Semira Sayer - Nur ein Traum

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Der Mensch gräbt sein ganzes Leben in sich, eines Tages blick er zurück und fragt sich; war das ein Geschehnis oder ein Geheimnis. Doch hört er nicht das ganze Leben lang mit Träumen auf. Die junge verträumte Suzan, findet ihren Mann fürs Leben, jedoch kann sich nicht von ihrem geheimen Träumen trennen.

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Semira Sayer

Nur ein Traum

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Inhaltsverzeichnis Titel Semira Sayer Nur ein Traum Dieses ebook wurde - фото 1

Inhaltsverzeichnis

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Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Epilog

Impressum neobooks

Kapitel 1

Die dunklen, grauen Wolken zogen schnell dahin, wie für die Ewigkeit gemacht indem sie sich zu einem schwarzen Orkan zusammenballten. Gerade war ich an einer Traminsel angekommen und sah hoch zum Himmel.

Nachdenklich verzog ich mein Gesicht. Das scheußliche Wetter beeinflusste mein Wohlgefühl. Die glücklichen Gedanken des Morgens flossen dahin und gingen über in die Überlegungen zu meinem festen Entschluss, ob ich endlich nach langem Hin und Her heiraten sollte oder nicht.

Es war seltsam. Da lieben sich zwei Menschen und werden sich einig, das Leben zu teilen. Bei mir war das anders. Ein Zweifel lag noch schwer auf meinem Herzen. Zwar mochte ich Thomas sehr, aber die Spuren der Vergangenheit waren noch zu lebendig in mir, ich trauerte vielem noch nach.

Während des Wartens auf die Trambahn war ich abgelenkt von den vielen Einladungsbriefen zu unserer Hochzeit, die ich bei mir trug.

Meine Augen glitten über die nahe gelegenen grauschwarzen, eisernen Tramschienen. Gedankenlos beobachtete ich sie einige Zeit. Dann fielen mir die rechts entlang der Straße stehenden Betonhäuser auf, die eine graue Mauer bildeten.

Fast schmerzhaft seufzte ich, während ich die kalten Wassertropfen des Regens im Gesicht spürte. „Das hat mir heute gerade noch gefehlt in dem grauen Alltag“, klagte ich laut vor mich hin.

Am Morgen war die Sonne lediglich von einzelnen grauen Wolken verdeckt gewesen und jetzt, im März, war das Wetter so schnell, wie man das sonst nur dem launischen April nachsagte, umgeschlagen. Und so schnell und immer heftiger fielen die Tropfen auf die Erde herab. Das ganze Grau, das allem um mich herum einen metallischen Glanz verlieh, versetzte mich in Missmut.

Ich stand im Nu überschüttet vom Regen, ohne Schutz und ohne Schirm. Heute Morgen hatte ich taube Ohren gehabt, als mir Thomas beim Verlassen der Wohnung zugerufen hatte: „Vergiss deinen Regenschirm nicht, Schatz, es könnte heute regnen!“

Für gewöhnlich brachte mich Thomas zur Arbeit und holte mich mit seinem Auto wieder von der Arbeitsstelle ab. Aber heute war es anders. Thomas fehlten Arbeitskräfte, er musste früher als ich anfangen und später aufhören, daher war er sehr früh losgefahren.

Doch auch ich stand ziemlich unter Zeitdruck. Heute mussten die Einladungsbriefe für unsere Hochzeit auf der Post abgegeben werden.

„Gleich nach der Arbeit gehe ich zur Post und erledige das“, hatte ich am Frühstückstisch zu Thomas gesagt und hinzugefügt: „Deshalb brauchst du mich heute nicht abzuholen. Ich weiß nicht genau, wie lange ich brauche. Es ist besser, ich komme selbst heim.“

„Gut“, hatte Thomas geantwortet und meine Worte mit einem Kopfnicken bestätigt. Er nahm einen letzten großen Schluck Kaffee, stand auf, griff nach seiner Jacke und war schon unterwegs. Wir konnten uns kein zweites Auto leisten, also war ich auf die Tram angewiesen.

Ich schlug meinen blau karierten Jackenkragen an beiden Seiten hoch und schützte mich bis zur Augenhöhe, doch das machte wenig Sinn. Es war doch keine gute Idee von mir gewesen, zuerst nach Hause zu fahren, um die restlichen auf dem Tisch liegen gebliebenen Briefe, die ich vergessen hatte abzuholen und dann damit auf die Post zu gehen.

Hätte ich direkt, ohne Zeit zu verlieren, nach Arbeitsschluss die Briefe, die ich bei mir trug, zur Post gebrachte, stünde ich jetzt im Trockenen!

Aber es sollte nicht so sein, wie ich es wünschte. Als ich am Nachmittag in unserer kurzen Pause mit Hilfe meiner Kollegin Erika die Briefe anhand der Namen kontrollierte, hatte ich mit Staunen festgestellt, dass einige fehlten. So war mir die Idee gekommen, zuerst mit der Tram heimzufahren.

Die Regentropfen peitschten meinen ganzen Leib. Das blaue Kleid haftete am Körper und jede Rundung zeichnete sich ab. Mein Gesicht lag wie unter einem Wasserfall, und das erschwerte es mir ziemlich, die Augenlider weiter zu öffnen.

Um mir in dieser Not einen Schutzwinkel zu suchen, setzte ich mühsam meine Wimpern in Bewegung, dadurch bislang hatte ich nur ein Viertel dieses traurigen Tages gesehen. Die sonnigen Frühlingstage schienen weit entfernt, an sie dachte ich sehnsüchtig während ich zu der überdachten Haltestelle lief.

Verflixt!

Da war schon wieder dieses schwarze Auto von vorhin, noch ehe ich die Haltestelle erreicht hatte. Wie ein schwarzer Schatten fuhr es ganz nah rechts an mir vorbei. Meine dunkelblauen Wildlederschuhe wurden durch das hoch aufspritzende Regenwasser mit einem wahren Wasserschwall übergossen.

Mit einem ärgerlichen Seufzer wanderten meine Blicke von den Schuhen zu dem schwarzen Auto. Ich sah es nun bereits zum dritten Mal. Die dunklen Scheiben waren mir schon beim ersten Mal aufgefallen, weil man durch sie von den Insassen gar nichts erkennen konnte. Es war auf einmal zu spät, um die Autonummer zu entziffern.

Sonderbare Gefühle stiegen in mir hoch. Warum hielt sich ausgerechnet dieses Auto in meiner Nähe auf? Wurde ich etwa verfolgt oder bildete ich mir alles nur ein, mitten in diesem grauen Alltag? Heute in dem es sich bestätigte; schienen die durch das Regenwasser übersättigten Straßen, Bahnschienen, Häuser und sogar die Schatten sich anders zu gestalten, als in Wirklichkeit. Und meine Beklommenheit.

Kein Grund zur Aufregung, tröstete ich mich selbst schnell. Was könnte am helllichten Tag schon passieren? Es war zwar nicht wirklich hell, denn das Grau hatte sich über die ganze Stadt gelegt, wodurch alles dunkel wirkte. Es waren bestimmt nur Fremde in unserer Stadt, auf der Suche nach einem bestimmten Ort oder einer Adresse, die sie nicht so schnell ausfindig machen konnten. Und ohne es zu wissen, hatten sie vielleicht die gleiche Straße schon einige Male passiert.

Da ich nun schon nass genug war, beschloss ich, nicht erst nach Hause zu fahren um die vergessenen Einladungsbriefe abzuholen, sondern zur Poststelle zu laufen, um wenigstens schon einmal die abzugeben, die ich bei mir trug.

Fest entschlossen faltete ich die Tragtasche, steckte sie unter meinen Arm, um sie vor dem Nasswerden zu beschützen, wandte mich von der Traminsel ab und schickte mich an, in Richtung der engen, langen Gasse, die zur Post führte, zu gehen.

Noch bevor ich mich einige Schritte in Bewegung gesetzt hatte, kam mir eine Menschenmenge aus dem Bahnhof um Punkt fünf Uhr Nachmittag entgegen und bewegte sich in gleicher Richtung. So hatte ich Mühe, meinen Weg beizubehalten und gegen den Strom zu laufen.

Es waren viele Menschen, meistens mit blonden, kurzen oder langen Haaren oder gar kahlen Köpfen, weibliche und männliche Passenten, die in gleichem Takt und Tempo vorwärts kamen. Auf den ersten Blick entdeckte ich ausdruckslose Gesichter und rar werdenden Gesprächsstoff sogar unter den aufgespannten Regenschirmen, Spuren eines stressigen Tages? War es das Unwohlsein nach Beendigung des Arbeitstages ohne einen befriedigenden Tagesinhalt? Die angespannten, enttäuschten, traurigen, nicht lachenden Gesichter, die von erhofften, aber nicht gefundenen Glücksträhnen zeugten, waren keine Seltenheit. Besonders heute fiel mir das deutlich auf.

Nachdem sich die Menschenmenge aufgelöst hatte, konnte ich ungestört meinen Weg über die breite Straße fortsetzen, dann bog ich schon in die Gasse zur Post ein.

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