Joseph Victor von Scheffel - Ekkehard

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Eine unerfüllte Liebesgeschichte aus dem 10. Jahrhundert
Handlungsraum ist die Gegend um den Bodensee mit den Klöstern St. Gallen und Reichenau und vor allem die Burg Hohentwiel. Dort residiert Hadwig, die junge Witwe des Alemannenherzogs Burkhard. Der Mönch Ekkehard (Ekkehardus Palatinus) hat tatsächlich gelebt. Er kam um die Mitte des 10. Jahrhunderts als Knabe ins Kloster St. Gallen. Um 973 wurde er von Hadwig, Witwe von Herzog Burchard III. von Schwaben, auf den Hohentwiel berufen, um sie in Latein zu unterrichten. Hadwig ebnete Ekkehard später den Weg an den kaiserlichen Hof als Kaplan ihres Onkels Otto I. Zuletzt war er Dompropst in Mainz. Er starb am 23. April 990.
Zum Roman: Hadwig plagt die Langeweile und so stattet sie dem ihr unterstellten Kloster St. Gallen einen Besuch ab. Dort will sie auch das Innere des Klosters besichtigen, was die Mönchsregel nicht erlaubt: Eine Frau darf die Schwelle des Klosters nicht überschreiten. Ekkehard, der junge Pförtner, weiß Rat. Man könne die Herzogin ja über die Klosterschwelle tragen – und er muss dies auf Geheiß des Abtes dann selbst ausführen. Am nächsten Tag erbittet sich Hadwig vom Abt ein ungewöhnliches Abschiedsgeschenk: ein Exemplar des Vergil und Ekkehard als ihren Lateinlehrer. Gehorsam, aber nicht ungern macht sich der junge Mönch bald auf den Weg zum Hohentwiel. Eine Liebesgeschichte beginnt, der mit der Verstoßung des Mönchs endet.

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Ekkehard

Eine unerfüllte Liebesgeschichte aus dem 10. Jahrhundert

Joseph Victor von Scheffel

Impressum

Texte: © Copyright by Joseph Victor von Scheffel

Umschlag: © Copyright by Adolf Karpellus

Illustrator: © Copyrighby Karl Jauslin

Verlag:

Das historische Buch, Dresden / Brokatbookverlag

Gunter Pirntke

Altenberger Straße 47

01277 Dresden

gunter.50@gmx.net

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Erstes Kapitel: Hadwig, Herzogin von Schwaben

Zweites Kapitel: Die Jünger des heiligen Gallus

Drittes Kapitel: Wiborada Reclusa

Viertes Kapitel: Im Kloster

Fünftes Kapitel: Ekkehards Auszug

Sechstes Kapitel: Moengal

Siebentes Kapitel: Virgilius auf dem hohen Twiel

Achtes Kapitel: Audifax

Neuntes Kapitel: Die Waldfrau

Zehntes Kapitel: Weihnachten

Elftes Kapitel: Der Alte in der Heidenhöhle

Zwölftes Kapitel: Der Hunnen Heranzug

Dreizehntes Kapitel: Heribald und seine Gäste

Vierzehntes Kapitel: Die Hunnenschlacht

Fünfzehntes Kapitel: Hadumoth

Sechzehntes Kapitel: Cappan wird verheiratet

Siebzehntes Kapitel: Gunzo wider Ekkehard

Achtzehntes Kapitel: Herrn Spazzo, des Kämmerers, Gesandtschaft

Neunzehntes Kapitel: Burkard, der Klosterschüler

Zwanzigstes Kapitel: Von deutscher Heldensage

Einundzwanzigstes Kapitel: Verstoßung und Flucht

Zweiundzwanzigstes Kapitel: Auf dem Wildkirchlein

Dreiundzwanzigstes Kapitel: Auf der Ebenalp

Vierundzwanzigtes Kapitel: Das Waltharilied

Fünfundzwanzigstes Kapitel: Ausklang und Ende

Vorwort

Dies Buch ward verfasst in dem guten Glauben, dass es weder der Geschichtsschreibung noch der Poesie etwas schaden kann, wenn sie innige Freundschaft miteinander schließen und sich zu gemeinsamer Arbeit vereinen.

Seit Jahrzehnten ist die Hinterlassenschaft unserer Vorfahren Gegenstand allseitiger Forschung; ein Schwarm fröhlicher Maulwürfe hat den Boden des Mittelalters nach allen Richtungen durchwühlt und in fleißiger Bergmannsarbeit eine solche Masse alten Stoffes zutage gefördert, dass die Sammelnden oft selber davor erstaunten; eine ganze schöne, in sich abgeschlossene Literatur, eine Fülle von Denkmälern bildender Kunst, ein organisch in sich aufgebautes politisches und soziales Leben liegt ausgebreitet vor unseren Augen. Und doch ist es all der guten auf diese Bestrebungen gerichteten Kraft kaum gelungen, die Freude am geschichtlichen Verständnis auch in weitere Kreise zu tragen; die zahllosen Bände stehen ruhig auf den Brettern unserer Bibliotheken, da und dort hat sich schon wieder gedeihliches Spinnweb angesetzt, und der Staub, der mitleidlos alles bedeckende, ist auch nicht ausgeblieben, so dass der Gedanke nicht zu den undenkbaren gehört, die ganze altdeutsche Herrlichkeit, kaum erst ans Tageslicht zurückbeschworen, möchte eines Morgens, wenn der Hahn kräht, wieder versunken sein in Schutt und Moder der Vergessenheit, gleich jenem gespenstigen Kloster am See, von dem nur ein leise klingendes Glöcklein tief unter den Wellen dunkle Kunde gibt. Es ist hier nicht der Ort zu untersuchen, inwiefern der Grund dieser Entscheidung dem Treiben und der Methode unserer Gelehrsamkeit beizumessen.

Das Sammeln altertümlichen Stoffes kann wie das Sammeln von Goldkörnern zu einer Leidenschaft werden, die zusammenträgt und zusammenscharrt, eben um zusammenzuscharren, und ganz vergisst, dass das gewonnene Metall auch gereinigt, umgeschmolzen und verwertet werden soll. Denn was wird sonst erreicht?

Ein ewiges Befangenbleiben im Rohmaterial, eine Gleichwertschätzung des Unbedeutenden wie des Bedeutenden, eine Scheu vor irgend einem fertigen Abschließen, weil ja da oder dort noch ein Fetzen beigebracht werden könnte, der neuen Aufschluss gibt, und im ganzen – eine Literatur von Gelehrten für Gelehrte, an der die Mehrzahl der Nation teilnahmslos vorübergeht und mit einem Blick zum blauen Himmel ihrem Schöpfer dankt, dass sie nichts davon zu lesen braucht.

Der Schreiber dieses Buches ist in sonnigen Jugendtagen einstmals mit etlichen Freunden durch die römische Campagna gestrichen. Da stießen sie auf Reste eines alten Grabmals, und unter Schutt und Trümmern lag auch, von graugrünem Akanthus überrankt, ein Haufe auseinandergerissener Mosaiksteine, die ehedem in stattlichem Bild und Ornamentenwerk des Grabes Fußboden geschmückt. Es erhub sich ein lebhaftes Gespräch darüber, was all die zerstreuten gewürfelten Steinchen in ihrem Zusammenhang dargestellt haben mochten. Einer, der ein Archäolog war, hob die einzelnen Stücke gegen's Licht und prüfte, ob weißer, ob schwarzer Marmor; ein anderer, der sich mit Geschichtsforschung plagte, sprach gelehrt über Grabdenkmale der Alten – derweil war ein dritter schweigsam auf dem Backsteingemäuer gesessen, der zog sein Skizzenbuch und zeichnete ein stolzes Viergespann mit schnaubenden Rossen und Wettkämpfern und viele schöne jonische Ornamentik darum; er hatte in der Ecke des Fußbodens einen unscheinbaren Rest des alten Bildes erschaut: Pferdefüße und eines Wagenrades Fragmente, da stand das Ganze klar vor seiner Seele, und er warf's mit kecken Strichen hin, derweil die andern in Worten kramten...

Bei jener Gelegenheit war einiger Aufschluss zu gewinnen über die Frage, wie mit Erfolg an der geschichtlichen Wiederbelebung der Vergangenheit zu arbeiten sei.

Gewiss nur dann, wenn einer schöpferisch wiederherstellenden Phantasie ihre Rechte nicht verkümmert werden, wenn der, der die alten Gebeine ausgräbt, sie zugleich auch mit dem Atemzug einer lebendigen Seele anhaucht, auf dass sie sich heben und kräftigen Schrittes als auferweckte Tote einherwandeln.

In diesem Sinn nun kann der historische Roman das sein, was in blühender Jugendzeit der Völker die epische Dichtung: ein Stück nationaler Geschichte in der Auffassung des Künstlers, der im gegebenen Raume eine Reihe Gestalten scharfgezeichnet und farbenhell vorüberführt, also dass im Leben und Ringen und Leiden der einzelnen zugleich der Inhalt des Zeitraumes sich wie zum Spiegelbild zusammenfaßt.

Auf der Grundlage historischer Studien das Schöne und Darstellbare einer Epoche umspannend, darf der Roman auch wohl verlangen, als ebenbürtiger Bruder der Geschichte anerkannt zu werden, und wer ihn achselzuckend als das Werk willkürlicher und fälschender Laune zurückweisen wollte, der mag sich dabei getrösten, dass die Geschichte, wie sie bei uns geschrieben zu werden pflegt, eben auch nur eine herkömmliche Zusammenschmiedung von Wahrem und Falschem ist, der nur zu viel Schwerfälligkeit anklebt, als dass sie es, wie die Dichtung, wagen darf, ihre Lücken spielend auszufüllen.

Wenn nicht alle Zeichen trügen, so ist unsere Zeit in einem eigentümlichen Läuterungsprozess begriffen.

In allen Gebieten schlägt die Erkenntnis durch, wie unsäglich unser Denken und Empfinden unter der Herrschaft der Abstraktion und der Phrase geschädigt worden; da und dort Rüstung zur Umkehr aus dem Abgezogenen, Blassen, Begrifflichen zum Konkreten, Farbigen, Sinnlichen, statt müßiger Selbstbeschauung des Geistes Beziehung auf Leben und Gegenwart, statt Formeln und Schablonen naturgeschichtliche Analyse, statt der Kritik schöpferische Produktion, und unsere Enkel erleben vielleicht noch die Stunde, wo man von manchem Koloss seitheriger Wissenschaft mit der gleichen lächelnden Ehrfurcht spricht wie von den Resten eines vorsündflutlichen Riesengetiers, und wo man ohne Gefahr, als Barbar verschrien zu werden, behaupten darf, in einem Steinkrug alten Weines ruhe nicht weniger Vernunft als in mancher umfangreichen Leistung formaler Weisheit.

Zur Herstellung fröhlicher, unbefangener, von Poesie verklärter Anschauung der Dinge möchte nun auch die vorliegende Arbeit einen Beitrag geben, und zwar aus dem Gebiet unserer deutschen Vergangenheit.

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