Halt fest, du köln'scher Bauer,
Halt fest am Kaiser und am Reich!“
Hermann Grieben.
Zu Ende des XIV. Jahrhunderts.
(Nach Ghiberti.)
Du hast, Ghiberti, scharf und streng und richtig
Beurteilt meine Kunst und mich gelobt;
Das Lob aus deinem Munde klang gewichtig.
Ich habe dir, den ich als Freund erprobt,
Von meines Meisters Kunst zu Köln am Rheine
den höchsten, seltensten Genuß gelobt.
Blick her! du glühest wie von jungem Weine:
Worauf dein Auge fällt, ein Meisterstück!
Du jauchzest, und du siehest, daß ich weine.
Entschwundne Tage ruft mir dies zurück,
Und auch den Tag, wo ich ihn trug zu Grabe,
Der liebend mich und lehrend war mein Glück.
Auf diesem Bruchstück hier, der blonde Knabe,
Der von der Stirne sich die Locken streicht,
Der bin ich, wie ich einst gedient ihm habe.
Er hat mir treu die Führerhand gereicht,
Ich wurde stark in seinem milden Strahle;
Nun hat der Winter mir das Haar gebleicht.
Die griech'schen Meister sind dir Ideale:
Sei selbst du zwischen ihm und ihnen Richter:
Auf welche Seite neiget sich die Schale?
Sieh, wie er hochgelehrt und doch mit schlichter
Natürlichkeit das Nackte hier gestaltet,
Und hier die hohe Schönheit der Gesichter.
Die Kunst bewundre, die er hier entfaltet,
Die Zierlichkeit der Arbeit, die Vollendung,
Und dieser Riß: da hat wohl Gott gewaltet.
Das Werk bestimmte seines Schicksals Wendung,
Es sollt' ihn zu des Ruhmes Gipfel tragen,
Und ward das Werkzeug einer höhern Sendung.
Ich muß vom frommen Meister mehr dir sagen;
Wie lieblich er in seiner Kunst erscheint,
War selbst er liebenswert in seinen Tagen.
Anjou, der mit der Kunst es gut gemeint,
Hat ihn geehret vor den Meistern allen,
Die huldreich er an seinen Hof vereint.
Für Anjou hat der Meister den Metallen
Das Siegel seines Geistes eingedrückt,
Und Kirchen ihm verziert, Altar und Hallen;
Auch seinen Schenktisch hat er ihm geschmückt,
Geschmiedet ihm Pokale, Krüge, Schilde,
Die jedes Kunsterfahrnen Blick entzückt.
Da wollte denn der Fürst in seiner Milde,
Daß noch aus lauterm Golde, sondergleichen,
Sein Meisterstück er, eine Tafel bilde;
Versehen sollt' er die mit seinem Zeichen,
Auf daß die Nachwelt seinen Ruhm erfahre,
Und staunend ihm den Lorbeer möge reichen.
Hier liegt der Riß dir vor, den ich bewahre;
Am Werke selbst hat meines Meisters Hand
Gehämmert und gefeilt drei volle Jahre.
Und wie er fertig war, wie er's gesandt
Dem guten Fürsten, welcher es bestellt,
Da hatte sich das Glück von dem gewandt.
Die Feindschaft weißt du, die sich eingestellt
Verderblich zwischen ihm und Lanzelote
Und aufgereget eine halbe Welt;
Da kam zum Meister ein betrübter Bote:
Einschmelzen hatt' er jene Tafel lassen,
Weil ihm kein Geld, kein schnödes, zu Gebote.
Da sahn den guten Meister wir erblassen,
Erschrocken schweigen eine lange Zeit,
Und krampfhaft nach dem wunden Herzen fassen.
Dann, niederkniend in Unterwürfigkeit,
Sprach er und hob die Arme himmelwärts:
Auch das war eitel! eitel Eitelkeit!
Am ird'schen Abglanz hing mein töricht Herz,
An dem vergänglichen des ew'gen Lichtes:
Nun faßt um Eitles mich ein eitler Schmerz!
O Herr, was falsch und eitel war, vernicht es!
In meinem Busen dienen dir und büßen,
Das will ich bis zum Tage des Gerichtes.
So stand er auf und sah uns an mit süßen,
Wehmüt'gen Blicken, schritt sodann hinaus,
Rückschauend nur noch einmal uns zu grüßen.
Und in die Berge, in der Wildnis Graus
Trug weltverlassend ihn sein Fuß, zu bauen
Einsiedlerisch Kapell' und niedres Haus.
Da mocht' er Unvergänglichem vertrauen
Und suchen, klares Auges, reines Licht,
Vermeidend in das Nebeltal zu schauen.
Wie fromm er war, ein Frömmler war er nicht;
Oft suchten wir ihn auf, er sah uns gerne
Und gab uns lächelnd Rat und Unterricht.
Er liebte noch die Künste wie die Sterne,
Und seine lieben Schüler und Genossen;
Er hielt sein Herz nur von dem Schlechten ferne.
Einst fanden wir wie schlummernd hingegossen
Am Kreuz ihn, wo zu beten er gepflegt;
Sein altermüdes Auge war geschlossen.
Wir weinten, als wir ihn zur Ruh' gelegt.
A. v. Chamisso.
Wie war zu Köln es doch vordem
Mit Heinzelmännchen so bequem!
Denn war man faul ... man legte sich
Hin auf die Bank und pflegte sich:
Da kamen bei Nacht Ehe man's gedacht
Die Männlein und schwärmten Und klappten und lärmten
Und rupften Und zupften
Und hüpften und trabten Und putzten und schabten,
Und eh' ein Faulpelz noch erwacht,
War all sein Tagewerk bereits gemacht.
Die Zimmerleute streckten sich
Hin auf die Spän' und reckten sich,
Indessen kam die Geisterschar
Und sah, was da zu zimmern war:
Nahm Meißel und Beil Und die Säg' in Eil':
Sie sägten und stachen Und hieben und brachen,
Berappten Und kappten,
Visierten wie Falken Und setzten die Balken:
Eh' sich 's der Zimmermann versah,
Klapp, stand das ganze Haus schon fertig da.
Beim Bäckermeister war nicht Not,
Die Heinzelmännchen backten Brot.
Die faulen Burschen legten sich,
Die Heinzelmännchen regten sich –
Und ächzten daher Mit den Säcken schwer!
Und kneteten tüchtig Und wogen es richtig,
Und hoben Und schoben
Und fegten und backten Und klopften und hackten.
Die Burschen schnarchten noch im Chor:
Da rückte schon das Brot, das neue, vor.
Beim Fleischer ging es just so zu:
Gesell und Bursche lag in Ruh'.
Indessen kamen die Männlein her
Und hackten das Schwein die Kreuz und Quer.
Das ging so geschwind Wie die Mühl' im Wind:
Die klappten mit Beilen, die schnitzten an Speilen,
Die spülten, Die wühlten,
Und mengten und mischten Und stopften und wischten.
Tat der Gesell die Augen auf –
Wapp! hing die Wurst da schon im Ausverkauf.
Beim Scheuken war es so: es trank
Der Küfer bis er niedersank:
Am hohlen Fasse schlief er ein:
Die Männlein sorgten um den Wein
Und schwefelten fein Alle Fässer ein,
Und rollten und hoben Mit Winden und Kloben
Und schwenkten Und senkten
Und gossen und panschten Und mengten und manschten.
Und eh' der Küfer noch erwacht,
War schon der Wein geschönt und fein gemacht.
Einst hatt' ein Schneider große Pein:
Der Staatsrock sollte fertig sein;
Warf hin das Zeug und legte sich
Hin auf das Ohr und pflegte sich:
Da schlüpften sie frisch In den Schneidertisch
Und schnitten und rückten Und nähten und stickten
Und faßten Und paßten
Und strichen und guckten Und zupften und ruckten,
Und eh' mein Schneiderlein erwacht,
War Bürgermeisters Rock bereits gemacht.
Neugierig war des Schneiders Weib,
Und macht sich diesen Zeitvertreib:
Streut Erbsen hin; die andre Nacht
Die Heinzelmännchen kommen sacht.
Eins fährt nun aus, Schlägt hin im Haus;
Die gleiten von Stufen Und plumpen in Kufen;
Die fallen Mit Schallen,
Die lärmen mit Schreien Und vermaledeien!
Sie springt hinunter auf den Schall
Mit Licht: husch, husch, husch, husch! – verschwinden all'!
O weh, nun sind sie alle fort
Und keines ist mehr hier am Ort!
Mau kann nicht mehr wie sonsten ruhn,
Man muß nun alles selber tun!
Ein jeder muß fein Selbst fleißig sein
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