Werte-Konflikte sind vorprogrammiert, können aber gelöst werden, wenn auch nicht immer. Wir können das Verstehen anstreben, aber warum? Weil Werte automatisch Sinn ergeben? Nicht ohne Weiteres! Vielleicht bedarf es sogar einer Theorie des Sinns , um Werte beurteilen zu können, so dass Wert-Konflikte lösbar, wenn nicht vermeidbar werden.
Man kann eine Person besser verstehen als sie sich selbst versteht.
Wer eine „Produktion“ (d.h. jegliche Art von Äußerung und Mitteilung) einer Person verstehen will, bemüht sich um „Reproduktion“, d.h. um einen Nachvollzug dessen, was die Person mitteilt. In diesem Nachvollzug entsteht aber ein „Mehr an Erkenntnis“, und zwar durch den als „Interpretation“ verstehbaren Akt des Verstehens selbst. Wobei ein gewichtiger Unterschied ausschlag-gebend zu sein scheint: Wer – als Produzierende/r – etwas äußert, mitteilt, kommuniziert, vollzieht damit noch keineswegs einen Akt des Verstehens. Der/die Produzierende ist im Augenblick des Produ-zierens nicht Interpret/in der Äußerung der eigenen Person. Man versteht nicht, sondern handelt, indem man produziert. Es ist vielmehr der/die Adressat/in, der/die das Gesagte, Geschriebene, Getane verstehen will, verstehen muss , wenn die Kommunikation aufrecht erhalten bleiben soll. Bei Gesprochenem erkennen wir oft erst an Mimik und Gestik, was unser Gegenüber uns mitteilen will; Gesagtes will als Gemeintes verstanden werden – Verstehensleistungen, die dem/der Produzenten/in gar nicht abverlangt werden (können). Folglich verstehen wir – jedenfalls im Augenblick des Verstehens – die handelnde/schreibende/redende Person besser als sie sich selbst „versteht“. Denn sie kann sich selbst ja nicht unmittelbar, sondern allenfalls im Nachhinein, gestützt auf zeitlichen Abstand, überhaupt verstehen.Verzeihen ist möglich, wenn Verstehen gelingt. Aber: Ist nicht umgekehrt Verzeihen(-Können) Voraussetzung für Verstehen?
Verzeihen und Verstehen bedingen sich wechselseitig. Nötig ist die grundsätzliche Bereitschaft zu beidem – trotz aller „Unheiligkeit“ und (potentieller) Bosheit. Selbst über schlimme Taten der Vergangenheit kann man zumindest zeitweise hinwegsehen, wenn man in der Lage ist, ihre Motive und Hintergründe zu verstehen. Verständigung, Eintracht, Harmonie und Solidarität sind möglich, wenn Verstehen gelingt. Es kann nicht zuletzt dann gelingen, wenn man Kants Zweckformel beachtet, die anscheinend problemlos zu einer neuen Natur- und Öko-Ethik erweitert werden kann.
(Weiteres ausführlich in: Hans-Georg Gadamer: Wahrheit und Methode ; zusammengefasst und erörtert von: Klaus Robra: Person und Materie ... , München 2017, S. 100-108.)
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