Sören schien verunsichert wegen der Anrede. Diese Frau kannte seinen Namen, rief ihn damit und sagte Sie zu ihm. Trotzdem setzte er sich zu ihr auf die Bank. Maria hatte den Eindruck, dass er an diesem Tage ruhiger war, als das letzte Mal. Er wippte auch nicht hin und her, sondern sah nur auf die Nordsee, so, als ob er versuchte über den Horizont hinauszublicken. Maria traute sich ihn anzusprechen und fragte „Is was?“
Aber Sören reagierte gar nicht. Er blickte weiter in die unendliche Weite. Maria wusste von Christian, dass man bei Sören Geduld haben musste. Und so wartete sie und blickte ebenfalls auf das Meer.
Und nach einer – für Maria schier unendlich langen Zeit, begann er mit seinem Singsang. Zunächst ganz leise, so dass Maria Mühe hatte, Worte zu verstehen. Aber dann hörte sie ganz klar die Worte de Wal. Und es bildete sich wieder eindeutig ein Vers heraus „De Wal, de Wal, de weit dat al. Ik heb dat sehn, ik blot alleen. De Wal, de Wal, de dei dat all.“ Sören schien darauf zu warten, dass Maria den Vers aufschrieb, denn er wiederholte ihn so oft, bis Maria zum Kugelschreiber griff und den Vers zu dem ersten in die Buchinnenseite schrieb. Dann ging er. Nicht so fluchtartig wie beim ersten Mal, aber ohne Gruß und ohne sich umzudrehen.
Aber auch Christian wusste auf Anhieb nicht, was der Vers dieses Mal zu bedeuten hatte. „War es wieder schlimm?“ hatte er als erstes gefragt.
„Nein. nein, gar nicht“ antwortete Maria, „im Gegenteil. Heute war er eher ruhig und unaufgeregt.“
Christian übersetzte den Vers ins Hochdeutsche „Der Wal, der Wal, der weiß das alles. Ich hab es gesehen, bloß ich alleine. Der Wal, der Wal, der hat das alles getan.“
„Na“ sagte er dann fast ein bisschen spöttisch nach einer längeren Pause, „was will er denn nun wieder gesehen haben?“
Maria hielt sich zurück. Sie wusste inzwischen aus eigener Erfahrung, dass man auch bei Christian gelegentlich viel Geduld brauchte. Endlich sagte er „Sicher, früher sind viele Männer von der Insel mit den Holländern bis ins Nordmeer vor Grönland auf Walfang gefahren, um Geld zu verdienen. Viele sind dabei umgekommen, wenige sind berühmt geworden. Der Walfischknochenzaun vor dem Museum und der Torbogen am Eingang sind stumme Zeugen aus dieser Zeit.“
Maria traute sich einzuwenden „Für Sören scheinen sie zu reden.“
„Ja, ja“ antwortete Christian fast ein wenig aufgebracht, „aber was? Was sagen die Knochen ihm , was wir nicht hören?“
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