Wellen brausen, Winde heulen.
Donner, Blitz – der Schiffe Schreck!
Aber Charlie, dieser Seewolf,
Steckt das alles tapfer weg!
Charlie Black, der Weltenbummler,
Schätzt Verwegenheit und Mut.
Denn die Seefahrt ist ihm wichtig,
Wichtiger als Hab und Gut!
Dabei drehte er sich fröhlich im Kreis, und seine Freunde tanzten begeistert mit. Sie tollten umher, er jedoch übertraf sie alle.
Eine ganze Weile herrschten Trubel und Ausgelassenheit. Bis einer von ihnen zu seiner Verblüffung bemerkte, daß Kostja verschwunden war.

VIOLAS RÜCKKEHR
Statt des Jungen Kostja tauchte plötzlich jemand anderes im Elming auf – ein Mädchen!
Sie trug ein rosa Kleid, hatte blonde Locken und etwa Kostjas Alter. Die bunte Gesellschaft war über alle Maßen überrascht, und Viktor Stepanowitsch sagte:
»Der eine verschwindet, der andere kommt, hier geht es wirklich gespenstisch zu.« In Wirklichkeit jedoch hatten er und der Jäger Kusmitsch diesen Austausch selber bewirkt.
Oder genauer gesagt, es waren ihre Doppelgänger im Elmenland gewesen, die zusammen mit dem Kraken und einer wunderschönen Perle soviel Energie gebündelt hatten, daß Kostja wieder auf die Erde und Viola auf ihren Planeten zurückkehren konnten. Das war ein sehr schwieriges Unterfangen gewesen, von dem der Geologe hier aber noch nichts wußte. Er konnte auch nicht ahnen, daß die Massaren die Rückkehr der Kinder um jeden Preis verhindern wollten. Sie sollten nichts von den Tunneln zur Erde und den gefährlichen Eroberungsplänen der Irener verraten.
Das Mädchen indes war in Eile und hielt sich nicht weiter bei der Gruppe auf. Sie verließ den Elming und lief zum Haus ihrer Eltern. Dort jedoch standen bereits einige Wachposten, und so hörte Viola unvermutet den barschen Befehl:
»Halt, wer da?!«
Sie blieb gehorsam stehen und fragte sich, was das zu bedeuten hatte. War sie vielleicht aus dem Elmenland entkommen, um hier, so kurz vor dem Ziel, wieder gefaßt zu werden?
Doch zum Glück ahnte der Wachsoldat nicht, wen er angehalten hatte. Wäre Viola Massaren wie Din und Nel begegnet, die Bescheid wußten, hätte es für sie schlimmer ausgesehen: Die hätten sich nämlich sofort gefragt, wieso ein Mädchen, das sich soeben noch im Elmenland aufgehalten hatte, seelenruhig auf der Irena herumspazierte.
Viola schwindelte dem Posten vor, daß sie sich verlaufen hätte und daß bestimmt schon ihre Mama auf sie warte. Der Mann mußte ihr einfach glauben, so überzeugend flunkerte sie.
Dann eilte sie weiter, war nun aber auf der Hut. Auch wenn sie sich nicht erklären konnte, weshalb der Elming umstellt war.
Endlich erreichte sie das Haus. Die Tür war unverschlossen, und Viola schlüpfte unbemerkt ins Innere. Sie freute sich schon darauf, die Eltern zu überraschen. Weil nicht auszuschließen war, daß sich auch hier Fremde aufhielten, schlich sie zunächst auf Zehenspitzen ins Kinderzimmer.
Ol und Vi saßen in der Küche beim Frühstück, als aus Violas Zimmer erneut das Geräusch der Spieleisenbahn an ihr Ohr drang!
»Das muß Kostja sein!« rief Ol aus. »Vielleicht haben sie es nicht geschafft, zu entkommen, und er ist aus dem Elming zurückgekehrt.«
Er stürzte ins Kinderzimmer und fand sich dort unverhofft seiner Tochter gegenüber, die er auf der Erde oder im Elmenland wähnte.
Gleich darauf war auch Vi zur Stelle, um nachzuschauen, was im Kinderzimmer vor sich ging. Außer sich vor Freude, stürzte sie auf Viola zu, schloß sie in die Arme und überschüttete sie mit Küssen.
Auch Ol hatte seine Fassung wiedererlangt. Er umarmte die Tochter gleichfalls und ließ sich alles haarklein erzählen.
Viola hatte eine ganze Weile damit zu tun, ihre Erlebnisse zu schildern: wie sie aus Versehen ins Elmenland geraten war und dort den Jungen, die beiden Männer von der Erde sowie den Kraken Prim getroffen hatte. Wie sie danach von zwei Massaren verfolgt worden war und ihnen schließlich entwischen konnte.
»Die wunderbaren Kräfte einer Perle haben uns dabei geholfen«, erklärte sie. »Kostja und ich mußten sie fest mit den Händen umschließen und uns dann ganz stark nach Hause wünschen. Die Perle hat sich geteilt. Hier ist meine Hälfte.« Viola zeigte den Eltern das Bruchstück und fügte hinzu: »Sollten Kostja und ich uns irgendwann wiederbegegnen, können wir uns an dieser Haliotisperle erkennen.«
Vi merkte, daß ihre Tochter große Sympathie für den Jungen empfand, sagte aber nichts.
Nun erzählten die Eltern vom Besuch der eigenartigen Wesen, die in Violas Spielzeugfiguren geschlüpft waren, und es gab keinen Zweifel mehr, daß es sich um die Doppelgänger jener Elme handelte, die ihre Tochter kennengelernt hatte.
»Wie Kostja allerdings wirklich aussieht, weiß ich nicht«, sagte Vi nach einer Weile, »ich kenne ihn ja nur als Scheuch. Doch er scheint ein flinker Junge zu sein. Jedenfalls hat er auf Anhieb das gesamte Synchronautikzentrum außer Gefecht gesetzt, die Schutzbarriere um den Elming aufgehoben und mit seinen Freunden fast unser Haus in Brand gesetzt, bevor er verschwand. Wäre er ein bißchen länger geblieben, hätte er gewiß noch viel mehr durcheinandergebracht.«
Zum Schluß berichtete Viola noch, daß sie unterwegs von Wachposten aufgehalten worden war. Ol runzelte die Brauen – offenbar versuchten die Massaren um jeden Preis, die Besucher von der Erde aufzuhalten und gefangenzunehmen. Nur deshalb hatten sie den Tunneleingang umstellt und beobachteten vielleicht auch schon ihr Haus. Hoffentlich hatten die Gäste noch rechtzeitig fliehen können… Er war ernstlich besorgt.
»Und ich dachte schon, sie hätten es auf mich abgesehen«, sagte Viola fast ein wenig enttäuscht.
»Das ist gleichfalls nicht auszuschließen. Wir müssen genau überlegen, was wir mit dir machen. Das beste ist, du bleibst im Haus und verhältst dich zunächst ganz still«, sagte Ol.
»Ja, bleib hier, es ist tatsächlich besser, wenn du dich eine Zeitlang nicht draußen blicken läßt«, fügte Vi hinzu.
»Gut, dann gehe ich jetzt ins Zentrum und versuche, Näheres in Erfahrung zu bringen. Seid schön vorsichtig, ihr beiden, ich melde mich bald.«
Mit diesen Worten wandte sich Ol zur Tür und verließ das Haus.
DIE OPERATION »E«
Im Synchronautikzentrum aber fand schon seit dem frühen Morgen eine wichtige Beratung statt. Daran nahmen die uns bereits bekannten Massaren Nel und Din teil, aber auch Vik und Al, zwei Späher, die eiligst aus dem Elmenland herbeordert worden waren. Sie hatten einen ganzen Monat dort zugebracht und kannten unsere Freunde, einschließlich des Kraken Prim, genau.
Nel und Din schilderten ein weiteres Mal, was ihnen am Vortag widerfahren war, und alle kamen zu dem Schluß, daß sich im Haus der Synchronauten Ol und Vi Doppelgänger von der Erde aufgehalten haben mußten. Es war durchaus möglich, daß einer oder auch mehrere von ihnen sich den beiden an die Fersen geheftet, unbemerkt das Zentrum betreten und einen Kurzschluß des gesamten Energiesystems herbeigeführt hatten.
»Was ist aber daraus abzuleiten?« fragte Or, der Chef des Zentrums, seine Mitarbeiter.
Und da die Antwort nicht gleich kam, gab er sie selber:
»Erstens. Es ist durchaus möglich, daß Ol und Vi ihren Gästen geheime Daten über unsere Stützpunkte auf der Erde übermittelt haben, über die Technik dort und sogar über unsere neuesten Synchrogleiter.
Zweitens. Wenn die Fremden als Elme in unser Zentrum eingedrungen sind, könnten sie das und noch mehr auch selbst in Erfahrung gebracht haben. Sie hätten dann die Hilfe der Vitanten nicht unbedingt nötig gehabt.
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