Erich Hübener
Die Beichte eines Kindermädchens
Olga von der Wolga: Kriminalkomödie
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Inhaltsverzeichnis
Titel Erich Hübener Die Beichte eines Kindermädchens Olga von der Wolga: Kriminalkomödie Dieses ebook wurde erstellt bei
Olga
Rosenbauer
Meixner - Junior
Fischer
Impressum neobooks
Die Beichte eines Kindermädchens
Sie stand eines Tages bei der Familie Fischer vor der Tür und sagte: „Guten Tag, ich habe gehört, dass sie ein Kindermädchen suchen.“
Frau Fischer sah die junge Frau, - oder war es noch ein junges Mädchen, - erstaunt von oben bis unten an. Sie war hübsch, aber nicht sehr vorteilhaft gekleidet. Unter ihrer Strickmütze quollen blonde Haare hervor, die zu einem langen sauberen Zopf geflochten waren. Sie trug eine Windjacke, einen dreiviertellangen Rock und handgestrickte Socken, die in derben Straßenschuhen steckten.
„Bin ich hier richtig?“, fragte sie.
Frau Fischer registrierte den ausländischen Akzent in ihrer Sprache. Osteuropäisch, dachte sie, polnisch oder russisch. Aber man soll ja keine Vorurteile gegen Ausländer haben. Manche sollen ganz fleißig sein und billiger als deutsche Arbeitskräfte sind sie auch.
„Kommen Sie doch erst einmal herein“, sagte sie.
Die junge Frau streifte die Schuhe auf der Fußmatte ab.
„Oder soll ich sie ausziehen?“, fragte sie.
„Nein, nein“, antwortete Frau Fischer, „das sollen die Männer machen, wenn sie vom Hof hereinkommen. Aber die tun es meistens nicht.“
Frau Fischer ging voran in Richtung Küche. Gut erzogen scheint sie ja zu sein, dachte sie und bot ihrem Gast einen Stuhl an. Sie selbst setzte sich auf die Eckbank. Das Mädchen setzte sich auf den Rand des Stuhls und legte die Hände in den Schoß.
„Möchten Sie einen Kaffee oder lieber einen Tee?“
„Lieber einen Tee“, sagte sie etwas schüchtern.
Während Frau Fischer mit dem Wasserkocher den Tee zubereitete fragte sie halb über die Schulter: „Wie heißen Sie eigentlich?“
„Olga“, sagte ihr Gast, „genügt Ihnen das? Mein Nachname ist so unaussprechlich, dass ich ihn meistens weglasse. Sie können auch gleich `Olga´ und `Du´ zu mir sagen.“
„Ja, ist mir recht. Wo kommen Sie, ich meine, wo kommst du denn her?“
„Aus Russland. Ich bin an der Wolga, in der Nähe von Engels aufgewachsen. Unsere Oma war Deutsche.“
„Und deshalb sprichst du so gut Deutsch.“
„Ja, unsere Oma hat zu uns Kindern gesagt: `Ich bin Deutsche und ich spreche Deutsch, wenn ihr mich nicht versteht, dann ist es euer Problem´. Und so haben wir Deutsch gelernt. Wir liebten unsere Oma und wollten sie natürlich verstehen. Denn sie war eine sehr liebe Frau.“
„Und warum bist du jetzt hier?“
„Nach dem Tod unserer Oma wollte ich das Land kennen lernen, von dem sie uns so viel erzählt hatte. Sie hat nur Gutes über Deutschland und die Deutschen gesagt. Die Russen mochte sie nicht.“
„Und was ist mit deinen Eltern?“
Frau Fischer hatte inzwischen Tee eingegossen und ein paar selbstgebackene Plätzchen auf den Tisch gestellt. Olga probierte einen der Kekse und sagte dann: „Oh, die sind genau so lecker wie bei meiner Oma. Sie hat gerne gebacken, aber leider gab es bei uns nicht immer die richtigen Zutaten.“
„Und was ist mit deinen Eltern?“, hakte Frau Fischer nach.
„Meine Mutter ist auch noch in Deutschland geboren, aber schon als kleines Kind mit ihren Eltern ausgewandert. Später hat sie dann einen russischen Mann geheiratet. Meine Eltern haben nur Russisch gesprochen. Und in der Schule haben wir auch nur Russisch gelernt.“
„Hast du denn schon einmal in einem Haushalt gearbeitet?“
„Nur zu Hause. Aber ich kann kochen und putzen. Und ich habe immer gerne mit den Kindern in der Nachbarschaft gespielt. Ich liebe Kinder.“
„Das ist uns auch wichtig. Unsere Kinder sind noch klein. Saskia ist fünf und Max gerade drei. Vormittags sind sie im Kindergarten. Da müsstest du sie abholen und eine Kleinigkeit zu Essen für sie machen. Gegen 18 Uhr essen wir dann alle gemeinsam. Wir würden immer einen Speiseplan machen, denn für das Kochen wärest du meistens zuständig, weil ich tagsüber im Büro unseres Betriebes arbeite. Du könntest bei uns wohnen. Oben hättest du dein eigenes Zimmer. Aber über Geld musst du mit meinem Mann sprechen. Dafür ist er zuständig.“
Olga hatte aufmerksam zugehört und nickte zustimmend.
„Wann könntest du denn anfangen?“
„Wenn Sie wollen sofort. Ich müsste nur noch meinen kleinen Koffer vom Bahnhof abholen“.
„Gut“, sagte Frau Fischer abschließend, „da kann Joseph nachher mit dir hinfahren. Joseph ist unser Lagerarbeiter. Er ist sehr nett, du wirst sehen. Und um ein Uhr musst du dann die Kinder vom Kindergarten abholen. Joseph wird dir den Weg zeigen. Ich rufe ihn gleich. Ach, noch eins, montags hättest du deinen freien Tag. Da kümmere ich mich selbst um alles. Da muss mein Mann sehen, wie er allein klarkommt.“
"Harmonie"
Kriminalhauptkommissar i.R. Walter war ziemlich planlos unterwegs. Jetzt, als Pensionär, hatte er viel Zeit, jeden Tag frei und niemanden, um den er sich hätte kümmern müssen. Er war mit seinem Wagen am Rhein unterwegs, von Köln aus rheinaufwärts. Ganz gemütlich zuckelte er auf Nebenstraßen Richtung Süden. Plötzlich stutzte er. Was hatte da auf dem Wegweiser gestanden? Er bremste und setzte zurück. Und da stand es groß und deutlich, schwarz auf gelb: Harmonie 2 Km. Den Ort sehe ich mir mal an, dachte er, bog von der Kreisstraße ab und erreichte kurz darauf den Ort Harmonie – oder war es doch eher schon eine Stadt?
Er ließ seinen Wagen langsam durch den Ort rollen und parkte schließlich auf dem Marktplatz, gleich neben der Kirche. Der Platz sah aus als sei hier schon jahrhundertelang Wochenmarkt abgehalten worden. In einem großen Kreis standen die alten Häuser eng aneinandergeschmiegt rund um die Kirche. In den unteren Stockwerken der Häuser gab es kleine Geschäfte: eine Bäckerei, einen Frisör, eine Apotheke, die Poststelle, eine Bankfiliale, eine Arztpraxis und in einem größeren Gebäude die Gastwirtschaft „Zur Traube“. „Zimmer frei“ stand auf dem Plakatständer neben der Eingangstür. Das passt gut, dachte Walter, vielleicht bleibe ich ein paar Tage und sehe mich hier ein bisschen um.
Es war kurz nach Mittag. Walter setzte sich an einen der Tische vor der Gastwirtschaft. Nach kurzer Zeit kam ein junges Mädchen heraus und fragte ihn nach seinen Wünschen. Er bestellte ein Bier. Als sie es brachte, fragte Walter, auf das Schild deutend: „Ist heute auch noch ein Zimmer frei?“
„Ja, sicher“, sagte sie mit einem deutlichen Ausrufezeichen, „aber da müssen Sie auf unsere Chefin warten, denn die ist für die Zimmer zuständig. Sie kommt so gegen sechs Uhr.“
Während er das Bier trank, betrachtete Walter die Menschen um sich herum. So sehen also die Bewohner des Ortes mit dem schönen Namen Harmonie aus, dachte er. Nach einiger Zeit stellte er fest, dass sie auch nicht anders aussahen, als in anderen vergleichbaren Orten. Als er das Bier bezahlte, fragte er das junge Mädchen, was man an einem so schönen Nachmittag hier noch unternehmen könnte.
„Sie können ja wandern“, sagte sie, „vielleicht oben zur Teufelskanzel.“
Walter bedankte sich und ging in die Richtung, in die das Mädchen gezeigt hatte. Am Stadtrand fand er eine Informationstafel, auf der alle Wanderwege eingezeichnet waren, auch der „Teufelskanzel-Rundweg“, den man nach Eintragung der Wanderfreunde in etwa zwei Stunden umrundet haben könnte. Und er wäre durch stilisierte Teufelsköpfe gekennzeichnet.
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