Mathi hörte aufmerksam zu, war aber offensichtlich nicht nicht zufrieden mit dem, was Irmi da berichtete und bat sie, weiterzuerzählen.
„Franz und ich haben eine ganze Weile am Inn gesessen und die Geräuschkulisse des Verkehrs um uns gehabt, auf der anderen Seite des Inns konnten wir das Helblinghaus sehen und sind nach unserer kurzen Pause dorthin gelaufen und haben uns die barocke Fassade dieses schönen Hauses angeschaut.“
Mathi begann, zu lächeln, denn das, was Irmi da berichtete, erinnerte ihn an seinen Innsbruckaufenthalt Jahre früher, als er an eben dieser Stelle an der Innbrücke gesessen und den gleichen Blick auf das Helblinghaus genossen hatte.
„Wir sind von dort aus zu einer Mc Donald´s – Filiale zwanzig Minuten lang quer durch die Stadt marschiert und haben dort unsere Mittagspause gemacht, auffällig war für uns bei Mac Donald´s, dass dort viele Jugendliche herumgehangen haben und eigentlich nichts Erbauliches taten, außer dass sie gegenseitig auf ihre Smartphones schauten.“ Mathi fragte:
„Was ist denn an dem Verhalten der Jugendlichen besonders gewesen, sie haben eben in der Stadt keine andere Möglichkeit, ihre Freizeit zu verbringen!“ Irmi entgegnete:
„Franz und ich haben haben uns das zunächst auch gefragt, waren hinterher aber der Meinung, dass sie völlig abgestumpft dem Konsumdiktat erlegen und kaum in der Lage waren, aus sich heraus für sie interessante andere Dinge anzustoßen. Mathi fragte:
„Was hätten sie denn tun sollen, die Stadt schlägt doch alles tot, was einem selbst an Initiativen zuwächst und lässt sie gar nicht erst zum Ausbruch kommen!“
„Das sehe ich aber ganz anders“, sagte Irmi dagegen, „die Stadt bietet doch viele Möglichkeiten der Beschäftigung, angefangen von Sport über vor allem auch Kultur bis hin zu Rafting-Fahrten auf dem Inn oder anderen Dingen, die man hier nicht ohne Weiteres tun könnte, wir sind nach der Mittagspause in die Stadt zurück und haben uns die Hofkirche angesehen.“ Mathi schüttete die beiden Gläser noch einmal voll und hörte weiter zu, was Irmi berichtete, er war gespannt darauf, zu erfahren, was sie sich noch angesehen hatten.
„Als wir vor der Hofburg standen, überkam uns schon Ehrfurcht vor dem riesigen Bauwerk, in dem es über vierhundert Zimmer gibt, am Schluss sind wir in den imposanten Dom zu St. Jakob gegangen, obwohl wir eigentlich beide keine Kirchgänger sind.“ Mathi ging es da so wie Irmi und Franz, er hatte schon vor Jahren aufgehört, in die Kirche zu gehen, weil er nicht länger mit ansehen konnte wie bigott die Kirche mit Fragen der Sexualität umging, wie sie Frauen von der Bekleidung von Ämtern abhielt und wie sie völlig überkommene und verstaubte Regeln zum Inhalt ihrer Lehre machte.
„Der Dom war sehr eindrucksvoll“, fuhr Irmi fort, „wir haben uns kaum getraut, in seinem Inneren zu reden, eine so andächtige Stimmung herrschte dort vor, an den Wänden gab es sehr schöne Fresken, die Stationen aus dem Leben des heiligen Jakobus wiedergaben, und es gab das kostbare Gnadenbild „Maria hilf“, das von Lukas Cranach dem Älteren gemalt worden war, zum Abschluss unseres Innsbruckaufenthaltes haben wir uns haben wir uns am Goldenen Dachl vor ein Cafe gesetzt und Sachertorte gegessen und Kaffee getrunken, Franz und ich haben unsere Innsbruckfahrt überaus interessant gefunden.“
„Das freut mich für Euch“, sagte Mathi, „ich bin selbst einmal vor Jahren in Innsbuck gewesen und habe gerade versucht, mich aus Deinen Erzählungen an bestimmte Dinge zu erinnern, was mir teilweise auch gelungen ist.“
„Mathi, ich will Dich bitten, morgen Abend wieder mit Franz und mir zum Talabschluss zu gehen, ich habe dieses Mal die Absicht, mein Teleskop auf den Mars zu richten“, sagte Irmi danach.
„Da sehe ich überhaupt keine Probleme, natürlich begleite ich Euch wieder und helfe dabei, die Teleskopteile auf den Hang zu tragen!“
„Vielen Dank“, sagte Irmi, „ich wusste doch, dass Du ein verlässlicher Mensch bist!“
Sie stand auf, verabschiedete sich für diesen Abend von Mathi und ging wieder zurück nach vorne. Irmis Eltern saßen vor dem Fernseher, und Irmi ging auf ihr Zimmer, um sich ein wenig über den Mars zu informieren. Sie schaltete ihren Computer ein, übernahm für den nächsten Abend um 21.00 h die Daten für die Rektaszension und die Deklination des Mars und schrieb diese in ihre Kladde:
Rektaszension 14 h 31 m 56 s, Deklination -16° 11´40´´. Der rote Planet hatte seine Benennung von oxidiertem Eisen (Rost) auf seiner Oberfläche, was Irmi längst wusste, sich aber noch einmal ins Gedächtnis rief. Er war der äußere Nachbarplanet der Erde von der Sonne aus gesehen. Er hatte nur etwa den halben Erddurchmesser und ein Achtel des Volumens der Erde und war damit der zweitkleinste Planet in unserem Sonnensystem. Es sollte Irmi gelingen, mit ihrem Teleskop die Polkappen und die dunklen Flecken auf der Marsoberfläche zu sehen, ihr sehr modernes Teleskop müsste das eigentlich hergeben. Irmi ließ es für diesen Tag dabei bewenden, sie blätterte im Bett noch eine Weile in Mathis Sternenbuch und löschte danach das Licht im Zimmer.
Am nächsten Morgen unterhielt sich Irmi mit ihrer Mutter über ihr Vorhaben am Abend und Frau Hofmair sagte:
„Alles, was ich über den Mars weiß, ist, dass er der rote Planet ist und nach ihm der römische Kriegsgott benannt wurde.“ Irmi verbrachte den Vormittag damit, Zeitung zu lesen und sich über die neuesten Weltgeschehnisse sachkundig zu machen. Gegen Mittag erschien Franz und aß bei Familie Hofmair. Irmi und er beschlossen, den Nachmittag wieder im Freibad zu verbringen. Frau Hofmair bat ihre Tochter aber, ihr vorher noch im Stall zu helfen, und sie ging mit ihr zu den Kühen, um das Melkgeschirr anzuschließen und die Milchpumpe in Gang zu setzen. Franz war mitgegangen und ging Frau Hofmair zur Hand. Danach lief er nach Hause, um seine Schwimmsachen zu holen, er wollte sich einer halbe Stunde später mit Irmi wieder am Kassenhäuschen treffen. Als sie schließlich beide nebeneinander auf der Liegewiese lagen und vollkommen relaxt in den Himmel schauten, dachte sie an Innsbruck zurück und Irmi fragte Franz:
„Was hat Dir an unserem Ausflug nach Innsbruck am besten gefallen?“ Franz musste eine Zeit lang überlegen, bis er antwortete:
„Ich möchte da gar keine Einzelheiten hervorheben, mir hat der gesamte Aufenthalt in der schönen Stadt sehr gut gefallen.“ Da schaute ihn Irmi an, und sie erzählte, dass sie am Vorabend noch bei Mathi gewesen war und ihm alles berichten musste, was sie in Innsbruck erlebt hatten. Sie liefen anschließend zum Schwimmerbecken, sprangen wieder mit einem Kopfsprung von den Startblöcken und tauchten ein großes Stück die Schwimmbahn entlang.
Am Ende der Bahn stellte Franz sich auf das Einmeterbrett und absolvierte einen gekonnten Kopfsprung, wobei er seinen athletischen Körper zur Geltung kommen ließ und Irmi ihn genau beobachtete.
Sie machten an diesem Tag im Freibad nicht mehr lange und gingen am Nachmittag wieder nach Hause. Sie trennten sich mit einem Kuss im Dorf und verabschiedeten sich, bis Franz gegen 19.00 h wieder zu Irmi käme. Irmi brachte die Teleskopteile schon einmal nach unten, sodass sie sie später nur noch in die Schubkarre legen mussten, und als Mathi nach dem Essen mit der Schubkarre kam, und Franz inzwischen wieder eingetroffen war, packten sie alle mit an und luden die Teile auf die Karre. Irmi nahm noch etwas zu essen und zu trinken mit und sie liefen los. Unten am Hang saßen sie eine Weile und blickten in den mit Sternen übersäten Himmel. Schließlich standen sie auf, und Mathi schulterte wieder das größte Teil des Teleskops. Franz trug das Stativ und Irmi lief mit der Taschenlampe vorweg und leuchtete den Anstieg aus. Oben auf dem Felsplateau stellten sie das Stativ hin und setzten das Teleskop darauf. Irmi setzte im Anschluss das Okular und den Sucher an den Tubus, und als das erledigt war, nahm sie ihre Kladde und stellte nach ihren Eintragungen an der Montierung Rektaszension und Deklination des Planeten Mars ein. Eigentlich brauchte sie deshalb den Sucher gar nicht, um das Beobachtungsobjekt ins Blickfeld zu holen. Sie schaute trotzdem hindurch und sah auf Anhieb den roten Planeten,der aber erst beim Blick durch das Okular in seiner ganzen Schönheit sichtbar wurde.
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