WBG
Deutsch-Französische
Geschichte
Herausgegeben im Auftrag
des Deutschen Historischen Instituts Paris
von
Gudrun Gersmann
und
Michael Werner
Nicolas Beaupré
Das Trauma
des großen Krieges
1918–1932/33
Aus dem Französischen übersetzt
von
Gaby Sonnabend
Für Dorota
Einbandgestaltung: Peter Lohse, Büttelborn
Einbandbild: Unterzeichnung des Versailler Vertrages am 28. Juni 1919.
Gemälde von William Orpen, um 1925, Imperial War Museum, London.
Foto: akg-images.
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation
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© 2009 by WBG (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), Darmstadt
Die Herausgabe des Werkes wurde durch die Vereinsmitglieder
der WBG ermöglicht.
Satz: Janß GmbH, Pfungstadt
Redaktion: Christina Kruschwitz, Berlin
Besuchen Sie uns im Internet: www.wbg-wissenverbindet.de
ISBN 978-3-534-14706-9
Elektronisch sind folgende Ausgaben erhältlich:
eBook (PDF): 978-3-534-74562-3
eBook (epub): 978-3-534-74563-0
Buch lesen Einleitung: Verletzungen und Traumata Das Jahr 1918 bedeutete nicht für alle das Ende des Krieges. Für ungefähr 1.376.000 junge Franzosen und 2.034.000 junge Deutsche 1 endete dieser auf tragische Weise im Schlamm des Artois, Flanderns, Lothringens, der Somme oder in den weiten Ebenen Osteuropas. Darüber hinaus sollte der Konflikt – trotz des Endes der Feindseligkeiten – für eine ganze Reihe von „Heimkehrern“, so nannten sich die Veteranen bisweilen, niemals enden: Hatte Kurt Tucholsky nicht 1925 geschrieben, der Soldat des Ersten Weltkriegs sei an das Leben zurückgegeben worden als „ein Ding, das der ziemlich guten Nachahmung eines Menschen glich“ 2 ? Parallel dazu hatte der französische Schriftsteller und Soldat Léon Werth von der Hauptfigur seines autobiographischen Kriegsromans gesagt, dass dieser, „vom Krieg befreit, rasch begriffen hatte, dass der Krieg ihn nicht unversehrt an das Leben zurückgegeben hatte“ 3 . Die Kriegsversehrten, die durch Gas Vergifteten, die „Kriegsneurotiker“ (4.266.000 französische und 4 216 058 deutsche Verletzte zwischen 1914 und 1918) wie auch die vergewaltigten Frauen, die durch die langen Perioden der Besatzung misshandelten Zivilisten, die Waisenkinder, all die Trauernden, die Witwen, die Eltern, die ihre Söhne an der Front oder durch die Hungerblockade verloren hatten, sie alle mussten ihre Leben während des Ersten Weltkrieges an ihrem Körper, ihrem Herz und ihrem Geist befestigt tragen. Weiterhin waren Millionen von Kindern und Heranwachsenden während der Kriegsjahre sozialisiert worden, einige von ihnen in den besetzten Gebieten in direktem Kontakt mit einem als grausam und schlecht beschriebenen Feind 4 . Die anderen hatten – selbst wenn sie weiter von der Front entfernt waren – eine patriotischere und nationalistischere Erziehung erhalten als je zuvor 5 .
Innentitel Nicolas Beaupré
Inhaltsverzeichnis
Informationen zum Buch
Informationen zum Autor
Impressum
Einleitung: Verletzungen und Traumata
I. Überblick
1. Den Krieg beenden?
1.1. Eine allgemeine Erwartung: Der Sieg
1.2. Ende der Kampfhandlungen und Beginn einer neuen gegenseitigen Feindschaft
1.3. 1918–1919: Deutsch-französischer Krieg mit anderen Mitteln
1.3.1. Die Blockade
1.3.2. Der Fall des Elsass
2. Den Krieg trotz allem hinter sich lassen: Die Demobilisierung der Soldaten in Deutschland und Frankreich
2.1. Eine überwundene Krise
2.2. Ein kostspieliger Erfolg
3. Kriegerischer Frieden: Versailles
3.1. Ein Streit der Interpretationen
3.2. Eine deutsch-französische Angelegenheit
4. Auge in Auge: 1919–1924
4.1. Krieg nach dem Krieg oder Krieg dem Kriege
4.2. Eskalation und Deeskalation in den deutsch-französischen Beziehungen: Von der Ruhr zum Dawes-Plan
5. 1924–1930: Die große Illusion des Friedens
5.1. 1924 – Das Übergangsjahr
5.2. Internationale Zusammenarbeit, Abrüstung und Europagedanke: Die Rückkehr des Idealismus?
5.3. Ein circulus vitiosus? Stabilisierung durch Annäherung und Annäherung durch Stabilisierung
5.4. Die wilden Jahre in beiden Ländern
5.5. Trügerische Stabilisierung in Deutschland
6. Innere und äußere Krisen (1929–1933)
6.1. Frankreich: Von einer latenten zu einer tiefen und dauerhaften Krise
6.2. Die innere Krise in Deutschland: eine „totale“ Krise
6.3. Ein neuer Rahmen für die deutsch-französischen Beziehungen: Die Anfänge eines tragischen Missverständnisses
II. Fragen und Perspektiven
1. Verletzte und geschundene Gesellschaften
1.1. Kriegstrauer als gemeinsames Schicksal?
1.2. Nach dem Sieg
1.3. Nach der Niederlage
1.4. Die Herausbildung eines kollektiven Gedächtnisses nach dem Krieg – ein Vergleich: Das Beispiel der Kriegerdenkmäler
2. Wiederaufbauen und Reparieren
2.1. Das Land und die Städte
2.2. Die verletzten Körper und Seelen der Heimkehrer
2.3. Leere ausfüllen und Lehre aus dem Krieg ziehen: Militante Diskurse und Praktiken am Beispiel der Dolchstoßlegende
3. Die besetzten Gebiete: Ort des interkulturellen Zusammentreffens und der täglichen Erfahrung von ‚Fremdherrschaft‘
3.1. Eine besondere deutsch-französische Geschichte
3.2. Zeitlich und räumlich unterschiedliche Situationen
3.3. Die Gewalt des ersten Kontakts. Die militärische Besatzung 1918–1919: „Prestige des Siegers“ oder Ursprungstrauma?
3.4. Die Hasskampagne der „schwarzen Schmach“
4. Die Mandatsgebiete: Besatzung und französische Einflussnahme auf deutschem Gebiet
4.1. Das Saargebiet unter Mandat: Eine Besatzungserfahrung?
4.2. Die östlichen Randgebiete und die französische „Besatzung“: Oberschlesien
5. Vom offenen Kampf zum Machtkampf
5.1. Der Höhepunkt: Kampf, Krise und Krieg an der Ruhr
5.2. Die Illusion der Befriedung und die kulturelle Auseinandersetzung zwischen Besatzern und Besetzten im Rheinland
5.3. Marginale oder identitätsstiftende Erfahrungen?
6. Langsamkeit und Zufälligkeiten bei der kulturellen Demobilisierung: Zwei Fallstudien
6.1. Die „kulturelle Demobilisierung“: Versuch einer Definition
6.2. Den Krieg nach dem Krieg erinnern: Die Kriegsliteratur nach 1918
6.3. Eine langsame und relative Demobilisierung: Das Beispiel der Wissenschaften an den Universitäten
6.3.1. Boykott und Gegen-Boykott
6.3.2. Studenten und Professoren angesichts der deutschfranzösischen Beziehungen: Einige Beispiele
6.3.3. Der besondere Fall der Universität Straßburg
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