Nach den Jungfrauen · und sollt mir dann gestehn,
Welche ihr nehmen wolltet · wär’ euch die Wahl verliehn.“
„Das will ich,“ sprach Gunther · dieser Ritter schnell und kühn.
„So schau’ ich ihrer eine · in jenem Fenster an,
Im schneeweißen Kleide · die ist so wohlgetan:
Die wünschen meine Augen · so schön ist sie von Leib.
Wenn ich gebieten dürfte · sie müßte werden mein Weib.“
„Dir hat recht erkoren · deiner Augen Schein:
Es ist die edle Brunhild · das schöne Mägdelein,
Nach der das Herz dir ringet · der Sinn und auch der Mut.“
All ihr Gebaren · dauchte König Gunthern gut.
Da hieß die Königstochter · von dem Fenster gehn
Die herrlichen Maide · sie sollten da nicht stehn
Zum Anblick für die Fremden · sie folgten unverwandt.
Was da die Frauen taten · das ist uns auch wohl bekannt.
Sie zierten sich entgegen · den unkunden Herrn,
Wie es immer taten · schöne Frauen gern.
Dann an die engen Fenster · traten sie heran,
Wo sie die Helden sahen · das ward aus Neugier getan.
Nur ihrer Viere waren · die kamen in das Land.
Siegfried der kühne · ein Roß zog auf den Strand.
Das sahen durch die Fenster · die schönen Frauen an:
Große Ehre dauchte · sich König Gunther getan.
Er hielt ihm bei dem Zaume · das zierliche Roß,
Das war gut und stattlich · stark dazu und groß,
Bis der König Gunther · fest im Sattel saß.
Also dient’ ihm Siegfried · was er hernach doch ganz vergaß.
Dann zog er auch das seine · aus dem Schiff heran:
Er hatte solche Dienste · gar selten sonst getan,
Daß er am Steigreif Helden · je gestanden war’.
Das sahen durch die Fenster · diese schönen Frauen hehr.
Es war in gleicher Weise · den Helden allbereit
Von schneeblanker Farbe · das Roß und auch das Kleid,
Dem einem wie dem andern · und schön der Schilde Rand:
Die warfen hellen Schimmer · an der edeln Recken Hand.
Ihre Sättel wohlgesteinet · die Brustriemen schmal:
So ritten sie herrlich · vor Brunhildens Saal;
Daran hingen Schellen · von lichtem Golde rot.
Sie kamen zu dem Lande · wie ihr Hochsinn gebot,
Mit Speeren neu geschliffen · mit wohlgeschaffnem Schwert,
Das bis auf die Sporen · ging den Helden wert.
Die Wohlgemuten führten · es scharf genug und breit.
Das alles sah Brunhild · diese herrliche Maid.
Mit ihnen kam auch Dankwart · und sein Bruder Hagen:
Diese beiden trugen · wie wir hören sagen,
Von rabenschwarzer Farbe · reichgewirktes Kleid;
Neu waren ihre Schilde · gut, dazu auch lang und breit.
Von India dem Lande · trugen sie Gestein,
Das warf an ihrem Kleide · auf und ab den Schein.
Sie ließen unbehütet · das Schifflein bei der Flut;
So ritten nach der Feste · diese Helden kühn und gut.
Sechsundachtzig Türme · sahn sie drin zumal,
Drei weite Pfalzen · und einen schönen Saal
Von edelm Marmelsteine · so grün wie das Gras,
Darin Brunhild selber · mit ihrem Ingesinde saß.
Die Burg war erschlossen · und weithin auf getan,
Brunhildes Mannen · liefen alsbald heran
Und empfingen die Gäste · in ihrer Herrin Land.
Die Rosse nahm man ihnen · und die Schilde von der Hand.
Da sprach der Kämmrer einer · „Gebt uns euer Schwert
Und die lichten Panzer“ · „Das wird euch nicht gewährt,“
Sprach Hagen von Tronje · „wir wollen’s selber tragen.“
Da begann ihm Siegfried · rechten Bescheid davon zu sagen:
„In dieser Burg ist Sitte · das will ich euch sagen,
Keine Waffen dürfen · da die Gäste tragen:
Laßt sie von hinnen bringen · das ist wohlgetan.“
Ihm folgte wider Willen · Hagen, König Gunthers Mann.
Man ließ den Gästen schenken · und schaffen gute Ruh.
Manchen schnellen Recken · sah man dem Hofe zu
Allenthalben eilen · in fürstlichem Gewand;
Doch wurden nach den Kühnen · ringsher die Blicke gesandt.
Nun wurden auch Brunhilden · gesagt die Mären,
Daß unbekannte Recken · gekommen wären
In herrlichem Gewande · geflossen auf der Flut.
Da begann zu fragen · diese Jungfrau schön und gut:
„Ihr sollt mich hören lassen“ · sprach das Mägdelein,
„Wer die unbekannten · Recken mögen sein,
Die ich dort stehen sehe · in meiner Burg so hehr,
Und wem zulieb die Helden · wohl gefahren sind hieher.“
Des Gesindes sprach da einer · „Frau, ich muß gestehn,
Daß ich ihrer keinen · je zuvor gesehn;
Doch einer steht darunter · der Siegfrieds Weise hat:
Den sollt ihr wohl empfangen · das ist in Treuen mein Rat.
Der andere der Gesellen · gar löblich dünkt er mich;
Wenn er die Macht besäße · zum König ziemt’ er sich
Ob weiten Fürstenlanden · sollt er die versehn.
Man sieht ihn bei den andern · so recht herrlich da stehn.
„Der dritte der Gesellen · der hat gar herben Sinn,
Doch schönen Wuchs nicht minder · reiche Königin.
Die Blicke sind gewaltig · deren so viel er tut:
Er trägt in seinem Sinne · wähn’ ich, grimmigen Mut.
„Der jüngste darunter · gar löblich dünkt er mich:
Man sieht den reichen Degen · so recht minniglich
In jungfräulicher Sitte · und edler Haltung stehn:
Wir müßten’s alle fürchten · wär’ ihm ein Leid hier geschehn,
„So freundlich er gebare · so wohlgetan sein Leib,
Er brächte doch zum Weinen · manch waidliches Weib,
Wenn er zürnen sollte · sein Wuchs ist wohl so gut,
Er ist an allen Tugenden · ein Degen kühn und wohlgemut.“
Da sprach die Königstochter · „Nun bringt mir mein Gewand:
Und ist der starke Siegfried · gekommen in mein Land
Um meiner Minne willen · es geht ihm an den Leib:
Ich fürcht’ ihn nicht so heftig · daß ich würde sein Weib.“
Brunhild die schöne · trug bald erlesen Kleid.
Auch gab ihr Geleite · manche schöne Maid,
Wohl hundert oder drüber · sie all in reicher Zien
Die Gäste kam zu schauen · manches edle Weib mit ihr.
Mit ihnen gingen Degen · da aus Island,
Brunhildens Recken · die Schwerter in der Hand,
Fünfhundert oder drüber · das war den Gästen leid.
Aufstanden von den Sitzen · die kühnen Helden allbereit.
Als die Königstochter · Siegfrieden sah,
Nun höret, wie die Jungfrau · zu ihm redet’ da:
„Seid willkommen, Siegfried · hier in diesem Land.
Was meint eure Reise? · das macht mir, bitt’ ich, bekannt.“
„Viel Dank muß ich euch sagen · Frau Brunhild,
Daß ihr mich geruht zu grüßen · Fürstentochter mild,
Vor diesem edlen Recken · der hier vor mir steht:
Denn der ist mein Lehnsherr · der Ehre Siegfried wohl enträt.
„Er ist geboren vom Rheine · was soll ich sagen mehr?
Dir nur zuliebe · fuhren wir hieher.
Er will dich gerne minnen · was ihm geschehen mag.
Nun bedenke dich bei Zeiten · mein Herr läßt nimmermehr nach.
„Er ist geheißen Gunther · ein König reich und hehr.
Erwirbt er deine Minne · nicht mehr ist sein Begehr.
Er gebot mir, herzufahren · mit ihm, meinem Herrn.
Hätt’ ich’s ihm weigern können · ich unterließ die Reise gern.“
Sie sprach: „Wenn er dein Herr ist · und du in seinem Lehn,
Wagt er, die ich erteile · meine Spiele zu bestehn
Und bleibt darin der Meister · so werd’ ich sein Weib;
Doch ist’s, daß ich gewinne · es geht euch allen an den Leib.“
Da sprach von Tronje Hagen · „So zeigt uns, Königin,
Eure starken Spiele · Eh’ euch den Gewinn
Mein Herr Gunther ließe · so müßt’ es übel sein:
Читать дальше