Er sah sie irritiert an, während er ihr eine Strähne aus dem Gesicht strich. »Was meinst du damit?«
Sie richtete sich ebenfalls auf und küsste ihn. »Ich möchte mit dir unbedingt zusammen sein, allerdings nicht als Ehemann einer anderen Frau.«
»Bis wann muss ich mich denn entscheiden?«
Sie tätschelte liebevoll seine Wangen, ehe sie meinte: »Eines musst du mir versprechen, dass du nichts über das Knie brichst, was du später bereuen wirst.«
Er nickte. »Ich liebe dich und werde schon bald eine Lösung finden. Ich gebe allerdings ehrlich zu, dass es für mich bereits entschieden ist.«
Marta hielt ihren Zeigefinger direkt auf Carlos Lippen, sodass er sofort verstummte. Dann bat sie ihm mit ernster Miene: »Lasse dir bitte Zeit. Ich habe auch Ecken und Kanten, die du noch gar nicht kennst.« Ihre Hand glitt langsam seinen Körper herunter, bis sie schließlich den erigierten Penis erreichte, den sie behutsam umfasste. »Oh, da ruft ja jemand nach einer zweiten Runde«, meinte sie lachend.
»Nicht nur der«, erwiderte ihr Liebhaber leise und küsste Marta auf den Mund, ehe die Küsse zum Hals und ihre Brüste weiterwanderten, während seine Hand auf ihren feuchten Schamhaaren lag. Gerade als er beginnen wollte, ihre Klitoris sacht zu stimulieren, begann ein Handy zu klingeln.
»Verdammt«, brummte er enttäuscht, »was ist denn jetzt schon wieder los?«
Er richtete sich seufzend auf und griff nach seinem Samsung Galaxy, ehe er den Anruf entgegennahm: »Ja.« Dann hörte er für einige Zeit einem, leise sprechenden, Gesprächspartner zu, bis er schließlich meinte: »Ich brauche nicht abgeholt zu werden. Ich gehe zu Fuß zum Tatort. Bis gleich.« Er legte das Handy auf den Nachttisch zurück. Anschließend beugte er sich zu Marta hinüber, die sich ebenfalls aufgerichtet hatte, und küsste sie auf den Mund. Danach sagte er bedauernd: »Ich muss leider los.«
Sie sah ihn neugierig an. »Was liegt denn an?«
»Junge Leute haben auf dem ›Plaza de España‹ einen Toten gefunden. Auf der Stirn wurde wieder der typische Fingerabdruck entdeckt.« Er schüttelte den Kopf und murmelte frustriert: »Nimmt das vielleicht irgendwann mal ein Ende?«
»Ja, vermutlich erst dann, wenn der Täter auf der Insel seine Mission erfüllt hat«, meinte Marta mit ernster Miene, ehe sie aufstand und ihre Sachen zusammensuchte, die überall im Schlafzimmer verteilt lagen.
Carlos, der ebenfalls das Bett verlassen hatte, ging es ähnlich. »Wir alten Leute haben uns ja wie junge Teenager die Kleidung vom Körper gerissen«, erklärte er dazu lachend.
»Da kannst du mal sehen, wie nötig wir es hatten, Liebling.«
Gerade als sie mit dem Bündel Sachen im Bad verschwinden wollte, begann ihr Festnetztelefon zu klingeln.
»Tja, jetzt bist du dran, Schatz«, flüsterte er ihr schmunzelnd zu.
»Das glaube ich auch«, erwiderte sie seufzend und legte ihre Kleidung rasch auf dem Boden ab, ehe sie nackt zum Telefon ging und den Hörer abnahm: »Ja, hier Lopez.« Genauso, wie vorhin Carlos hörte sie dem Anrufer schweigend zu, bis sie schließlich sagte: »Ihr könnt mich von zu Hause abholen. Ich habe meine Ausrüstung hier. Bis gleich.« Nachdem sie aufgelegt hatte, blickte sie ihren Liebhaber nachdenklich an, ehe sie vorschlug: »Am besten ich dusche als erste, sodass ich früher am Tatort bin, als du. Es sei denn, du kommst mit mir mit.«
Garcia kratzte sich verunsichert an der Schläfe, ein Zeichen, dass er nervös und unentschlossen war.
Marta erkannte sein Zögern sofort. Sie winkte ab und meinte zu ihm: »Vergiss es! Das war eben nur Spaß. Wir wollen uns ja nicht wie die Axt im Wald vor den Kollegen aufführen. Jedenfalls jetzt noch nicht.«
Er nickte. »Ich denke auch, heute wäre ein schlechter Zeitpunkt sich zu outen.«
Sie drohte ihm scherzhaft mit dem Finger: »Ja, aber drumherum kommen wirst du irgendwann nicht, mein Liebling.«
»Das ist mir schon klar, Schatz«, erwiderte er so leise wie möglich, als hätte er Angst, die Wände hörten bei ihrem Disput zu.
»Okay, dann werde ich mal schnell duschen.« Sie griff nach ihrer Kleidung und verschwand im Badezimmer. Von dort war kurz darauf, das Rauschen von Wasser zu hören.
Carlos stand unterdessen am breiten Fenster des Schlafzimmers, das bis zum Boden reichte und sah mit nachdenklicher Miene hinaus. Nun war das passiert, was er sich bereits lange innerlich gewünscht hatte. Er liebte Marta über alles, trotzdem ahnte er, dass noch ein höchst komplizierter Weg vor ihm lag, bis er sich von seiner Frau trennen konnte. Das Problem dabei lag nicht nur alleine an der katholischen Kirche, die Scheidungen nicht allzu häufig gestattete, sondern an der gesamten Familie, die eng zusammenhielt und ihn vermutlich nach einer Trennung, wie einen Aussätzigen behandeln würde. Ist Marta tatsächlich das Risiko dieses Verlustes wert? Er brauchte nicht zu überlegen. Stattdessen murmelte er: »Ja, das ist sie.«
»Was hast du eben gesagt?«, hörte er plötzlich eine leise Stimme hinter sich, während sich der noch feuchte und kühle Körper seiner Freundin an ihn schmiegte. Er wich ihrer Frage geschickt aus und erwiderte, ohne sich umzudrehen: »Ich bin froh, dass wir uns gefunden haben.«
»Das bin ich auch, Schatz.« Dann ließ sie ihn los und öffnete ihren Kleiderschrank, der eine Seite des Schlafzimmers fast vollständig einnahm. Rasch nahm sie Unterwäsche und einigen Sachen heraus, die nicht so auffällig waren, und zog sich an.
In diesem Moment sah Carlos einen dunklen VW Transporter, der direkt vor dem Hauseingang hielt. Der Fahrer, ein jüngerer Mann, stieg aus und begab sich zum Eingang. Wenig später klingelte die Türsprechanlage.
»Ich glaube, du wirst abgeholt. Unten steht ein schwarzer Kleintransporter.« Er drehte sich zu Marta um. Die Gerichtsmedizinerin nickte, ehe sie rasch zur Wechselsprechanlage ging und den Hörer abnahm: »Ich komme sofort runter, Luiz.«
Dann kehrte sie ins Schlafzimmer zurück und holte ihren Einsatzkoffer aus dem Kleiderschrank heraus. An Carlos gewandt, sagte sie lächelnd: »So mein Schatz, das Bad ist frei und steht dir uneingeschränkt zur Verfügung. Wir sehen uns ja nachher gleich wieder.«
»Was für ein idyllischer Treffpunkt für ein Date«, meinte er lachend, ehe er zu ihr hinüberging und sie küsste.
»Da musst du dich vermutlich beim Mörder beschweren, dass er so abrupt unsere Zweisamkeit unterbrochen hat.«
»Das werde ich auch garantiert tun. Darauf kannst du Gift nehmen.«
»Das Letztere mache ich natürlich nicht oder willst du mich etwa loswerden?«, konterte Marta lachend, während sie nach dem Koffer griff und im Flur verschwand. Einen Moment später verließ sie die Wohnung, was er am Schließen der Wohnungstür hörte.
Als von der Straße her leise Motorengeräusche zu hören waren, blickte der Kriminalist neugierig hinunter. Er sah, wie Scheinwerfer angingen und der Kleintransporter von der Gerichtsmedizin losfuhr, kurz darauf rechts abbog und hinter hohen Gebäuden aus dem Blickfeld verschwand.
Auch für ihn wurde es langsam Zeit, zum Tatort zu kommen. Er griff nach seinen Sachen, ehe er leise pfeifend in das Badezimmer ging, um sich ausgiebig zu duschen. Er freute sich auf das baldige Wiedersehen mit Marta, obwohl es ein trauriger Anlass war. Aber das interessierte ihn dabei nur am Rande.
1 Stunde später, Plaza de España in Santa Cruz
Frisch geduscht und geföhnt traf Carlos an der weiträumigen Absperrung zum Tatort ein. Er wurde bereits von zwei Kamerateams, mehreren Presseleuten und seinem Stellvertreter empfangen. Als die Journalisten ihn erblickten, bombardierten sie ihn sofort mit Fragen: »Warum hat die Leiche auf der Stirn einen Fingerabdruck? Ist auf der Insel ein Serienmörder unterwegs? Wurde der Tote erschossen oder erstochen? Gibt es eine Todesliste? Handelt es sich bei den Opfern nur um Deutsche? War der Täter bereits woanders aktiv? ...«
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