Inge Stender - Memoiren einer Tochter aus schlechtem Hause

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Memoiren einer Tochter aus schlechtem Hause
Ein Pappkoffer auf dem Dachboden der Kirchlichen Hochschule weckt bei der Protagonistin unangenehme Erinnerungen an Nachkriegsdeutschland, geprägt von einem prügelnden Vater, der Nazi war und blieb, von autoritären Strukturen in Familie und Schule. Als eine von einer Handvoll Studentinnen unter hundert Studenten der evangelischen Theologie lernt sie ihren späteren Verlobten kennen und lieben. Der Koffer enthielt nicht wie erhofft, Vorlesungsmaterial, sondern war randvoll mit Sexbüchern gepackt.
Mit roten Öhrchen liest sie sich durch die Sexliteratur und vernachlässigt streckenweise ihre Veranstaltungen. Ihre Kenntnisse in Sachen Sex weiß sie bald anzuwenden. Erster Kuss, Liebesbriefe von ihm nach Rom, wo sie als Haustochter arbeitet, versprechen eine glückliche Dauerbeziehung.
Krisen führen jedoch zu gegenseitigem Unverständnis und Vertrauensverlust, am Ende sogar nach Studienortwechsel und einem von ihrem Verlobten begangenen Plagiat an ihrer Staatsexamensarbeit zur notwendig gewordenen, leidvollen Trennung.
Getrennte Wege führen die Protagonistin nach langjähriger Berufstätigkeit in Deutschland als emanzipierte Frau ins Ausland.

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Inge Stender

Memoiren einer Tochter aus schlechtem Hause

Was heißt denn hier Liebe?

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Inhaltsverzeichnis Titel Inge Stender Memoiren einer Tochter aus schlechtem - фото 1

Inhaltsverzeichnis

Titel Inge Stender Memoiren einer Tochter aus schlechtem Hause Was heißt denn hier Liebe? Dieses ebook wurde erstellt bei

Memoiren einer Tochter aus schlechtem Hause Memoiren einer Tochter aus schlechtem Hause oder Was heißt denn hier Liebe? Autobiografischer Roman Vielleicht heißt lieben, durch diese Welt zu gehen. Zu lernen, still zu sein... Sehen zu lernen. ( Octavio Paz ) Dieses Buch basiert auf eigenen Erlebnissen. Manches ist erfunden. Um Persönlichkeitsrechte zu wahren, wurden Personennamen abgeändert. Das Gedächtnis ist ein unsicherer Kantonist; es strickt Legenden. Legenden entbehren nicht der Wahrheit.

Prolog Prolog „Lieber Gott, mach mich fromm, dass ich in den Himmel komm.“ Inbrünstig oft stoßgebetartig wiederholtes Gebet in meiner Kindheit, wenn ich wieder einmal mit Drohungen, auf mich warte das Höllenfeuer, ohne Abendbrot ins Bett geschickt wurde. Dort drehte ich mir eines Winters aus lauter Frust und Langeweile alle Knöpfe meiner Bettstrickjacke ab, da ich nie so früh einschlafen konnte. Für Lesen war es schon zu dunkel und elektrisches Licht hatte ich in solchen Nächten nicht zur Verfügung, da mein Vater die Sicherung für diesen Teil des Hauses herausgedreht hatte. In solchen Nächten hatte ich viel Zeit zum Nachdenken. Warum war ich so böse und meine nur ein Jahr jüngere Schwester so lieb? Waren nur d i e Gottes Kinder, die gut waren, keine Widerworte gaben und sich nicht ständig die Sonntagskniestrümpfe zerrissen? Jesus hatte gesagt, lasset die Kindlein zu mir kommen, hörte ich im Religionsunterricht, aber ich war anscheinend nicht damit gemeint. Es gab Bedingungen: den Erwachsenen gehorchen, nicht lügen und nicht stehlen; auch durfte man weder seine Schwester noch seine Tischnachbarin ärgern. Dabei machte doch beides einen Heidenspaß. Schon bald fiel mir auf, dass Heiden ja nicht an Gott glauben – ich war also Heide – und hatte deshalb Spaß. Das Knopfabdrehen hatte besonders viel Spaß gemacht. Auch der Gedanke an die nächste unwiderrufliche Strafe wie Taschengeldentzug oder Leseverbot hinderte mich nicht daran, lustvoll Knopf für Knopf zu umfassen, zu drehen, bis das Nähgarn Knack machte und ich den hellblauen Knopf auf den Nachttisch warf. Mancher landete auch auf dem Boden, wie mir ein rollendes Geräusch kundtat. Mit heimlicher Freude drehte ich nacheinander alle neun Knöpfe ab, während ich an den Wutschrei meiner Mutter am nächsten Morgen beim Wecken dachte. Sie riss mir immer brutal die Bettdecke weg, das hatte sie beim BDM gelernt, dachte ich später, als ich etwas von der Nazivergangenheit meiner Eltern begriff. Nach welcher angeblichen Schandtat auch immer, sie enttäuschte mich nie, da sie mich grundsätzlich jeder Bosheit verdächtigte, selbst wenn ich nichts getan hatte, wohl aber meine ach so liebe Schwester. Ihr spitzer Schrei beim Anblick der abgedrehten Knöpfe und der Ruf nach Hermann, meinem Vater, waren mir eine billige Genugtuung. Mit Beginn der Pubertät schien mir das In-den–Himmel-Kommen nicht weiter erstrebenswert. Nachdem ich das Buch von Ute Ehrhardt, „Gute Mädchen kommen in den Himmel, böse überall hin“, gelesen hatte, wusste ich, dass Bravsein für mich keine Option war. Mit dem Abitur in der Tasche konnte, nein musste ich weg, weg von allem, der miefigen Spießigkeit meiner Eltern und Umgebung, ihrer falschen Frömmelei, weg von allen Erziehungskonzepten, deren Saat bei mir per se nicht aufgehen konnte.

Der Koffer

Tod am Bismarckturm

Der Neue

Erster Kuss

Liebesbriefe

Rom

Süße Spazierstöcke

Zimmersuche

Krisen und Tod

Das Aquarium

Die Exkursion

Der Rosenstrauß

Der Geburtstag

Tränen

Fiasko

Umzug nach Tübingen

Das Plagiat

Das Telefonat

Abkürzungen

Anmerkungen

Impressum neobooks

Memoiren einer Tochter aus schlechtem Hause

oder

Was heißt denn hier Liebe?

Autobiografischer Roman

Vielleicht heißt lieben, durch diese Welt zu gehen.

Zu lernen, still zu sein...

Sehen zu lernen. ( Octavio Paz )

Dieses Buch basiert auf eigenen Erlebnissen. Manches ist erfunden. Um Persönlichkeitsrechte zu wahren, wurden Personennamen abgeändert.

Das Gedächtnis ist ein unsicherer Kantonist; es strickt Legenden. Legenden entbehren nicht der Wahrheit.

Prolog

„Lieber Gott, mach mich fromm, dass ich in den Himmel komm.“

Inbrünstig oft stoßgebetartig wiederholtes Gebet in meiner Kindheit, wenn ich wieder einmal mit Drohungen, auf mich warte das Höllenfeuer, ohne Abendbrot ins Bett geschickt wurde. Dort drehte ich mir eines Winters aus lauter Frust und Langeweile alle Knöpfe meiner Bettstrickjacke ab, da ich nie so früh einschlafen konnte. Für Lesen war es schon zu dunkel und elektrisches Licht hatte ich in solchen Nächten nicht zur Verfügung, da mein Vater die Sicherung für diesen Teil des Hauses herausgedreht hatte. In solchen Nächten hatte ich viel Zeit zum Nachdenken. Warum war ich so böse und meine nur ein Jahr jüngere Schwester so lieb? Waren nur d i e Gottes Kinder, die gut waren, keine Widerworte gaben und sich nicht ständig die Sonntagskniestrümpfe zerrissen? Jesus hatte gesagt, lasset die Kindlein zu mir kommen, hörte ich im Religionsunterricht, aber ich war anscheinend nicht damit gemeint. Es gab Bedingungen: den Erwachsenen gehorchen, nicht lügen und nicht stehlen; auch durfte man weder seine Schwester noch seine Tischnachbarin ärgern. Dabei machte doch beides einen Heidenspaß. Schon bald fiel mir auf, dass Heiden ja nicht an Gott glauben – ich war also Heide – und hatte deshalb Spaß.

Das Knopfabdrehen hatte besonders viel Spaß gemacht. Auch der Gedanke an die nächste unwiderrufliche Strafe wie Taschengeldentzug oder Leseverbot hinderte mich nicht daran, lustvoll Knopf für Knopf zu umfassen, zu drehen, bis das Nähgarn Knack machte und ich den hellblauen Knopf auf den Nachttisch warf. Mancher landete auch auf dem Boden, wie mir ein rollendes Geräusch kundtat. Mit heimlicher Freude drehte ich nacheinander alle neun Knöpfe ab, während ich an den Wutschrei meiner Mutter am nächsten Morgen beim Wecken dachte. Sie riss mir immer brutal die Bettdecke weg, das hatte sie beim BDM gelernt, dachte ich später, als ich etwas von der Nazivergangenheit meiner Eltern begriff. Nach welcher angeblichen Schandtat auch immer, sie enttäuschte mich nie, da sie mich grundsätzlich jeder Bosheit verdächtigte, selbst wenn ich nichts getan hatte, wohl aber meine ach so liebe Schwester. Ihr spitzer Schrei beim Anblick der abgedrehten Knöpfe und der Ruf nach Hermann, meinem Vater, waren mir eine billige Genugtuung.

Mit Beginn der Pubertät schien mir das In-den–Himmel-Kommen nicht weiter erstrebenswert. Nachdem ich das Buch von Ute Ehrhardt, „Gute Mädchen kommen in den Himmel, böse überall hin“, gelesen hatte, wusste ich, dass Bravsein für mich keine Option war. Mit dem Abitur in der Tasche konnte, nein musste ich weg, weg von allem, der miefigen Spießigkeit meiner Eltern und Umgebung, ihrer falschen Frömmelei, weg von allen Erziehungskonzepten, deren Saat bei mir per se nicht aufgehen konnte.

Der Koffer

Er sieht aus, wie einer, der den Krieg überlebt hat, ähnelt in seiner schäbigen Leichtigkeit und seiner bräunlichen Farbe dem Pappkoffer, den du als sechsjähriges Kind unter dem elterlichen Bett entdecktest, als du noch nicht verstandest, wozu die handbreiten Stoffstreifen mit Knopflöchern an beiden Enden taugten oder die runden Holzformen in Menschenkopfgröße. Letztere dienten zum Hütemachen, das sahst du später mit eigenen Augen, als die Mutter darauf Filz dämpfte und einen Hut entstehen ließ. Sie war Putzmacherin, was nicht hieß, dass sie putzen ging, sie fertigte Hüte und putzte sie mit verschiedenen Schnörkeln und Federn aus, manchmal mit asymmetrischer Krempe, ähnlich dem Hut mit langer Feder von Robin Hood aus deinem Bilderbuch.

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