Klaus Pollmann - Unter Waffen schweigen die Gesetze

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Krieg in Germanien. Der römische Feldherr Drusus marschiert mit seinen Legionen vom Rhein zur Weser, um die Sugambrer zu unterwerfen. Melon, Herzog der Sugambrer, schmiedet seinerseits eine Koalition gegen die römischen Invasoren. Wer hat Erfolg? Auf welche Seite wird sich der Stamm der Cherusker schlagen?Mittendrin befindet sich Centurio Marcellus, der eine Centurie der XVIII Legion befehligt. Er muss sich mit zweifelhaften Verbündeten, der schlechten Versorgungslage fernab der römischen Legionsstützpunkte und germanischen Hinterhalten herumschlagen. Auch sein Privatleben bleibt vom Krieg nicht verschont. Es ist nicht immer leicht, den Überblick zu behalten und das Richtige zu tun. Denn wie schon Cicero sagte: Inter arma enim silent leges. Unter Waffen schweigen die Gesetze.

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Klaus Pollmann

Unter Waffen schweigen die Gesetze

Imprint

Unter Waffen schweigen die Gesetze

Klaus Pollmann

published by: epubli GmbH, Berlin

Copyright: © 2015 Klaus Pollmann

Konvertierung: Sabine Abels www.e-book-erstellung.de

Titelbild: delkoo (depositphotos.com)

Inhaltsverzeichnis

Prolog – Bündnisse

Principes Centurio

Mars und Vesta

An den Ufern des Visurgis

Im Nebel des Krieges

Gladius und Medicus

Aliso

Sui Iuris – Mündig

Zwischen Rhenus und Visurgis

Civis Romanum sum – Ich bin ein Bürger Roms

Strafexpedition

Tage des Unheils

Prolog – Bündnisse

Eresburg

Die oberhalb der Diemel gelegene Eresburg war von strategischer Bedeutung. Sie beherrschte die Straße zur Weser und kontrollierte den Zugang zur Hochebene von Arbalo und damit die Bergwerke. Lange Zeit war sie der Sitz der Teiwazsippe gewesen, bis Melon und seine Wolfssippe sie vertrieben hatte.

Jetzt verbrachte der Herzog der Sugambrer hier den Winter. Melon hatte zahlreiche Unterhändler und Kundschafter zu den anderen Stämmen geschickt. Ihre Nachrichten waren ausgesprochen schlecht.

„Sechs Legionen sind am Rhein aufmarschiert“, berichteten die Kundschafter. „Außerdem rüsten die Chatten zum Krieg. Sie sind von den Römern aufgewiegelt worden und werden angreifen, sobald der Schnee geschmolzen ist.“

Baitorix, Melons Bruder und Priester der Göttin Tamfana, hatte mit den Stämmen des Nordens verhandelt und war unverrichteter Dinge zurückgekehrt. Die Friesen, Chamaven und Chauken hatten sich mit den Römern verbündet.

„Die Stämme des Nordens berichten, dass die Römer mit Hunderten von Schiffen an den Küsten des Nordmeers aufgetaucht sind. Schiffe, so groß wie Häuser!“, berichtete Baitorix. „Selbst die Brukterer, die viele Tagesreisen vom Meer entfernt leben, erzählen, dass Schiffe, auf die ganze Gefolgschaften passen, in die Flüsse vorgedrungen sind.“

Melon rief also die Aldermänner und Hunnos der Sugambrer auf der Eresburg zusammen. Er schickte auch Boten zu den Cheruskern, und deren Aldermänner Segimundus, Sebald und Ermin folgten seinem Ruf.

Gerolf war als Vertreter der Speersippe seines Vaters Gerwin auf die Eresburg gesandt worden. Er konnte die Geschichten aus dem Norden einfach nicht glauben. Zur gleichen Zeit, als mehrere Legionen ins Land der Sugambrer vorgedrungen waren und die Hirschsippe und die Teiwazsippe unterworfen hatten, hatten andere Römer das Nordmeer befahren? Das klang wie eine Gruselgeschichte, die man im Winter am Feuer erzählte. So viele Krieger konnte keine Macht der Welt aufbringen!

Doch auch Gerolf hatte wichtige Neuigkeiten für Melon. Er überbrachte dem Herzog die Grüße und besten Wünsche seines Vaters und berichtete ihm von der Kontaktaufnahme mit den Römern.

Auf Melons Wunsch hatte Gerwin Boten zu den Römern geschickt und nach den Bedingungen für eine Unterwerfung gefragt. Die Römer hatten nicht viel verlangt, und was sie verlangt hatten, war sehr eigenartig.

Die Speersippe sollte, als Zeichen ihrer Aufrichtigkeit, die Bauarbeiten an der Benesburg einstellen. Die Nordmauer sollte unvollendet bleiben. Einen Weiterbau, so verkündete der Gesandte der Römer, würden die Römer als Kriegserklärung betrachten. Gerwin hatte dem Vertrag zugestimmt und durfte nun nicht mehr mit seinen Gefolgsleuten gegen die Römer kämpfen. Für Melon waren dies trotzdem ausnahmsweise gute Nachrichten. Er konnte die Eindringlinge jetzt aus nächster Nähe beobachten. Händler und Fischer lieferten Berichte über Nachschub- und Truppenbewegungen. Außerdem konnte die Speersippe ungestört Vorräte, Männer und Waffen liefern, ohne von den Römern behelligt zu werden.

Einen Teil von Gerwins Gefolgsleuten würde Melon einfach übernehmen. Die Unterwerfung der Speersippe war ein taktisches Meisterstück! Zufrieden entließ Melon Gerolf.

Der ging eilig über den Hof zur großen Halle. Nach der langen Unterredung mit Melon war er spät dran. Das Festessen hatte schon begonnen.

Die Fackeln warfen ein unruhiges Licht auf die Versammelten, und die Schatten tanzten um sie herum. Die Gefolgsleute saßen an langen Tischen. Gerolf sah seinen kleinen Bruder Gernot, der, wie alle jüngeren Söhne, die noch nicht zum Mann erklärt worden waren, herumging und Bier und Met einschenkte. Der Duft von Gebratenem hing in der Luft.

Gernot stellte seinem Bruder mit einem flüchtigen Lächeln einen Teller mit Brot und einem würzigen Käse hin und eilte weiter. Gerolf setzte sich neben Segestes, einem jungen Cherusker. Meinolf, Melons ältester Sohn, begrüßte ihn mit einem Kopfnicken.

„Warum sollen wir nach Westen ziehen?“, fragte Segestes herausfordernd in die Runde hinein. „Was gibt es im Land jenseits des Rheines schon?“

Meinolf schwang sein Bein über die Bank, stand auf und kam zu ihnen herüber. Er ließ sich direkt neben Gerolf auf die Bank fallen.

„Das ist eine gute Frage, Segestes, Sohn des Segimundus.“

Er trank einen Schluck Bier und wischte sich den Schaum aus dem Bart.

„Gallien ist ein ausgesprochen fruchtbares Land, es macht viele Menschen satt. Sie haben dort wunderschöne Frauen und sehr guten Stahl.“

Gerolf sah sich nach seinem Bruder um.

„Gernot! He, Gernot!“

Er winkte ihn zu sich. „Gib‘ mir dein Messer!“

Gernot gehorchte. Gerolf schob Segestes das Messer über den Tisch zu. Der Cherusker sah erstaunt von ihm zu Gernot, der nur mit den Schultern zuckte. Segestes zog das Messer aus seiner Scheide und betrachtete die Klinge.

„Ich habe meinem Bruder Gernot das Messer von meiner letzten reisa nach Gallien mitgebracht“, erklärte Gerolf.

„Diesen Stahl hast du verschenkt?“, fragte Segestes ungläubig. „Du hast ihn nicht selbst behalten?“

Gerolf schüttelte den Kopf. „Nein, ich habe dieses hier.“

Er schob seine eigene Klinge über den Tisch.

„Es soll dir gehören.“

Segestes bestaunte die Klinge.

„Ich danke dir Gerolf, Sohn des Gerwin“, sagte der Cherusker. „Ein wahrhaft großzügiges Geschenk! Nimm meine Klinge im Austausch dafür!“

„Danke, Segestes, Sohn des Segimundus“, sagte Gerolf und musterte Segestes‘ Klinge aus brüchigem Eisen. Kein Wunder, dass der gallische Stahl den Cherusker so begeisterte.

„Die gallischen Schwerter sind noch viel besser“, sagte Meinolf laut und vernehmlich.

Sebald hatte ihr Gespräch aufmerksam verfolgt und rief nun vom anderen Ende der Tafel her: „Wann hast du die nächste reisa geplant, Meinolf?“

In seinen Augen flackerte die Beutegier.

„Mein Sohn Segimer würde sich dir gerne anschließen. Das wäre mal was anderes als den Langobarden ein paar magere Kühe zu rauben!“

„Mir folgen dreißig Schwertträger!“, rief Segimer. „Meinolf, ich stehe dir mit meinen Männern zur Verfügung.“

„Mit solchen Kriegern an unserer Seite würden wir noch mehr Ruhm und Beute erringen“, bestätigte Meinolf. „Doch so sehr ich dein Angebot begrüße, Sebald, wir werden uns erstmal eines Überfalls der Chatten erwehren müssen.“

„Die Chatten? Die werdet ihr doch leicht zurückschlagen können!“

„Die Römer stehen an den Ufern der Lupia. Wenn wir sie zurückgeschlagen haben, werden wir die reisa sofort durchführen. Wir können dann nicht auf deinen Sohn warten.“

Sebald schlug mit der geballten Faust auf den Tisch. „Dann soll er dir bei dem Kampf gegen die Römer und Chatten zur Seite stehen. Er soll seine Beute im Krieg machen und danach an der reisa teilnehmen.“

„Wenn du es wünscht, Aldermann!“, sagte Meinolf und trank Sebald zu. „Aber wie umfangreich die reisa sein wird, kann ich dir nicht sagen. Du weißt, das Glück ist im Krieg launisch und schlägt sich mal auf diese, mal auf jene Seite.“

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