wollten Dir nur einmal guten Tag sagen und Dir mitteilen, dass wir heute tagsüber auf den Grindelkopf gewesen und dementsprechend geschafft sind“, sagte Irmi.
„Wie hat Euch denn der Berg gefallen?“, wollte Mathi wissen. Franz sagte:
„Wenn man seine Kräfte einzuteilen weiß, kommt man problemlos hoch, was aber viele unterschätzen, ist der Abstieg, der doch ganz schön in die Waden geht.“ Mathi sah Irmi und Franz an und entgegnete:
„Ich habe Euch vorher davor warnen wollen, aber jetzt habt Ihr eben die Erfahrung selbst gemacht, die Waden sind eine Anstrengung, wie sie beim Bergabstieg auftritt nicht gewohnt und schmerzen deshalb sehr stark, es gibt auch kein Mittel dagegen, man muss die Zähne zusammenbeißen und absteigen.“ Als Mathi zu Ende geredet hatte, sagte Irmi:
„Franz und ich wollen in der nächsten Woche einmal nach Südtirol fahren und uns dort die Landschaft anschauen, wir wollen meine Tante Christa besuchen, sie wohnt in Sand in Taufers im Ahrntal.“
„Ich bin noch nie in Südtirol gewesen“, sagte Mathi daraufhin, „ich habe aber schon viel Gutes über Südtirol gehört, besonders Wanderern gefällt Südtirol sehr gut, aber auch Feinschmecker fühlen sich dort gut aufgehoben und lieben die Südtiroler Küche.“
Irmi und Franz hatten überhaupt noch nicht darüber nachgedacht, welche Aktivitäten sie in Südtirol unternehmen wollten, das Wandern könnte ihnen aber schon gefallen und der Südtiroler Küche gegenüber waren sie auch aufgeschlossen, sie wollten die Dinge auf sich zukommen lassen. Franz verabschiedete sich mit einem Kuss von Irmi und ging nach Hause, sie hatten besprochen, am nächsten Tag eine Radtour durch ihr Tal zu unternehmen und am Abend wieder zum Talabschluss zu laufen, um den Jupiter zu beobachten. Irmi ging auf ihr Zimmer und schlief gleich ein, sie war rechtschaffen müde von der Bergbesteigung und spürte beinahe jeden Knochen in ihrem Leib, aber das machte ihr nichts aus, schließlich, so sagte sie sich, müsste man sich regelmäßig durchaus auch einmal selbst herausfordern.
Am nächsten Morgen spürte sie immer noch ihre Knochen, aber schon längst nicht mehr so stark wie noch am Vortag, und sie setzte sich zu ihrer Mutter an den Frühstückstisch. Es war inzwischen 9.00 h geworden, sie hatte also ausgiebig geschlafen und für ihre Mutter war das schon das zweite Frühstück an diesem Tag. Sie wollte noch an diesem Vormittag nach Sand in Taufers anrufen und ihre Schwester auf das Kommen von Irmi und Franz vorbereiten, sie war davon überzeugt, dass sich Christa über den Besuch von Irmi und Franz freuen würde, und besonders auch Jeanette würde sich freuen. Irmi sagte:
„Wenn Franz gleich kommt, werde ich mit ihm eine kleine Radtour machen, weißt Du, ob unsere Fahrräder in Ordnung sind?“, und Irmis Mutter zuckte mit ihren Schultern:
„Woher soll ich das wissen, geh doch einfach in den Fahrradschuppen und sieh nach!“ Irmi lief gleich hin und überprüfte ihr Fahrrad, mit dem sie schon sehr lange nicht mehr gefahren war, sie drückte auf beide Reifen und fand, dass sie Luft gebrauchen konnten. Also nahm sie die Luftpumpe und pumpte Luft auf die Reifen, das war eine Tätigkeit, die sie noch nie gut beherrscht hatte, sie schaffte es aber, beide Reifen mit ausreichend Luft zu versorgen. Sie schob ihr Rad aus dem Schuppen und lehnte es gegen die Hauswand, wo sie es in Augenschein nahm und eigentlich noch als ganz in Ordnung ansah. Irmi ging wieder zu ihrer Mutter zurück und traf sie dabei an, wie sie mit Tante Christa telefonierte, sie bekam gerade noch mit wie ihre Mutter sagte, dass sie und Franz Mitte nächster Woche kämen.
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