Mo–Do 10–19, Fr 10–20, Sa 10–18, So/Feiertag 11–17 Uhr.
Frederiksborggade 21, 1360 Kopenhagen
Die besten Smørrebrød gibt es bei Hallernes an sieben Tagen die Woche. Bei größeren Mengen unbedingt anrufen und vorbestellen. Die Stullen sind beliebt.
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MARKTSTÄNDE HAT DIESER MARKT
WEBSITE: TORVEHALLERNEKBH.DK
IT'S MARKET DAY
TORVEHALLERNE, KOPENHAGEN
Eine Vielzahl der wichtigsten Gastro-Trends der letzten zehn Jahre kommt aus Kopenhagen. Mit den Torvehallerne beweist die Stadt mitten in ihrem Zentrum, dass sie ihre Modernität auch in Form eines Marktes ausleben kann, der für jeden da ist.
PORTRÄT
GEOFFREY
Geoffrey Canilao, a.k.a. The Brown Guy, ist gebürtiger Hawaiianer, gelernter Sommelier und hat den Job des Bartenders von der Pike auf gelernt. Seit einigen Jahren betreibt er sein eigenes Business, die beliebte Cocktailbar Balderdash.
Web: balderdash.dk
Jedes Mal, wenn ich in Kopenhagen bin, frage ich mich, ob die Menschen hier schon in der Grundschule ein Unterrichtsfach haben, das es an deutschen Schulen nicht gibt. Nämlich: Stil! Nicht nur dass die Dänen etliche berühmte Möbel- und Produktdesigner hervorgebracht haben, im allgemeinen Straßenbild sieht man einfach sehr gutaussehende Menschen – elegant, aber nicht überdreht, nordisch cool, aber nicht verkrampft. Das zieht sich durch alle Bereiche.
Die Wohnungen sind toll eingerichtet, die moderne Architektur kann sich im Gegensatz zu der einen oder anderen Bausünde Berlins und Hamburgs sehen lassen und zahllose Bars und Restaurants machen den Eindruck, als hätten sie gerade erst eröffnet, so frisch ist das Konzept. Und wenn das mal nicht der Fall ist, dann sind sie zum exakt richtigen Zeitpunkt in der Vergangenheit stehen geblieben. Kopenhagen ist eine echte Stil-Metropole, wobei Stil keine äußere Hülle ist, sondern ein ausgereiftes Konzept mit Sachverstand und Feingefühl. Das gilt auch für den großen Markt Torvehallerne, der in unmittelbarer Nähe zum Zentrum liegt, im Stadtteil Nørreport.
Von allen Märkten, die ich besucht habe, sind die Torvehallerne der mit Abstand modernste Markt, was aber auch daran liegt, dass er gleichzeitig der jüngste ist. Gerade erst 2011 eröffnet, sind die beiden Hallen und das Plätzchen zwischen ihnen bereits fester Bestandteil der Kopenhagener Genusskultur. Mein Freund Geoffrey holt mich an der U-Bahn-Station Nørreport ab und bringt mich zu seiner Freundin Rosio, die ihre Taqueria Hija de Sánchez zwischen den Hallen betreibt.
Ich bekomme einen Taco mit einem Spiegelei, etwas Hack vom Schwein, frischen Zwiebeln, eingelegten Jalapeños und einer Salsa, die Rosio selbst gemacht hat. Rosio hat mexikanisch-amerikanische Eltern, wuchs in Chicago auf, fing mit 19 an, professionell zu kochen, und arbeitete unter mehreren Spitzenköchen, bevor sie sich entschied, dass sie einen direkteren Draht zu jenen haben möchte, die ihre Speisen genießen. Perfekt aufgehoben also auf einem Markt. Zu meinem Taco trinke ich eine Michelada, einen mexikanischen Drink aus Tomatensaft, Limette, Bier, Tequila und Cayenne. Jeder Schluck bestätigt: Rosio versteht ihr Handwerk.
Lebensmittel, Bratpfannen, Street Food sind allgegenwärtig. Und doch riecht man überall die frischen Blumen von „Stalks & Roots“.
IT'S MARKET DAY
In den Hallen offenbart sich die ganze Vielfalt des Marktes. Fleisch- und Gemüsehändler wechseln sich mit Bistro-Ständen ab. Eine Blumenverkäuferin lächelt zwischen ihren Sträußen hindurch, ein junger Mann mit riesiger Afro-Frisur reicht mir aus seinem Stand für Oliven und deren Öle einen Spieß mit fleischigen Oliven, ein kleiner Junge steht vor einer Pyramide aus Wassermelonen, so stolz, als hätte er selbst sie aufgetürmt.
Dass die Torvehallerne nicht zu einer überteuerten Delikatessen-Mall verkommen, liegt an der sorgfältigen Prüfung, wer hier einen Stand betreiben darf. Ein klassischer Markt für einfache Bedürfnisse, Käse, Gemüse, Fleisch aus der Region, mischt sich mit virtuoser Food-Vielfalt. Zwei sehr schöne Fischstände zeigen mit ihrem Angebot, dass Fisch kein Luxus ist, sondern ein Pfeiler dänischer Esskultur – und bei niedrigen Preisen für jedermann zu haben. Dieses Konzept lockt Menschen aller Altersklassen an. So muss ein Markt sein: offen, ehrlich, aber mit seinen Besonderheiten auch begehrenswert. Ein weiteres Beispiel für die dänische Lässigkeit sind die veganen Angebote, die es hier gibt – allerdings jenseits von ideologischen Grabenkämpfen und Weltretter-Fantasien. Veganes Essen ist hier einfach nur eines von vielen Angeboten. Am besten haben mir die Kartoffelpuffer mit Apfelmus gefallen.
Ein toller Kontrast zu der schlichten Glas- und Stahlkonstruktion der Hallen ist das Kopfsteinpflaster, aus dem der Platz um und zwischen den Hallen besteht. Es schlägt den Bogen zur Altbaukulisse, die den Markt umringt.
Auf dem Platz stehen Bänke und Tische, an denen sich direkt genießen lässt, was man drinnen in den Hallen ergattert hat. Das frische Fleisch kann man sich gleich grillen, ein großes Bier zapfen lassen, Weine kosten, noch mehr Snacks holen – neben all dem Innovativen gibt es auch das gute, alte Smørrebrød, besonders hübsch gefertigt bei Hallernes.
In und um die beiden Hallen ist immer was los: Die einen verweilen, die anderen kaufen in Eile ein, aber niemand, wirklich niemand, lässt auch nur ein Stück Müll auf den Tischen liegen oder auf den Boden fallen. Die Sauberkeit ist unglaublich. Mülltonnen bieten die Möglichkeit zu trennen, aber auch die Anbieter tragen ihren Teil dazu bei, nämlich in Form von sinnvollen Verpackungen, die entweder essbar oder leicht wiederverwertbar sind. Die Besteckausgabe ist in einem simplen System einheitlich organisiert. Was für ein schönes Beispiel für geschlossene Kreisläufe, die Müll vermeiden!
Ohne Hans Peter Hagens wären die Torvehallerne nicht zu denken. Zunächst setzte er sich dafür ein, dass Kopenhagen seine Marktkultur wiederbelebt. Als die Stadt endlich signalisierte, dass sie einen zentralen Markt wolle, sagte Hagens: „Gut, dann baue ich euch die Hallen.“ Er ist Architekt.
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