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Über den Autor Über den Autor Jules van der Ley lernte in Neuss/Rhein das Handwerk des Schriftsetzers, arbeitete als Schriftsetzer, Buchdrucker und Layouter in Neuss, Köln und Aachen, erlebte Anfang der 1970-er Jahre das Verschwinden des Bleisatzes und das Aufkommen des computergestützten Fotosatzes. Er studierte an der RWTH Aachen Germanistik und Kunst, arbeitete 25 Jahre als Studienrat am Gymnasium, war medienkundlicher Dozent in der Lehrerweiterbildung, arbeitete nebenher als Redakteur für die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung und beschäftigt sich seit Jahrzehnten sprachwissenschaftlich mit allen Erscheinungsformen von Schrift. Er ist Verfasser einer „Kulturgeschichte der Handschrift“, die unter anderem in der Zeitschrift Grundschule aktuell Heft 110, Mai 2010 erschienen und online hier [http://graphologie-news.net/cms/upload/archiv/Kulturgeschichte_Handschrift.pdf] abrufbar ist. Van der Ley ist Blogger seit 2005 und betreibt derzeit das Blog Teestübchen Trithemius unter der Webadresse trittenheim.wordpress.com.
Vorwort Vorwort Wie selbstverständlich nutzen wir heute die diversen Druckschriften. Die wenigsten sind für die Darstellung auf dem Bildschirm geschaffen worden. Die meisten stammen aus dem Buchdruck. Einige der typografischen Gestaltungsprinzipien wie Block- oder Flattersatz sind von mittelalterlichen Schreibern entwickelt worden. Die Form unserer Kleinbuchstaben stammt aus der Zeit Karls des Großen. Der Wortabstand entstand im 8. Jahrhundert. Unsere Großbuchstaben sind im antiken Rom erstmals in Stein gemeißelt worden. Das Alphabet und die Aufteilung eines Textes in Zeilen stammen aus dem antiken Griechenland. Die hier versammelten Aufsätze zeichnen diese Entwicklung nach und zeigen, welche vergangenen Spuren noch in der heutigen Schriftverwendung zu finden sind, warum Buchstaben so aussehen wie sie uns begegnen, warum sich Handschrift und Druckschrift trennten und sich unterschiedlich weiterentwickelten. Wir sehen, dass Schriftverwendung die kulturelle Entwicklung vorantreibt und Motor kultureller Revolutionen ist. Der heutige Mensch ist Zeuge und gleichzeitig Handelnder in einem mächtigen kulturellen Umbruch, dessen deutlichstes Zeichen das Schwinden der Handschrift ist. Die Beiträge helfen, den kulturellen Umbruch zu verstehen und bewusster zu erleben, und eröffnen, dass sich hinter den simplen Buchstaben in Zeitung, Zeitschrift und Buch, auf Smartphone, Tablet oder Computer ein ganzes Universum auftut. Einige der Texte sind zuerst in meinem Blog trittenheim.wordpress.com erschienen, im Grenzgebiet zwischen analoger Buchkultur und digitaler Publikation. Mit diesem E-Book wurde der Schritt aus der analogen Buchkultur in die digitale Internetkultur gegangen. Unter Berücksichtigung aktueller medialer Entwicklungen, ist dieser Schritt konsequent, wenngleich layouttechnische Vorstellungen aus dem Printmedien sich im E-Book nur ansatzweise realisieren lassen. Dieser Einschränkung steht eine neue Dynamik und Formbarkeit des Textes gegenüber, die es den Leserinnen und Lesern erlaubt, auf beliebigen Endgeräten zu lesen und sogar den eigenen Vorlieben gemäß den Schriftcharakter und die Schriftgröße zu verändern. Und nicht zuletzt kann alles ausdrucken, wer auf das haptische Lesen nicht verzichten möchte. Ich danke Malte Schiefer für die Anregung, das Buch zu machen, für hilfreiche Kritik und die Umwandlung der Manuskriptfassung in ein E-Book. Jules van der Ley Hannover im April 2017
Einleitung Einleitung
Vom Einfluss der Schrift auf die menschliche Kommunikation Vom Einfluss der Schrift auf die menschliche Kommunikation "Während wir auf die von der untergehenden Sonne des Alphabets noch immer ein wenig angeleuchteten Bilder starren, geht in unserem Rücken etwas Neues auf, dessen Strahlen bereits unsere Szenerie treffen. Ähnlich den Sklaven in Platons Höhle müssen wir uns umdrehen, um diesem Neuen die Stirn zu bieten." Vilém Flusser (1920-1991) Der Medienphilosoph Vilém Flusser ist 1991 bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen. Seine letzten Arbeiten beschäftigen sich mit der Bedeutung der Schriftkultur für das Denken der Neuzeit. In den Anfängen des Internets entwickelt Flusser bereits die Vision einer „telematischen Kultur“, in der die Schrift ihren Vorrang einbüßt und von einer seltsamen Allianz zwischen Bild und Zahl in die Enge getrieben wird. Mit der rasanten Entwicklung neuer Kommunikationsformen im Internet beginnt seine Vision Wirklichkeit zu werden. Doch um das Neue zu verstehen, muss man das Alte kennen. Wir tun gut daran, uns mit ruhigem Herzen und klarem Verstand umzudrehen, das milde Licht über der untergehenden Buchkultur zu nutzen und sie noch ein wenig zu betrachten. Seit der Mensch sich technischer Kommunikationsmittel bedient, beeinflussen sie Denken, Sprachhandeln, kulturelle Vorstellungen und gesellschaftliche Strukturen. Stets ist das Aufkommen neuer Kommunikationsmittel von Kritik begleitet gewesen, denn jede neue Technik bringt zwar einen Zugewinn, geht aber auch einher mit Verlust. Wir erleben gerade eine Umbruchphase durch die digitale Kommunikation im Internet, stehen mit einem Bein noch in der Buchkultur und tappen mit dem anderen in die unübersichtliche Welt der digitalen Kommunikation und ihrer diversen Erscheinungen im Internet. Ihre Vorzüge und Nachteile, mithin ihre gesellschaftliche Wirkung und die damit einhergehende Veränderung des Denkens stehen im Vordergrund des Buches. Dabei ist ein Rückgriff auf die vorangegangenen kulturellen Umbrüche nötig, die durch Kommunikationstechniken ausgelöst wurden. Fast alle vorherigen Kommunikationstechniken werden durch die digitale Kommunikation vereinnahmt. Um sie zu verstehen, muss man die Bedingungen und Auswirkungen älterer Kommunikationstechniken betrachten, auf denen die Kommunikation im Internet gründet.
Kritik an der Schrift
Kritik am Buchdruck
Automatische Texterzeugung – Der digitale Poet
Die Herrschaft über Kommunikationsmittel sichert Macht über Köpfe – Zu den Vorteilen des digitalen Publizierens
Antikes Geschrei
Lesen wie Bienensummen
Faustischer Buchdruck – Die Schwarze Kunst
Die Lib zu Christinen – Verrat im Morgengrauen der Schwarzen Kunst
Fraktur versus Antiqua
Exkurs Times New Roman: Einfach – mannhaft – englisch
Aufstieg und Abschaffung der Fraktur
Gebrauch der Fraktur im Lauf der Jahrhunderte
Die unendliche Setzerei
Kanonen der Form
Typografisches Messen
Das Papierformat
Von der Macht des gedruckten Wortes
Wasseramt Köln – Eine Episode aus der Zeit des Buchdrucks
Mediale Revolution
Exkurs Offsetdruck
Fehler aufspießen
Die Jungfrauenhasser
Die Rache des Druckfehlerteufels oder warum Herr Gottschalck nächtens über meinen Flur schleicht
Von der Schwierigkeit, richtig zu schreiben
Einiges über Alphabet und über Alphabetmystik
Exkurs Russisch Brot
Unnötig groBer Rucksack – Das Eszett wurde aufgepumpt
Ypsilon – Das nackte U und die Tugend
Alte Esel iubeln ohne Unterlass – Über die Vokale
Magische Heilkraft der Buchstaben
Ich bin jung und brauche das Geld – Nützliches und Unterhaltsames über den Kettenbrief
Exkurs Himmelsbrief
Volksglaube und Zauberbücher
Buchstabenmagie in unserer Zeit
Rückwärts Lesen und Schreiben
Faszination der Zwänge – Tunk nie ein Knie ein, Knut!
Acht Omas uzen einen Igel – Über die geheimen Zeichen des Ogmios
Exkurs: Deutsche Verirrungen in der Runenforschung
Herr und Frau Tschechow beehren sich einzuladen – Über die Schreibweise der Familiennamen
Über unsere Orthographie
Exkurs Kosogs Diktat
Wörter wie gefaltete Leinwand – Das Deutsche Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm
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