Jules van der Ley
Goethes bunter Elefant
Schräge Geschichten
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Inhaltsverzeichnis
Titel Jules van der Ley Goethes bunter Elefant Schräge Geschichten Dieses ebook wurde erstellt bei
Ein beinah perfekter Sommertag
Könige ohne Land
Bitte geben Sie der Welt einen Sinn
Erneuter Fehler im Galaktischen Betriebssystem
Große Kunst mit Maklern und sonstiger Quatsch
Trauriges im Tief
Weckerchen Holger und der Zauber des Schreibens
Wissenswertes über den Blogger-Dutt
Die Magie von Träumen und Erwachen
Heiner Lauterbach nimmt den Bus
Im Weg rumstehen
Im Wohnzimmer keucht was
Hupfdohlen am Morgen
Karges Traumgesicht
Ein einfaches und ein normales Brötchen
Superlative, Handschrift und Fußleisten
Die Erkundung digitaler Grenzen
Wasser und Türme
Die Lampen der Galaktischen Registratur
Mutmaßung über Männer und Müll
Frühlingsaufbruch und Sockenverweigerung
Die Schwierigkeit, nach Hause zu finden
Depp mit Einkaufskorb
Puddingprobleme
Wer wollte da wach bleiben?
Meine tägliche Reise mit der Zeitmaschine
Orbs mögen keine Krawatten
Im Fahrradkeller – Reise in den Abgrund
unterstadt – ein fragment
Anleitung zur Sorgsamkeit
Die Frau auf der Treppe
Einheimische Socken, verzweifelt gesucht
Professor Costers Fragmente
Was am Feuer beredet und bei Tag erfasst wurde
Aus der Zeit gerutscht
Karpfen, Knoblauch und Kargokult
Langweiliges Paradies
Anlasslose Zuwendung und Abneigung
Im Dunstkreis eines Müllautos
Neues vom Institut für Pataphysik
Keine Hose – kein Gott
In die Hände gefallen
Der menschliche Stuhl – Die Lesung der Wirtin – oder Die Ortlosigkeit der Katze
Gefährliche Dübel
Von der Musik der Schnellwege in Hannover
Die Wildheit des Gesichts – kurze Horrorgeschichte
Pareidolie – Köpfe im Blattwerk
Neueste Nachrichten vom Nichtstun
Das unrühmliche Ende einer Engeltasse
Die dumpfen Grundtöne des Geschmacks
Schuld war nur der Plastikeimer
Donald Trumps goldene Spiegel
Intergalaktisches Bettenbauen
Hinter der Mauer
Ein Traum von fleißigen Hühnern
Zeh und Hund
Einladung zu Tisch
Himmelstür
Goethes bunte Elefanten
Bückling vor dem Formular
Die beste Weise, sich zu erden
Die Entmaterialisierung der Dinge
Am Ende der Hühnerleiter
Karfreitagsgeschehen in einer Hose
Egal wie bös du bist, da ist immer jemand böser als du
Lesefrüchte, Bier und schöne Schultern
Dringende Warnung vor Äpfeln
Vom Ächzen, Knirschen und Knarzen
Was ist jetzt mit dem verdammten Bus?
Nasse Socken im Rampenlicht
Tee aus der Feldflasche
Die Besucherin
Anstiftung zum Zweifel
Intergalaktische flaschenpost
Herr Kaspar missbilligt
Schräg
Gedränge im Oberstübchen
Doofes Laub und was man dagegen machen kann
Synchronschwärmen in Hamm
Wäscherei Fonk – Schieflage auf der inneren Bühne
Kölner Poller und ich
Impressum neobooks
Ein beinah perfekter Sommertag
Gut 25 Jahre habe ich in Aachen gelebt. Darum bin ich durchaus an Touristen gewöhnt. Zu jeder Jahreszeit, bei jedem Wetter hat man sie in der historischen Altstadt um Stadtführer stehen sehen und gaffen. Doch in letzter Zeit schwärmen solche auch durch Hannover-Linden. Sie kommen garantiert nicht von weit her, sind vermutlich überwiegend aus Hannover und wollen mal sehen, wie es ist im angesagtesten Stadtteil Hannovers. Es gibt hier eigentlich nicht viel zu sehen, es geht mehr um Ideelles. Beworben werden die Linden-erleben-Führungen so:
„Erlebt mit uns Hannover-Linden kulturell und lebensnah! Einst Arbeiterviertel mit eigensinnigen Bewohnern avanciert der Stadtteil heute zum Szenebezirk für Nachtschwärmer und Kreative. Diesen Entwicklungen spüren wir auf unseren Führungen durch Linden nach. Auf einem unterhaltsamen Rundgang taucht ihr in Geschichte, Lebensart und Kultur dieses belebten Viertels ein!“
Hallo?! Geht’s noch?
„Unsere City-Guides, die die Touren und Events begleiten, nennen wir liebevoll unsere Stadtgören und Kiezbengel. Sie sind das Herzstück von Living Culture Tours und genau mit der richtigen Prise Verrücktheit gesegnet, die wir brauchen!“
„Do maachen se en Kölle kei Finster för op“, meint in meiner Heimat etwas Belangloses, wenn ich etwa wüsste, wie die erste Briefmarke Deutschlands heißt. Für dieses Wissen öffnen die Kölner nicht mal ein Fenster. Etwas anderes wäre es, wenn ich beispielsweise einer Frau meine Briefmarkensammlung zeigen und stolz den Schwarzen Einser präsentieren könnte. Das würde ich aber nie machen. Wenn ich mich auf schräge Weise interessant machen wollte, würde ich mir eine tote Fliege an den Lidrand kleben, dass es aussieht, als würde die Fliege von meinem Augenwasser trinken.
Es hätte ein fast perfekter Sommertag in Linden sein können. Fräulein Schlicht trug ein hübsches Sommerkleid und hatte mir eine leckere Linsensuppe serviert. Weil sie noch zu heiß war, schrieb ich derweil etwas Belangloses in mein Notizbüchlein. Wenn ich hochschaute, hatte ich die prächtige Fassade eines Gründerzeithauses vor Augen. Im Vorgarten hatten einige Frauen sich zum ausgedehnten Frühstück versammelt. Ich hörte sie plaudern, denn Autoverkehr gibt’s hier nicht, nur ab und zu zieht stoisch eine Straßenbahn vorbei.
„Man kann durchaus schlechter sitzen als hier“, schrieb ich in mein Büchlein und arrangierte die putzigen Salz- und Pfeffergläschen für ein Foto. Plötzlich tauchte eine oben angedrohte „Stadtgöre“ mit einer Touristengruppe auf. Man versammelt sich schräg gegenüber vor dem Café K, und dann schwärmt die „Prise Verrücktheit“ vom Betreiber, dem gelernten Konditor Ralf Schnoor. Der berühmte Mann habe bei „Wer wird Millionär“ die Millionenfrage geknackt, nämlich die nach dem „Schwarzen Einser“, habe die Antwort gewusst, aber der Show wegen noch seinen Telefonjoker angerufen. Als erstes habe Schnoor angekündigt, von der Million seinen Mitarbeitern das Gehalt zu erhöhen und … dass er zu jedem Kaffee eine selbstgemachte Praline kredenzen würde, werde man gleich erleben.
Nach einem Schluck Espresso im Stehen mit Praline bewegte sich die Horde herüber und scharte sich um mich.
„Und hier vor dem Lokal „Fräulein Schlicht“ sitzt ein Mann, der gerade etwas in sein Notizbuch schreibt.“
„Was schreibt er denn?“, fragte ein älterer Mann in beigen Sachen.
„Was schreiben Sie denn?“
„Das geht keinen was an oder glauben Sie, dass ich zum Inventar gehöre, dass mich Fräulein Schlicht dafür bezahlt, vorm Haus zu sitzen und etwas ins Büchlein zu schreiben?“
„Nicht?“
„Nein. Ich esse hier meine Suppe.“
„Vermutlich hat der Mann gar nichts aufgeschrieben, sondern nur Maumännchen gemalt“, rief der Alte hämisch.
„Doch! Ich kann es nur kaum noch lesen. Niedergang der Handschrift, Sie verstehen?“
„Zieren Sie sich nicht so und lesen Sie schon!“
Ich steckte die Nase ins Büchlein und konnte mein Gekrakel kaum entziffern:
„Die Stadtführerin wird von weißen Hornochsen begleitet.“
Mist, verlesen!
„Die Stadtführerin wird von einer weißen Hose begleitet.“
Ach nein, ist wieder falsch!
„Die Stadtführerin ist mit einer weißen Hose bekleidet.“
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