Clemens Setz - Die Frequenzen

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Walter und Alexander waren Freunde, als sie noch Kinder waren — nun kreuzen sich ihre Wege wieder
Dies ist die Geschichte von Walter, dem Sohn eines Architekten mit Einfluss. Er will Schauspieler werden — oder will es nur sein Vater? Walter bekommt seine Chance, als ihn Valerie, eine Psychotherapeutin, die bessere Tage gesehen hat, engagiert, um in Gruppensitzungen fiktive Patientenrollen zu spielen. Doch er geht zu sehr in seiner Rolle auf.
Dies ist die Gechichte von Alexander. Er ist Altenpfleger, ein junger Mann mit ausufernder Phantasie, die sich im Schatten einer einsamen Kindheit entwickelt hat. Alexander kündigt seinen Job, und er will seine Freundin loswerden, um mit Valerie zusammenzuleben. Doch die wird eines Tages brutal zusammengeschlagen…
Nach "Söhne und Planeten", seinem Debüt, das ihm einhelliges Lob der Kritik einbrachte, legt Clemens J. Setz ein Werk vor, das alle Erwartungen sprengt: atemberaubend kraftvoll, bunt, sprachgewaltig und zart.

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Auf der Tafel meines Vaters befand sich seit geraumer Zeit eine ungefähre Kopie des Risses, die Übergänge von Wand zu Wand waren durch ein kleines Symbol gekennzeichnet, das, wie ich später lernte, einen rechten Winkel bezeichnete.

Natürlich war mein Vater unempfindlich gegenüber der Oberfläche der Tafel, er bemerkte nicht einmal das Kreischen der Kreide, das immer dann entstand, wenn er zu schnell auf ihr schrieb. Er tat alles am liebsten sehr schnell, denn je schneller er die Dinge erledigte, desto eher hatte er sie hinter sich, und erst wenn etwas zu Ende war, konnte er darüber reden, was, wie mir früh klar wurde, die einzige Überlebensstrategie war, die es für ihn in der Hölle gab.

Seine Hölle maß in ihrer Gesamtheit ungefähr einhundertzwanzig Quadratmeter, verteilt auf zwei Stockwerke, eine Terrasse mit Garten, einen Balkon und eine finstere Garage.

Die Vorbesitzer des Hauses hatten es sich nicht nehmen lassen, bei ihrem Auszug das Geländer der Innentreppe aus ihrer Verankerung zu reißen und mitzunehmen.

Das Haus war in den sechziger Jahren gebaut worden, es hatte beängstigend wenig Überflüssiges in seiner Bauweise. Wilder Wein, dem man eine Fassade zum Wachsen anbot, bildete nur ein paar traurige Ärmchen, die keinen Halt fanden. Efeu wuchs in leidenschaftslosen Ornamenten an der schmutzigen Garagenwand. Und selbst bunte Girlanden, die irgendwann anlässlich eines längst vergangenen Kindergeburtstags aufgehängt worden waren, blieben nicht hängen und fielen ins Gras. Es gab keine vorstehenden Fensterbretter, auf denen Blumentöpfe Platz gefunden hätten, aber zumindest gab es einen Balkon. Der Balkon lag allerdings auf der Schattseite des Hauses, und im Winter bildeten die Eiszapfen unter der Dachrinne einen dicken, weißlich-transparenten Euter.

Nach dem Auftreten des Risses blieben die morgendlichen Rundgänge meines Vaters manchmal aus. Stattdessen hörte man mysteriöse Geräusche aus dem Keller, bis hinauf in den ersten Stock und in mein Zimmer.

Was tat er die ganze Zeit da unten? Ich traute mich nicht zu fragen. Und ich durfte ihn, soviel war sicher, auch nicht begleiten. Angeblich bestand Einsturzgefahr. Was aber niemand bedacht zu haben schien, war, dass in der Folge ja das ganze Haus betreffen musste, also auch mich, der in vermeintlicher Sicherheit im ersten Stock im Bett lag, während mein Vater unten mit dem Erdreich verhandelte.

Ich versuchte durch unauffällige Bemerkungen meine Mutter dazu zu bringen, mir unabsichtlich auf meine stumme Frage zu antworten. Etwa: Ja, Alexander, da unten ist ein riesiger Tunnel, eine Probebohrung, und da macht der Papa ein neues Stützgerüst für unser Haus. Er kann das. Man darf ihn bloß nicht stören. Diese Erklärung machte meinen Gedanken selbst im Halbschlaf ein jähes Ende. Alles, wobei man meinen Vater nicht stören durfte, gehörte in eine Sphäre von fast religiöser Selbstgenügsamkeit.

Warum durfte man ihn nicht stören? Natürlich weil man ihn nicht stören durfte.

Gott existierte und waltete irgendwo tief in diesen stillen Verlautbarungen, und mein Vater verehrte einen besonders schwierigen, unversöhnlichen Gott, für den er jeden Tag sehr früh aufzustehen pflegte, um vor dem Haus langsam auf und ab zu gehen. Diese Art von Morgenmesse durfte nur er allein besuchen. Wenn man ihn bis an die Türschwelle verfolgte und fragte, was er denn um fünf Uhr morgens auf der Straße machte, wurde er wütend und ging ohne Kommentar ins Haus zurück.

Ließ man ihm aber seine zwei Stunden, die ihn vom Zusammenleben mit seiner Familie trennten (um sieben Uhr stand meine Mutter auf), war er tagsüber einigermaßen ruhig und entspannt. Um fünf Uhr früh ist eine schmale Nebenstraße in einer mittelgroßen Stadt wie Graz etwas sehr Intimes, wie ein windiger, verlassener Parkplatz hinter einem Zirkuszelt oder der geräuschlose Innenhof eines Krankenhauses, in dem gerade ein Nachkomme geboren worden ist.

Am Abend, wenn mein Kopf schon fast eingeschlafen war, bekam ich Antworten auf meine Fragen. Mein Vater zog sich seinen Overall an, wie jeden Tag, und ging dann in den Keller. Man hörte irgendwo weit weg das Knarren von Stühlen, dann fiel eine schwere Tür ins Schloss.

Schnitt. Der Keller. Spinnweben. Mein Vater mit einem Grubenlicht am Helm. Der Lichtkegel streicht über die verwitterte Mauer, an der sich tote oder blindgeborene Weinreben entlangtasten. Plötzlich stehen wir in einer Sackgasse, vor uns eine Wand, auf der nur ein großes Poster klebt. Es ist schwarz-weiß, eigentlich sepiabraunweiß, und zeigt einen Elefanten, der auf einem Fuß balanciert, mit unendlich traurigen Vergangenheitsaugen. Ein winziger Dompteur steht daneben und freut sich, als Mensch auf die Welt gekommen zu sein. Mein Vater reißt das Plakat von der Wand. Kühle Luft und modrige Dunkelheit wehen uns an. Das Grubenlicht meines Vaters erhellt den Tunneleingang. Wir tauchen ein in die dreckige, fette Finsternis. Der Gehörsinn wird augenblicklich sphärisch, Dinge, die hinter uns zu hören sind, ereignen sich vor uns und umgekehrt. Das unheimlich verstärkte Echogeräusch von fallenden Wassertropfen, wie von einem Synthesizer gespielt: Tuipp! Tuipp!

Ein paar Meter durchs Erdreich geht es dahin, ohne dass uns etwas Besonderes auffiele. Es gibt sehr viele Würmer im Erdreich neben und über uns. Die Würmer ringeln sich, vermutlich unter Qualen, da sie so etwas noch nie gesehen haben: elektrisches Licht. Manche von ihnen sind eindeutig nur mehr der Rest ihres alten Ichs, armselige Hälften, die melancholische Fingertänze aufführen. Kopfstücke ohne Rumpf winden sich, versuchen sich zu orientieren. Sie bestehen aus nichts als Phantomschmerzen.

Bewohner der Höllenbecken.

Dann ist der Gang plötzlich zu Ende. Ein Widerstand, ein schweres, graues Bündel Kleider oder etwas Ähnliches. Das Grubenlicht huscht über ein altes, augenloses Gesicht, das die Farbe von frisch gebranntem Ton besitzt.

Jeden Tag geht er hier hinunter, zu seinem Lehm-Mann, der prähistorischen Mumie, die er in der Erde, in welcher unser Haus für alle Zeiten feststeckt, gefunden hat. Deshalb darf ihn niemand stören. Der Körper ist gut erhalten, ihm fehlen nur der linke Arm und die Beine. Die Augenhöhlen sind leer. Der Mund mit zwei dicken, geschwollenen Lippen wirkt sehr ernst. Man kann ihn berühren, aber nicht zu oft, sonst zerfällt er. Ist es überhaupt ein Er? Er, der Körper.

Plötzlich bekam er Augen, die Augen meines Vaters. Er musste sie gestohlen haben, dazu noch das Grubenlicht! Und schon stapfte er die Treppe hoch, zu uns, zu mir, der ich nicht hinuntergehen durfte, und jetzt werden sie sehen, was sie von diesem Verbot haben — gemeinsam hätten wir den Wiedergänger niedergerungen.

Mein Kopf fiel nach hinten und ich wachte auf. Verwirrtes Blinzeln zog über mein Gesicht, wie das Leuchten von Gewittern, die von einer Raumstation aus beobachtet werden. Wirbelstürme so klein wie Muffins. Unten im Erdgeschoss hörte man das allnächtliche Poltern der Möbel. Die Couch ächzte, als sie verschoben wurde. Alles war in Ordnung. Ich war in unserem Haus.

Und das Haus bewohnte kein ehemaliger Bergarbeiter, der dereinst in einem Stollen verschüttet worden und nach einer langen Reise durch verschiedene Gesteinsschichten im Erdreich unseres Vorgartens gelandet war.

Ich schloss die Augen, dachte an etwas Schönes.

Natürlich, jeder Bergarbeiter würde sein Grubenlicht zurückhaben wollen. Er sieht ja sonst nichts in der Dunkelheit, und kann die Gesichter der Menschen in seiner Umgebung nicht erkennen. Wer keine Augen mehr hat, braucht wenigstens eine Lampe auf der Stirn.

Nur ein einziges Mal sah ich ihn am Riss arbeiten. Ich ging mit der Ausrede zu ihm in den Keller, dass oben das Telefon nach ihm schrie. Soweit ich sehen konnte, tat er hier unten gar nichts. Er wischte sich nur alle paar Minuten mit der Hand über die schweißglänzende Stirn.

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