»Vielleicht ist sie aber auch einfach nur ein feiner Mensch«, sagte Mark und beließ es bei dieser Aussage.
Egal, was er jetzt dachte, es war vorbei. Den Ring hatte sie schon lange abgelegt und nun rauschte sie wenige Meter entfernt weg. Hinein, in ihr neues Leben.
Ohne ihn.
***
Das Thema Ehe war für Luisa erloschen, sie wollte von dem Bau-Mogul nichts mehr wissen. Ja, man hatte ihr wehgetan und vor allem ihre Autorität untergraben. Irgendwann war dann der Tag gekommen, an dem sie Mark zu hassen begann. Langsam, ganz langsam hatte dieses Prozess begonnen, doch es sollte der Anfang vom Ende sein.
Luisa wollte nicht mehr die verwöhnte Ehefrau spielen! Wurde Luisa einmal rebellisch, riet ihr Marc dem Tennisklub beizutreten oder mit dem Golfspiel zu beginnen
»Mein Gott, du wirst doch wohl noch deine Zeit rumkriegen, was tun denn die anderen Frauen den ganzen Tag über. Kauf dir Klamotten, kauf dir Schuhe, geh zum Friseur, zur Kosmetik – was weiß ich denn!« Marc reagierte gereizt und niemand hatte Verständnis wirklich Verständnis für Luisa.
Luisa wollte weder Schuhe, noch Klamotten. Sie wollte eine Familie, eine richtige Familie, wollte Mark für sich – doch sie hatte es nicht geschafft ihn davon zu überzeugen, dass sie jetzt die Frau an seiner Seite war und nicht seine Mutter. Luisa hatte versagt. Sie hatte das Band, welches Marc mit seiner Mutter verband, nicht lösen können
Gleichgültig, es war vorbei. In tiefen Zügen atmete sie die kühle Januarluft ein. Ihr war zum Bäume ausreißen zumute, zum ersten Mal seit fünf Jahren fühlte sie sich frei – so, als wären ihre Ketten gespregt.
Klar, bestimmt ein wenig zu melodramatisch, aber hey, man ließ sich nur einmal scheiden … hoffte sie.
Auf einmal konnte sie frei atmen. Keine Rücksicht mehr zu nehmen auf irgendwelche reichen Schnösel, die das Geld in Fünfhundert-Euro-Scheinen ausgaben – es hatte sie zum Schluss nur noch angeekelt, in welchen Kreisen sich ihr Ex-Ehemann herumtrieb. Keine Rücksicht mehr zu nehmen auf irgendwelche Wohltätigkeitsveranstaltungen, in denen sie in teuren Abendkleidern die von irgendeinem Designer gesponsert worden waren, sich selbst zu präsentieren. Dies alles war nie ihre Welt gewesen.
Nur einen Menschen hatte sie gemocht, und das war ihr Schwiegervater gewesen, für ihn hätte sie alles getan.
***
»Sei bloß froh, dass du diese Giftspritze endlich los bist!«, hatte Marks Mutter gesagt als diese das Gerichtsgebäude verließ.
»Mutter, wie kannst du nur! Luisa hat den Anstand besessen und auf jegliche Geldzuwendungen verzichtet, also lass bitte dieses Thema für alle Zeiten ruhen. Meine Ex-Frau war ... war … vielleicht habe ich einen Fehler gemacht.«
Das saß. Die Mutter schnappte nach Luft, täuschte eine aufkommenden Ohnmacht vor, die Mark mit dem Worten: »Was muss ich tun, damit du dich wie eine Fünfundfünfzigjährige benimmt und nicht wie ein dummes Gör« dokumentierte. Es folgte ein Anfall von Tränen und der Anwalt der Familie der gerade hinzugekommen war, hatte alle Mühe die Frau zu beruhigen.
All das bekam Luisa nicht mehr mit. Sie war auf dem Weg in ihr neues Leben.
Es roch nach Aufbruch, nach Chancen, nach etwas Neuen.
Und das alles, pleite, ohne Wohnung, ohne Rücklagen.
Na das konnte ja heiter werden!
Kapitel 1 – Alles auf Anfang
»Hallo, Luisa!«
Erna Buddenschön , die Vermieterin von Luisa Tanner war gerade beim Fensterputzen als Luisa in die Haustür huschen wollte. »Na, wie lief es denn bei Gericht … alles zu deiner Zufriedenheit verlaufen?«
Erna Buddenschön war furchtbar neugierig. Ständig hing ihr Kopf aus dem Küchenfenster, sie beobachtete die Straße, sie putzte die Fenster oder fegte die Gosse.
Erna Buddenschön war stets präsent – man kam einfach nicht an ihr vorbei, und unter einer Stunde auch nicht weiter. Wen sie einmal in ihren Klauen hatte, ließ sie so schnell nicht wieder los.
Luisa legte ein Lächeln auf, als sie die ältere Dame passierte.
Denn Erna Buddenschön war … einfach nur nervig und trotzdem freute sich Luisa sie zu sehen.
»Hallo, guten Morgen.« Luisa seufzte, blieb aber höflicherweise trotzdem stehen.
»Wie ist es gelaufen? Scheidung durch? Gab es Tränen, Herzschmerz?«
Die Fragen prasselten nur so auf Luisa ein. Reichten ihr die Klatschblätter der Regenbogenpresse nicht mehr?
»Das sind aber eine ganze Menge Fragen.« Luisa holte Luft. »Also, die Scheidung ist jetzt rechtskräftig, ich bin ein freier Mensch. Voilà!« Luisa rieb sich die Hände. »Ich würde ja gern mit Ihnen anstoßen, aber hier so zwischen Tür und Angel. Es ist wirklich sehr unangenehm kühl hier draußen.«
Das ließ sich die Dame mit dem altmodischen Kittel nicht zwei Mal sagen. Wenn Frau Buddenschön Klatsch und Tratsch roch, war sie sofort zur Stelle.
»Ach Gott, Kind, kommen Sie doch einfach rein. Ein Schlückchen Sekt können wir wohl beide vertragen, nicht wahr?«
»Ja«, sagte Luisa und lachte innerlich. Du hast mir hier den ganzen Morgen aufgelauert, natürlich musstest du wissen, was da abgelaufen ist. Deine Fenster glänzen wie kleine Diamanten. Erna, Erna, mir graut vor dir!
Die Dame öffnete ihr die Tür und bat Luisa einzutreten.
»Nun erzählen Sie erst mal«, forderte sie sogleich Luisa auf, währenddessen sie ein Fläschchen Piccolo aufschraubte und sich und Luisa ein Gläschen Sekt einschenkte. »Dann wollen wir mal anstoßen. Auf die Freiheit. Prösterchen.«
Luisa ekelte sich. Dieser Sekt verdiente noch nicht einmal den Namen Schaumwein - auch schon egal. Sie war nervös. Immerhin durfte sie ihrer Hauswirtin nicht zu viel erzählen. Die Dame galt als alte Klatschbase, ihr Ehemann Ernst war auch nicht viel besser. Dieser lungerte auch nur in der Gegend rum und Erna selbst hatte schon viele Leute brüskiert.
»Wissen Sie«, sagte Frau Buddenschön, »Männer verhalten sich immer noch wie Jäger und Sammler – sie jagen den ganzen Tag hinter irgendwelchen Zielen hinterher und sammeln Aufmerksamkeiten. Wenn sie dann irgendwann bemerken dass es noch etwas anderes gibt als das Jagen und Sammeln ist es meistens schon zu spät. Die Frau ist weg, die Kinder aus dem Haus – und nun – wo war das bequeme Leben, welches man sich gestalten wollten.«
Luisa grinste. »Finden Sie, dass es sich so verhält, Frau Buddenschön?«, meinte sie nach einem weiteren Schluck.
»Ja schon.« Die Dame nickte. »Große Klappe, nichts dahinter. Mein Ernst ist auch so ein Exemplar.«
»Ach, Frau Buddenschön.« Luisa schaute in ihr Sektglas, »lassen Sie mal gut sein. Ihr Ernst ist schon in Ordnung. Irgendwo brauchen wir doch alle mal einen Mann, nicht wahr?«
Die Dame gönnte sich ein Schlückchen Sekt dann fragte sie: »Ein bisschen Angst vor der Zukunft bleibt aber doch, nicht wahr?«
Luisa stutzte.
»Ich musste lügen, wenn es nicht so wäre. Doch ich habe das, was ich wollte. Ich habe keine Lust mehr auf Kompromisse.«
»Also, wenn ich es nicht besser wüsste«, meinte Erna Buddenschön, und schaute sie frontal an. »Du liebst ihn noch immer, nicht wahr, ein kleines bisschen vielleicht?«
»Nein ganz sicher nicht!« Luisa straffte ihre Schultern. »Ich werde nachher meine Schwester in Paris anrufen, dann komme ich auf andere Gedanken.« Ihr graute es vor diesem Anruf und doch sehnte sie sich danach. »Hoffentlich weiß sie noch, dass sie eine Schwester hat. In den Jahren meiner Ehe habe ich nicht viel mit ihr gesprochen, wir haben uns für eine Weile aus den Augen verloren. Im Augenblick ist sie auf der Fashion Week in Paris, danach geht's ab nach London.«
»Immer noch Model, Ihre Schwester?« Luisa hatte Frau Buddenschön bei ihrem Einzug von ihrer ehrgeizigen Schwester erzählt.
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