Abb. 1.1:
Inszenierung von Generationenunterschieden im Comic ( Titeuf 3: 8).
1.2 Weltsprache Französisch
Französisch ist eine Weltsprache. Sie ist auf allen fünf Kontinenten verbreitet:
Europa: Frankreich, Schweiz, Belgien, Luxemburg, Monaco, das Aostatal in Italien sowie die britischen Kanalinseln Guernsey und Jersey;
Amerika: Kanada, Haiti, die französischen départements et régions d’outre-mer (DROM) Martinique, Guadeloupe und Guyana, die collectivités d’outre-mer (COM) Saint-Martin und Saint-Barthélémy in der Karibik und Saint-Pierre-et-Miquelon vor der kanadischen Küste, in den USA (Minderheiten in Louisiana und an der Grenze zu Kanada; Franco-Americans );
Afrika: Maghreb (Algerien, Marokko, Tunesien), Subsahara-Afrika (Republik Kongo, Kamerun etc.), Indischer Ozean (Mauritius, Seychellen, die DROM La Réunion und Mayotte);
Ozeanien: Vanuatu, die französischen COM Französisch-Polynesien, Neukaledonien sowie Wallis und Fortuna;
Asien: Libanon und französische Minderheiten im ehemaligen Indochina (Kambodscha, Laos, Vietnam).
Zudem ist Französisch neben dem Englischen die wichtigste Sprache der internationalen Kommunikation. So sind beispielsweise die Arbeitssprachen der Vereinten Nationen (UNO) Englisch und Französisch und die der Organe der Europäischen Union (EU) v. a. Deutsch, Englisch und Französisch.
1.2.1 L1, L2, Fremdsprache und offizielle Sprache
Die Organisation Internationale de la Francophonie ( OIF) zählt 300 Millionen Frankophone in der Welt (2018). Nach dieser Zählung steht Französisch auf Platz 5 der Liste der meistgesprochenen Sprachen der Welt: nach Chinesisch, Englisch, Spanisch und Arabisch. Die meisten Frankophonen (59 %) leben laut OIF in Afrika – Tendenz steigend. Für 2070 prognostiziert die OIF zwischen 477 und 747 Millionen Frankophone weltweit ( www.francophonie.org). Diese Zahlen sind allerdings mit Vorsicht zu genießen. Die OIF verwendet nämlich eine sehr weite Definition von frankophon :
Revenons-donc au sens commun, qui entend par ‘francophone’ une personne capable de s’exprimer en français, quel que soit son niveau ou sa maîtrise d’autres compétences comme l’écriture ou la lecture. (WOLFF 2014: 3)
So zählt die OIF auch in Deutschland 12,2 Millionen Frankophone (15 % der Bevölkerung), in Österreich 1,1 Millionen (13 %) und in der Schweiz 5,7 Millionen (67 %). Dagegen sind nach der Schweizer Volkszählung von 2014 nur 22,5 % der Schweizer*innen frankophon (vgl. REUTNER 2017).
Konzentriert man sich auf die Erstsprache (L1), dann kommt man nur mehr auf 75,9 Millionen Sprecher*innendes Französischen – und damit auf Platz 14 der meist gesprochenen Sprachen der Welt (2020, Ethnologue 1). Diese leben in erster Linie in Frankreich (mit seinen DROM), Québec (vgl. Kapitel 10.1.2), den französischsprachigen Gebieten Belgiens ( Fédération Wallonie-Bruxelles ) und der Schweiz ( Suisse romande ) sowie in Monaco, in geringerem Maße auch in Luxemburg, im Libanon und den kanadischen Provinzen Ontario und New Brunswick (WOLFF 2014; vgl. Abb. 1.2 und 1.3). Dazu kommen gebildete urbane Milieus in einigen afrikanischen Staaten (z. B. Kamerun, Republik Kongo) sowie Auswanderer (fr. expats ) in allen Ländern der Welt (z. B. französische und deutsch-französische Familien in Deutschland). Auch in einzelnen Staaten können die Zahlen beträchtlich variieren: So sind etwa in Luxemburg laut OIF 92 % der Bevölkerung frankophon, nach der Volkszählung von 2011 bezeichnen aber nur 12 % das Französische als ihre Hauptsprache; die Mehrheit der Bevölkerung spricht Luxemburgisch als L1 (vgl. REUTNER 2017).
Abb. 1.2:
Französisch in Europa.
Von einer Zweitsprache (L2) – und nicht von einer Fremdsprache – spricht man, wenn die Sprache in einer Region auch im Alltag verwendet wird, beispielsweise zur Kommunikation zwischen Personen mit unterschiedlichen L1 oder als Unterrichtssprache an Schule und Universität ( français langue de scolarisation : FLSco). Diese Rolle des Französischen in der Welt ist nicht zu vernachlässigen: Insgesamt besuchen 81 Millionen Schüler*innenweltweit eine französischsprachige Schule. Im Alltag wird L2-Französisch in folgenden Staaten am häufigsten verwendet: auf Mauritiusvon 73 % der Bevölkerung, in der Republik Kongovon 59 % und in Tunesienvon 52 %.
Die Situation ist anders im Fall des Französischen als Fremdsprache ( français langue étrangère , FLE). Hier sind die Lerner*innen im Alltag nicht von der gelernten Sprache umgeben. In Europa ist Französisch die nach dem Englischen (96 %) am zweithäufigsten gelernte Fremdsprache(26 %); in englischsprachigen Ländern rangiert es sogar auf Platz 1. Weltweit lernen ca. 51 Millionen Menschen Französisch als Fremdsprache (vgl. auch Kapitel 4.1.4). Ein besonderer Fall ist Französischunterricht für Migrant*innen in Frankreich selbst: Hier spricht man vom français langue d’intégration (FLI). Um die französische Staatsbürgerschaftzu bekommen, muss man das Niveau B1 nach dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen (GERS) vorweisen.
Abb. 1.3:
Französisch in Amerika.
Offizielle Sprache ist das Französische nicht nur in den Staaten, in denen es als L1 gesprochen wird, sondern auch in vielen Staaten, in denen es als L2 mehr oder weniger verbreitet ist. Auch hier ist die Zählung nicht ganz so einfach, denn in vielen Staaten gibt es keine offizielle Staatssprache. So enthält selbst die französische Verfassung erst seit 1992 den Satz « La langue de la République est le français »(Art. 2). Französisch ist in 13 Staaten alleinige offizielle Sprache und in 16 Staaten ko-offizielle Sprache, also insgesamt in 29 Staaten (vgl. Tab. 1.7).
In Belgien, der Schweiz und Kanada ist die Lage etwas komplizierter, da man hier zwischen dem Status des Französischen auf Ebene des gesamten Staates und seinem Status in den frankophonen Gebieten unterscheiden muss. Belgienhat drei Amtssprachen: Niederländisch, Französisch und Deutsch. Es gilt das Territorialitätsprinzip, d. h. in Flandern funktionieren Schule und Verwaltung auf Niederländisch, in der Wallonie auf Französisch und in der deutschsprachigen Gemeinschaft auf Deutsch. Nur die Hauptstadt Brüssel ist zweisprachig Französisch/Niederländisch. Die Schweizbesitzt sogar vier Amtssprachen: Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. Auch hier gilt das Territorialitätsprinzip: Vier Kantone sind einsprachig französisch (Genève, Jura, Neuchâtel, Vaud; Suisse romande ), drei sind zweisprachig deutsch-französisch (Bern, Fribourg und Valais). In Kanadaschließlich sind Englisch und Französisch Amtssprachen auf Bundesebene. In der Provinz Québec dagegen ist Französisch die einzige Amtssprache. Einen ko-offiziellen Status hat es in New Brunswick (fr. Nouveau-Brunswick ) sowie den drei nord-östlichen kaum bewohnten Provinzen Territoires du Nord-Ouest, Yukon und Nunavut.
Читать дальше