Ingo Schulze - Neue Leben

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Neue Leben: краткое содержание, описание и аннотация

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Ostdeutsche Provinz, Januar 1990. Enrico Türmer, Theatermann und heimlicher Schriftsteller, kehrt der Kunst den Rücken und heuert bei einer neu gegründeten Zeitung an. Unter der Leitung seines Mephisto, des allgegenwärtigen Clemens von Barrista, entwickelt der Schöngeist einen ungeahnten Aufstiegswillen. Von dieser Lebenswende in Zeiten des Umbruchs erzählen die Briefe Enrico Türmers, geschrieben an seine drei Lieben — an die Schwester Vera, den Jugendfreund Johann und an Nicoletta, die Unerreichbare.Als Chronist der jüngsten deutschen Geschichte gelingt Ingo Schulze das einzigartige Panorama des Weltenwechsels 1989/90 — der Geburtsstunde unserer heutigen Welt.

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Die Menge der kurzgeschorenen Uniformierten irritierte mich. Es reichte eine bestimmte Gangart oder Mundbewegung aus, und schon grüßte ich einen vermeintlichen Bekannten aus Oranienburg. Am zweiten Tag war ich davon überzeugt, Nikolai komme direkt auf mich zu. Als ich meinen Irrtum bemerkte, hatte ich bereits seinen Namen gerufen. Die vertrauten Gesichter hingegen erkannte ich nicht wieder. Anton, mein Kommilitone und Freund, stolperte unter seinem Stahlhelm derart blind und apathisch umher, daß wir einander erst nach Tagen fanden.

Sobald es ein paar freie Minuten gab, lag ich auf dem Bett, als könnte ich nur dort wirklich an Nadja denken.

Bereits nach Stunden war mir klar gewesen, daß ich mich geirrt hatte, daß es in Seeligenstädt nichts zu holen gab. Was sich um mich herum abspielte, paßte weder in mein Armeebuch, noch schien es geeignet, in Briefen mitgeteilt zu werden. Diese beflissene Unterwürfigkeit überdurchschnittlich intelligenter Menschen war abgrundtief beschämend. 200Und ich gehörte dazu.

Die Jenenser Sportstudenten und die Studenten aus Ilmenau, aus denen meine Gruppe bestand, feuerten sich gegenseitig auf der Sturmbahn an und wollten mir nach Dienstschluß beibringen, die Eskaladierwand im Sprung zu bezwingen. Sie spielten Stubendurchgang, korrigierten einander beim» Päckchenbau«(wie lege ich meine Unterwäsche zusammen), waren neidisch, wenn andere mehr Platzpatronen erhielten, und traten beim Marschieren dem Vordermann aus erzieherischen Gründen auf die Hacken. Da war kein Sand mehr im Getriebe, keine Trunkenheit oder Unordnung, keine Verspätung oder Maulerei. In Seeligenstädt mußte nichts mehr befohlen werden, da reichte ein Wink, und die Meute parierte.

Seeligenstädt paßte nicht zu den Erfahrungen, die ich während des Grundwehrdienstes gemacht hatte und hier machen wollte. Die Fronten waren verschwunden.

Ich schrumpfte, irgend etwas brach in mir zusammen. Im Politunterricht schwieg ich und war froh, daß wir bei den Märschen zum Übungsgelände den Stahlhelm am Koppel tragen durften — ein Privileg der Unteroffiziere.

Nadjas Briefe erreichten mich nach zweieinhalb Wochen über meine Mutter. Nadja hatte bei ihr angerufen.

Als am nächsten Morgen der Weckpfiff kam, viele schliefen in Sportsachen, um pünktlich auf dem Gang zu stehen, blieb ich liegen und trat zu, als mir jemand die Bettdecke wegriß.

Statt zum Frühsport schlich ich zum Regimentszahnarzt, klagte über Schmerzen unter einer Plombe — und wurde tatsächlich nach Ronneburg geschickt. Der Zahnarzt dort ließ mich erst gar nicht warten, drückte seinen Stempel auf die Überweisung und wünschte mir einen schönen Tag. Plötzlich hatte ich schulfrei und schritt so leicht dahin, als hätte man mir gerade einen Gips vom Fuß geschnitten. Ich durchforstete die Buchhandlung, legte mich vor einer alten Friedhofsmauer ins Gras und genoß die vollkommene Ruhe. Als es zwölf schlug, ging ich Mittag essen, trank Bier und sonnte mich dann wieder.

Es war gegen drei, als ich eine Telephonzelle betrat und zum ersten Mal das samtene, tiefe Rufzeichen von Nadjas Apparat hörte, das mir in den kommenden Monaten so vertraut werden sollte. Niemand hob ab.

Bevor ich, mein Buchpaket unterm Arm, in den Bus stieg, versuchte ich es kurz vor fünf noch ein letztes Mal, wieder vergeblich.

Im Triumphgefühl über den gewonnenen Tag verfaßte ich meinen ersten Brief. In Großbuchstaben schrieb ich ÖSTERREICH und SALZBURG auf das Kuvert, als wäre das die Parole, die mir Immunität garantierte.

Am nächsten Morgen machte ich wieder mit. Hatte ich es bisher geschafft, dem Befehlegeben zu entgehen, kam ich diesmal um die» Zielansprachen« 201nicht herum. Ich meldete fliegende Essenskübel unbekannten Inhalts in der Vorwärtsbewegung, schweren Beschuß durch zu kurz treffende Gulaschkanonen aus den eigenen Reihen und befahl Rückzug. Ich weiß, auch das ist erbärmlich, damals jedoch hielt ich mir meinen Lacherfolg zugute. Der Leutnant, ein Ilmenauer Kommilitone 202, beorderte uns zurück und ließ mich die Zielansprache wiederholen.

Auch die zweite, ja selbst noch meine dritte Zielansprache ernteten Lachen. Danach aber wollten alle, ausnahmslos alle, daß ich richtige Befehle erteilte. Die anderen Gruppen warteten bereits abmarschbereit. Nun hatten sie mich dort, wo sie mich wollten. Diese Demütigung war noch schlimmer, als am Ersten Mai an der Tribüne vorüberzuziehen. Am Nachmittag fand ich eine Ausgangskarte auf meinem Bett.

Ich kümmerte mich um Kleingeld und belagerte ab acht eine funktionierende Telephonzelle.

Es war schon nach zehn, als sich Nadja endlich meldete. Ich hatte geglaubt, sie wisse durch meine Mutter, wo ich sei, und könne sich vorstellen, unter welchen Umständen ich diese Wochen verbrachte. Sie aber schien nur glücklich, mich endlich zu hören, nannte Namen, Freunde, die mich kennenlernen wollten. Sie wünsche sich ein Photo von mir, und Briefe, viele Briefe.

Ich mußte ihr erklären, wo ich war und was ich hier tat, und je länger ich sprach, um so spürbarer wurde ihr Schweigen, ein Schweigen, das mich zwang, mehr und mehr vom hiesigen Alltag preiszugeben. Ich hoffte schon, die Verbindung wäre unterbrochen, da herrschte mich Nadja an: Warum fährst du denn in so ein Lager?

Statt zu antworten, begann ich, von meinen Zielansprachen zu berichten und wie ich meine Gruppe damit geradezu in einen Lachtaumel versetzt und mir immer neue Szenarien ausgedacht hatte …»Mach dich doch nicht lächerlich!«rief Nadja.

Im selben Augenblick wurde ich ganz ruhig. Der Kampf war vorbei, ich hatte verloren, alles Weitere ging mich nichts mehr an.

«Das lohnt doch nicht«, hörte ich Nadja dann sagen. Sie kenne eine schöne Pension in Prag, wann ich denn komme, sie sehne sich so nach mir …

Mein Armeebuch war zu einem blinden Fleck geworden. Ich wußte nicht, wann ich mich jemals wieder an die Arbeit machen würde. Wenn ich nach Dienstschluß nicht auf dem Bett lag, spielte ich Schach. Ich war ein beliebter Gegner, weil ich meistens verlor.

Am Ende der fünf Wochen, am vorletzten Tag, hatten wir noch einmal Politunterricht. Ich weiß die Frage nicht mehr und auch nicht meine Antwort, auf die es keinerlei Reaktionen gab. Wahrscheinlich ging es ums Wettrüsten.

Vor der letzten Stunde, sie galt als Prüfung, wurden Zensuren verkündet. Mit Gesamtnote» vier«— im ersten Seminar war mein Schweigen noch mit einer Zwei belohnt worden — war ich der Schlechteste.

Kaum hatte der Leutnant, ein in sich gekehrter Informatikstudent, sein Urteil verkündet, als ein» Sturm der Entrüstung «losbrach, ein Hohngelächter voller Zwischenrufe. Gorbatschow war seit ein paar Wochen im Amt.

In der Pause wurde ich zu einem Offizier gerufen, einem Hauptmann, im zivilen Leben Dozent für Werkstoffkunde, der meinen Vornamen kannte, mich duzte und all das tat, was er unter» ins Gewissen reden «verstand. Ich solle mir meine Laufbahn nicht durch läppische Dummheiten verderben. Er nannte mich naiv, unterstellte mir eine» Mit dem Kopf durch die Wand«-Mentalität. Ich müsse Kompromisse eingehen und so weiter. Ich erwiderte in der Manier eines Simpels, nur meine Meinung gesagt zu haben, wie es doch immer von uns erwartet werde.

«Das ist es nicht wert, Enrico«, rief er,»wirklich nicht. «Die Resignation zog seine Stimme in vertrauenerweckende Tiefen. Ich ließ ihn reden und betrachtete das dünne Lächeln des Honecker-Porträts vor blauem Hintergrund. Von einem Augenblick auf den anderen war ich kein Schiffbrüchiger mehr, sondern wieder der Kapitän, der einzige Aufrechte, der sich nicht von der allgemeinen Verkommenheit anstecken ließ.

Die Frage des armen Leutnants, wo ich denn gewesen sei — ich war verspätet in den» Seminarraum «zurückgekehrt —, beantwortete ich mit einem schnippischen» Na, wo schon«, was ich für einen starken Auftakt hielt.

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