„Nee, hab ich eigentlich nicht vor“, entgegnete Nina. „Aber irgendwas hat Papa sich schon dabei gedacht, wie ich ihn kenne. Hee, wer fummelt da von hinten an mir rum?“ Nina drehte sich um und spürte etwas Schweres an ihrer Hüfte. Der schwarzgrüne Akkuschrauber sah hammermäßig aus und schien wie geschaffen für eine Frauenhand, als sie ihn leicht und locker wie einen Smith & Wesson aus dem hellbraunen Lederholster zog. Sie drückte den Auslöser, hörte ein kräftiges, turbinenähnliches Summen und sah ein starkes LED-Licht, das nach vorn leuchtete. „Cooles Teil, volle 18 Volt“, meinte Maik mit Kennerblick. Er nahm das Gerät, bestückte es mit dem passenden Bit und setzte es auf eine dicke Schraube in der Terrassenbedachung. Mühelos fraß sich der Schraubenkopf in das zundertrockene Holz. „Zieht durch wie Mist, hätte ich nicht gedacht bei dem kleinen Ding“, meinte er bewundernd. Der Akkuschrauber machte jetzt die Runde. Die Jungs spielten plötzlich Cowboy, veranstalteten Schnellzieh-Übungen und schossen sich gegenseitig mit dem LED-Strahl ab. Die Mädchen interessierten sich inzwischen brennend für die Arbeitssachen, einige probierten das Flanellhemd an. Irgendwas musste doch dran sein an diesen Klamotten, wenn die Jungs so darauf abfuhren. Alle hatten einen Mordsspaß.
Nina ging zu Henry und drückte ihn feste. Fragend sah sie ihn an.
„Na ja,“ meinte der verlegen. „Du ziehst ja demnächst in dein eigenes Heim. Bestimmt so ‘ne klapprige Studentenbude im Altbau unterm Dach. Da gibt es doch immer jede Menge zu reparieren, und ich bin nicht dauernd da, um dir zu helfen. Gescheite Arbeitsklamotten und 'n guter Akkuschrauber sind die halbe Miete. Ist noch ein Wechselakku, ein Bohrersatz, die gängigsten Bits und ‘ne Kiste Spax-Schrauben dabei, damit kriegst du zur Not schon ‘nen ganzen Dachstuhl zusammengeschossen. Was du jetzt noch brauchst, ist ein Hammer, eine Wasserpumpenzange, Elektroschraubenzieher, ein Engländer und ‘ne Universalsäge. Damit kannst du im Haushalt fast alles reparieren. Und für größere Sachen rufst du mich eben an, alles andere hab ich im Wohnmobil.“
Nina bekam feuchte Augen bei so viel Fürsorge und verpasste ihrem Papa einen dicken Kuss. Aber dann wurde sie von der Geburtstagsgesellschaft weggezogen. „Los, Gruppenfoto mit Dame!“
Die Mädels stellten sich in der ersten Reihe auf, dahinter die Jungs. Nina, gestützt von kräftigen Männerarmen, schwebte in voller Montur liegend über der Gruppe, den Akkuschrauber am ausgestreckten Arm in die Höhe haltend. Anweisungen wurden gebrüllt, Blitzlichter flammten auf.
Mit einem Seitenblick bemerkte Henry seine geliebte Schwiegermama, die just in diesem Moment mit leerem Sektglas um die Ecke kam. Sie erfasste die Szene, und ihr Gesicht fror mit schreckgeweiteten Augen ein, der überschminkte Mund ein großes O. Dann drehte sie sich abrupt um und flüchtete in die Dunkelheit, kurz darauf fiel die Haustür mit lautem Rumms ins Schloss. Klassischer Fall von Déjà-Vu. Henry grinste wölfisch. Jemand legte den Arm um seine Hüfte. Gabi lehnte ihren Kopf an seine Schulter. So standen sie eine Weile schweigend da. „Komm, lass uns was trinken“, meinte sie schließlich. „Oder musst du noch fahren? Du könntest über Nacht bleiben. Platz wäre da und wir frühstücken morgen zusammen.“
„Lieber nicht“, lehnte Henry das Angebot ab. Alles war gerade so schön, da wollte er lieber keinen erneuten Annäherungsversuch riskieren, der genau so schief gehen würde wie schon einige zuvor. Er sah die Enttäuschung in Gabis Augen. „Aber Frühstück wäre toll, mein Bomber steht gleich um die Ecke.“
Gabi nickte tapfer, dann stießen sie an.
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