Viktoria von Berlich - Adriana

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Stella, die nie eine Schule besucht hat, scheitert fast an den Normen der Gesellschaft, als sie ihr Abitur macht und an der Uni zu studieren beginnt. In Julian Winter glaubt sie ihre große Liebe gefunden zu haben, aber er verlässt sie wegen der spurlos verschwundenen Adriana. Als kurz darauf ihre Eltern erschossen werden, wird sie des Doppelmordes verdächtigt und muss erfahren, dass ihre Eltern nicht ihre Eltern waren. Um ihre wahre Identität zu finden, muss sie tief in die Vergangenheit eintauchen…

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Viktoria von Berlich

Adriana

Die Ruhebringende

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Inhaltsverzeichnis Titel Viktoria von Berlich Adriana Die Ruhebringende Dieses - фото 1

Inhaltsverzeichnis

Titel Viktoria von Berlich Adriana Die Ruhebringende Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis „Wir haben erfahren, dass der Mensch seinen Intellekt bis zu erstaunlichen Leistungen kultivieren kann, ohne dadurch der eigenen Seele Herr zu werden.“ Hermann Hesse

Prolog

Seit ich mich erinnern kann

Internat

Maturafeier

Sommer auf dem Lago Maggiore

Studium

Greta

Milena

Wiedersehen mit Francesco

Ruben

Prof. Winter

Trennung

Adriana

Foto-Shooting

Francesco

Zirkus

Die Wahrheit (Was ich vergessen wollte)

Seit ich mich erinnern will

Emilia

Das Sommerhaus

Simone & Simon

Die Kinder

Gretas große Liebe

Signor Plantone

Die Öffnung der Container

Epilog

Impressum neobooks

Inhaltsverzeichnis

„Wir haben erfahren, dass der Mensch seinen Intellekt bis zu erstaunlichen Leistungen kultivieren kann, ohne dadurch der eigenen Seele Herr zu werden.“

Hermann Hesse

Prolog

„Mama, so wie du dein Leben verbringst, will ich meines nicht leben!“ sagte meine Tochter Lucia eines Tages zu mir. Sie befand sich im letzten Schuljahr und stand vor der schweren Entscheidung, ihren weiteren Lebensweg zu planen. Ganz offensichtlich war ich für sie kein geeignetes Vorbild.

„Aber das verlangt doch auch niemand von dir“, war meine prompte Antwort. Nach einer Weile des Schweigens wollte ich es dann aber doch wissen und fragte mit sanfter Stimme: „Und warum nicht? Was ist denn so schlecht an meinem Leben?“

„Du bist immer nur zu Hause, hast keinen Beruf, gehst nie auf Reisen. Du willst die Welt ja nicht mal sehen!“ rief sie fast zornig, was sonst gar nicht ihre Art war. Plötzlich spürte ich, dass sie sehr aufgeregt war, so als ob sie sich fürchtete, mir diesen Vorwurf zu machen, den sie wohl schon lange mit sich herumgetragen hatte.

„Woher willst du wissen, dass ich die Welt nicht schon kenne?“ Jetzt wurde auch ich aufgeregt.

„Woher? Aus deinen Büchern? Glaubst du, du kannst alles aus Büchern erfahren? Man muss raus, man muss sich den Problemen im Leben stellen. Ich werde jedenfalls nicht hier versauern. Ich will die Welt kennen lernen.“ Lucia stand vor mir und sah mich herausfordernd und ängstlich zugleich an.

„Ich habe schon die ganze Welt bereist, lange bevor du geboren wurdest“, schleuderte ich ihr entgegen. Sie sah mich entgeistert an. „Davon hast du nie erzählt.“

„Du hast nie gefragt.“

Sie hatte ins Schwarze getroffen. Ich war ebenso aufgeregt und ängstlich wie sie. Und ich war unfair. Sie hatte Recht, ich hätte erzählen müssen. Es ist an der Mutter, den Kindern zu erzählen und dann können die Kinder fragen. Lucia hatte mit diesem Vorwurf alles aufgewühlt, was ich in meinem Schweigen jahrelang versteckt hatte und ihr ging es im Grunde wie mir, auch meine Mutter hatte nie erzählt, und ich hatte nie gefragt.

Es ist eine lange Tradition in meiner Familie. Meine Großmutter hatte nie erzählt, weil ihre Tochter nie gefragt hatte. Ihre Tochter hatte nie gefragt, weil es sie nicht interessiert hatte, was sie später sehr bedauerte. Meine Mutter hatte nie erzählt, weil sie fürchtete, die Wahrheit könnte sich zwischen uns stellen. Ich hatte nie gefragt, weil ich die Wahrheit nicht ertragen hätte und ich hatte nie erzählt, weil meine Vergangenheit mich zu sehr schmerzte. Und Lucia hatte nicht gefragt, weil auch sie vor diesem tiefen Schmerz Angst hatte.

Nun hatte sie also gefragt. Nun war der Schmerz da. Nun war es an mir, diese Tradition zu brechen und ihr zu erzählen, was auch für sie wichtig ist, denn man muss wissen, woher man kommt, um zu wissen, wohin man gehen will.

Ich konnte es ihr nicht sofort erzählen. Da waren noch zu viele Tränen, die geweint werden mussten, ehe meine Stimme wieder klar und kräftig wurde, um ihr meine Geschichte zu erzählen. Und es dauerte noch einmal eine weitere Dekade, bis ich dies alles hier aufschreiben konnte.

Seit ich mich erinnern kann

Seit ich mich erinnern kann, waren wir auf Reisen. Mein Vater arbeitete für eine internationale Organisation, in deren Auftrag er Regierungen in der ganzen Welt bei komplexen Problemlösungen unterstützte. Seine Aufträge dauerten immer nur wenige Monate und dann zogen wir in das nächste Land, um das nächste komplexe Problem zu lösen. Meine Mutter war Dolmetscherin und half meinen Vater in organisatorischen Dingen, die ihm seine Arbeit wesentlich erleichterten, denn er konnte zwar die kompliziertesten Dinge schnell erfassen und eine Lösung finden, aber sobald es ins Detail ging, war er ziemlich hilflos.

Es gibt nur wenige Geschichten, die ich über die Vergangenheit meiner Eltern weiß, denn ich hatte ja nie gefragt. Aber irgendwann einmal, als ich selbst auf der Suche nach einem Partner war, erzählte mir meine Mutter, wie sie meinem Vater begegnet war. Er hatte sie einfach über den Haufen gerannt, als er völlig in Gedanken versunken auf dem Weg in die nächste Vorlesung war. Der Becher Kaffee in ihrer Hand brachte ihn zum Stoppen, denn er ergoss sich auf seine „wertvollen“ Unterlagen, was jenen übereifrigen Studenten dazu brachte, innezuhalten und dem Verursacher dieser ungeheuren Tat einen wütenden Blick zuzuwerfen. Doch als er in die Augen meiner Mutter sah, da veränderte sich augenblicklich sein ganzes Verhalten. Zuerst war er verdutzt, dann wurde er rot und dann entschuldigte er sich übereifrig für sein Verhalten, was, wie meine Mutter wusste, noch nie vorgekommen war, denn jener Student, der schon etwas älter war, weil er schon mehrere Studiengänge absolviert hatte, war bekannt dafür, dass ihn nichts und niemand außerhalb der Vorlesungen interessierte und jeden, der seinen Weg kreuzte, nur mit Verachtung betrachtete. Er entschuldigte sich immer wieder und fragte sogar, wie er das wiedergutmachen könne. Meine Mutter musste lachen über so viel Ungeschick. Eigentlich wollte sie ihn ebenso mit Verachtung strafen, aber sie erkannte das Außergewöhnliche dieses Augenblicks und verlangte als Wiedergutmachung eine Einladung ins Café, was er auch prompt akzeptierte. Wie es so seine Art war, musste er erst lange über einen geeigneten Zeitpunkt nachdenken, denn seine Vorlesung würde gleich beginnen und eigentlich wusste er im Grunde nicht wann, denn eigentlich hatte er nie Zeit. Meine Mutter wollte sofort ins Café gehen. Sie wollte wissen, wie ernst es ihm war, sie wollte wissen, ob er bereit war, für sie alles stehen und liegen zu lassen. Wieder stockte er. Er schloss die Augen, so als ob er alle Komponenten dieser verzwickten Situation einzeln bewerten und gegeneinander abwägen wollte. Dann öffnete er seine Augen, sah sie an und sein Blick wurde weich und alles andere schien seine Wichtigkeit verloren zu haben. Ohne ein weiteres Wort nahm er sie bei der Hand und ging mit ihr in das schönste Café der Stadt. Meine Mutter sagte, dass in jenem Café ein Dialog zwischen ihnen begann, der ihr ganzes Leben andauerte.

Dieser Blick, der weich wurde, wenn er meine Mutter ansah, den habe ich immer wieder beobachtet. Und ich habe nie gesehen, dass mein Vater je eine andere Frau so angesehen hatte. Er interessierte sich im Grunde nicht für Menschen. Er unterhielt sich nur, wenn es für ihn interessant war und dann war es egal, ob es ein Mann oder eine Frau war. Meine Mutter hatte keinen Grund zur Eifersucht, aber ich wusste, dass sie immer etwas unruhig wurde, wenn eine Frau ein langes Gespräch mit meinem Vater führte. Vielleicht hatte sie ein wenig Sorge, dass aus einem guten Gespräch mehr werden könnte, denn er war einzig und allein über den Intellekt zu begeistern. Aber das war selten, denn mein Vater hatte über zwanzig Jahre studiert, verschiedene Fachrichtungen, mehrere Abschlüsse und Habilitationen. Sein Traum war es, ein Universalgelehrter zu werden.

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