Ulf Ziegler - Nichts Weißes

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Nichts Weißes: краткое содержание, описание и аннотация

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Dies ist die Geschichte von Marleen, die sich, noch ehe sie Lesen lernt, in die Welt der Buchstaben verliebt. Hineingeboren in eine erfolgreiche Werber- und Illustratorenfamilie, träumt sie früh von wahrhaft Großem: der perfekten Schrift.
An der Kunsthochschule hat sie Rückenwind, kann Marleen sich selbst Kontur verleihen. Ihr Pioniergeist treibt sie voran, bald steckt sie mittendrin in der Jobwelt der Achtziger — und erliegt deren Verheißungen. Die Medien erfahren einen Schub, plötzlich geht alles rasend schnell, schon hat man den Halt verloren. Sie muss erste Rückschläge einstecken, berufliche wie private. Flexibilität ist gefragt, schon in den Anfangszeiten der Globalisierung, und Marleen gibt sich flexibel, koste es, was es wolle — in der Hoffnung, dass ihr Traum weniger flüchtig ist als die Welt, gegen die es gilt, ihn wahrzumachen.
Mit Nichts Weißes legt Ulf Erdmann Ziegler den Roman einer Generation vor, für die das Hereinbrechen des Computerzeitalters identisch ist mit dem eigenen Erwachsenwerden. Randscharf, raffiniert, brillant.

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Paris ist keine Stadt, sondern eine Maschine. Der Motor brummt bei Tag und bei Nacht. Er betreibt den Stoffwechsel von Energien. Entzogen werden Artigkeit, Bescheidenheit und Mamastoffe, zugeführt werden Heldentropfen, Widerstandsbläschen, Egozucker. Wille und Wirklichkeit spiegeln sich wie der Bizeps rechts und der Bizeps links. Auf den großen Plätzen stehen Obeliske, die in den Himmel zeigen, und auf den weniger großen Pferde samt Reitern.

Alles geht mit doppelter Geschwindigkeit. Man geht ins Bett und denkt, man hätte nur die Hälfte erledigt. Währenddessen dröhnt die Stadt, Deckel drauf und man liegt im Topf gefangen. Man wird bebrütet und gegart. Man springt am Morgen beim Hupton durch eine sich von rechts und links gleichzeitig schließende Tür, während der Boden, auf dem man landet, sich in Bewegung setzt. Leider steht man auf dem Fuß des Nachbarn. Man sagt hier gnadenlos» Pardon«, zwanzigmal am Tag, wenn es sein muss.

Irgendwo in dem Koffer oder in einer der beiden Taschen ist auch der Langenscheidt, noch aus der Schulzeit, aber Marleen kommt nicht dazu, ihn auszupacken. Sie ist so schrecklich müde, von den Fahrten, dem Geplapper, dem Büro, von den kleinen Kindern der Jaccottets am Abend, die sie sogar anstrengen, wenn sie schlafen. Sie geht zwei Wochen lang hungrig ins Bett, bis sie das Angebot annimmt, sich in der Küche zu versorgen. Das tut sie, wenn von den Kindern nichts mehr zu hören ist. Sobald die Jaccottets wieder zu Hause sind, schleppt sie sich hoch in die Mädchenkammer unter dem Dach, wo ein altes, zu kurzes Metallbett mit einer zu weichen Matratze steht.»Défense «würde sie nachschlagen. Das könnte mit der Verteidigung zu tun haben, der Kriegszeit. Oder mit der Feuerwehr. Wenn sie nur nicht so müde wäre.

Solange sie unterwegs ist, am Morgen, taucht es immer wieder auf, überall. Sie weiß auch wo und erwartet es schon: An der Brandmauer um die Ecke steht es, fast unlesbar in bröckelnden, pechschwarzen Buchstaben. Am Bauzaun vor der Metro ist es mehrfach zu lesen, in Abständen von sechs Metern, gesprayt. Am Gerichtsgebäude ist es auf Messingschilder graviert, für jeden Gebäudeflügel einmal. Hoch über dem Eingang des Gymnasiums bemerkt sie es an einem späten Nachmittag, auf dem Rückweg, wegen der Schatten. Die Buchstaben stehen in riesigen steinernen Versalien über dem Portikus, als sei dies der Name der Schule: DEFENSE D’AFFICHER.

Kaum war Franz aus ihrem Leben entschwunden, stellte Marleen fest, dass sie in Kassel jeden kannte und dennoch einsam war. Alle hatten großen Spaß»an der Schule«, aber niemand schien ein Ziel zu verfolgen. Die einen wollten erst mal ihr kreatives Potenzial ausschöpfen, die anderen vielleicht» was in der Werbung «machen; einer wechselte zu den freien Malern und sprach danach nicht mehr mit den Illustratoren; die Filmleute tuschelten fortwährend über größenwahnsinnige Projekte, die in störrischen Fünfminutenfilmchen endeten. An denen hatten sie dann ein Jahr lang gearbeitet. Marleen aber verfolgte sehr wohl ein Ziel, nämlich die Schrift zu verstehen. Esme hatte gesagt, bevor sie nach zwei Wochen wieder auszog, dass es das gar nicht gebe,»die Schrift«, es gebe nur Schriften, und die könne man lernen wie das Rechnen, anfangs nicht leicht, aber letztlich kein Geheimnis.

Mit diesem Ziel vor Augen, hatte Marleen in Kassel ihre Aufgaben erledigt, ihre Leistungsscheine eingesammelt. Sie las einige Standardwerke zur Geschichte der Schrift und wurde dann bei Tomas Weingart HiWi, obwohl sie mehr Hilfe war als Wissenschaftlerin, die Instruktion im Blei- und Fotosatz übernehmend. Am Anfang des Sommersemesters wurde Weingart krank, und, weil er keinen Assistenten hatte, wurde sie gebeten, die Grundlehre zu beginnen. Wie jung die Neuen waren, unvoreingenommen, frisch, noch ganz Abitur und Lagerfeuer. Natürlich reizte das strenge Mädchen mit dem rheinischen Akzent ihren Widerstand, und einer, Beamtensohn aus Wiesbaden, fragte sie heiter und boshaft, was man in einer Typografieklasse denn lernen könne. Bei Weingart hatte sie sich abgeschaut, mit Verzögerung zu antworten. Während sie überlegte, überfiel sie ein Rauschen, ein wohliger Grusel. Sie antwortete dem jungen Studenten:

«Die Schrift bestimmt den Sinn all dessen, was wir tun. Wir lernen mit sechs oder sieben Jahren zu schreiben, danach sind wir keine Analphabeten mehr. Schrift ist überall, und je mehr wir lesen, desto weniger sehen wir sie. Wenn wir uns also hier der Schrift zuwenden, dann befragen wir unsere Alphabetisierung. Wir versuchen, uns in den Zustand des Analphabeten zurückzuversetzen. Wir betrachten den Buchstaben, aber nicht seinen Sinn und auch nicht seinen Laut, sondern seine Gestalt. Wir verwandeln etwas, was bis dahin passiv war, in etwas Aktives. Seht euch die Ordnung des Setzkastens an, die nicht alphabetisch ist. Und warum ist sie das nicht?«

Das war eine mögliche Antwort auf die Frage; in den Augen der jungen Leute hatte sie bestanden. Dabei war der Moment des Grusels nicht weniger wahrhaftig als die wohldosierte Antwort. Marleen ahnte, warum Weingart so vorsichtig gewesen war. Es gab da ein Reservoir der Empfindung, wie ein Atem, der einem in den Nacken blies, und wenn man sich umdrehte, war nichts zu sehen.

Und wieder Buchstabenverlosung, Peh und Ceh und Ypsilon, Buchstabe im Feld schwebend, Buchstabe die Einfassung berührend, Buchstabe in Perspektive und so weiter. Jetzt, indem Marleen zusah, begriff sie: Der Buchstabe tendiert zum Lebendigen. Die Erstsemestler wiegen ihre eigenen Blätter mit Abscheu und Wehmut. Sie lieben ihre Buchstaben wie Teddys oder Puppen. Aber die Buchstaben erwidern ihre Liebe nicht.

Dann kam Weingart zurück, blass, aufgeschwemmt. Er sah ihr zu, wie sie unterrichtete. Als sie allein waren, sagte er:

«Also, es geht.«

«Ja, es geht.«

Man beginnt pünktlich im Atelier von Passeraub, nämlich um halb neun, und selten ist vor sechs Uhr abends Schluss. Marleen eilt zur Metro, sprintet durch den Tunnel, um den Anschluss zu erreichen, obwohl die Bahnen mit drei Minuten Abstand fahren. Wenn die Jaccottets Abendkonzerte geben, müssen sie vor halb sieben aufbrechen, um pünktlich zu sein, zwei-, drei- oder viermal die Woche. Die Kinder drehen schon auf, bevor die Eltern aus dem Haus sind. Es geht immer etwas zu Bruch in den ersten Minuten, in denen Marleen mit den Kindern allein ist. Anfangs hat sie es mit Strenge probiert, aber das macht es nur schlimmer. Das liegt vielleicht an der Sprache, denn David, der kleine, spricht nur Schweizerdeutsch. Katie geht in die französische Vorschule, aber wenn die Luft dick ist, wechselt sie in das Idiom des Bruders. Marleen gewöhnt sich: Man muss sich willenlos stellen. Wenn die Jaccottets nach Hause kommen, liegt Katie in ihrem Bett und ratzt wie ein Murmeltier. David liegt auf Marleen wie eine Raupe, schlafend, Marleen im Sessel, die Fernbedienung in der Hand, der Fernseher stumm, Tierfilme, Hollywood, MTV. Die Jaccottets übernehmen sofort, David wird in seinem Gitterbett versenkt, und Marleen, die den Fernseher ausgeschaltet hat, bekommt ein Glas Côtes du Rhône, bevor sie nach oben geht. Der dicke Sonyverstärker brummt und kratzt ein Cellosolo, das ist für Ann und Pierre die Nachtmusik. Da können sie sich selbst vergessen.

Und dann fällt das Einschlafen schwer. Marleen versucht es mit Listen: Die Franzosen haben den Film, den Eiffelturm, die DS und Monet. Die Deutschen haben Bach, Helmut Kohl, C. Bechstein und Christian Klar. Unsinn. Wir haben Bach, Hermann Zapf, C. Bechstein und den Volkswagen. Die Schweizer haben die Helvetica . Die Schweizer haben Max Frisch. Sie haben den Franken. Aber darauf kommt es nicht an. Nicht in Paris. Der Boulevard ist kaum zu hören von der Mädchenkammer aus, die eigentlich eine Dienstmädchenkammer ist.

Marleen muss schlafen, aber der Kopf läuft weiter. Die Franzosen haben die Garamond, Truffaut, Toulouse-Lautrec und Défense d’afficher. Die Schweizer haben Emil und … Godard. Emil zählt nicht wirklich. Aber Godard schon. Oder ist der doch Franzose? Wir haben … Marleen schläft.

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