Nie hätte Daniel für möglich gehalten, dass Gerald einmal sein Geistesverwandter sein würde, so dachte er auf dem Weg in die Küche, in der er eine Kanne voll Kaffee aufsetzte. Beim Servieren fing er mit Sandra an, weil ihm diese am nächsten saß, beugte die Knie zu einem untertänigen Knicks und schenkte ihren Becher halb voll. Der Rest wurde mit Milch aufgefüllt, was er sehr vorsichtig tat mit der frisch geöffneten Milchtüte. – Aber nicht vorsichtig genug! Einmal zu kräftig angepackt und schon schwappte ein Schwall auf die weiß lackierte Tischplatte. Mist, verdammter! Konnte man die Milch denn nicht in ein geeignetes Gefäß füllen? Wäre das nicht stilvoller gewesen und praktischer auch? Doch durfte er nicht lamentieren, nicht klagen, nicht schimpfen, sondern musste etwas anderes tun: Er sank auf die Knie, stellte den Becher sachte zur Seite und leckte die ganze Sauerei gewissenhaft auf, bis nichts mehr davon übrig war.
Beeindruckt klang über seinen Kopf hinweg Sandras Stimme zu Barbara hinüber. „Schon krass, was du ihm alles beigebracht hast.“
Barbara hob den Becher an und schaute zu, wie seine Zunge die weißen Tropfen vom Boden tupfte. „Du lässt dir für deine Henriette ja auch so einiges einfallen.“
Damit hatten sich die Herrinnen genug beweihräuchert. Er durfte sich erheben, und schenkte mit einem braven Knicks auch Gerald und Barbara ein, was ihm unfallfrei gelang. Dann musste er sich wieder in die Ecke stellen, dieses Mal aber ohne an sich herumzuspielen, was er einerseits bedauerte, während er anderseits froh darum war, das Begehren nicht zu schüren und dann wieder verzweifelt eindämmen zu müssen.
Ein Gemurmel Geralds ließ sich vernehmen. „Hier wird ja mächtig Erziehungsarbeit geleistet.“ Dann klang er plötzlich grollend. „Hast du diesen verdammten Strafzettel eigentlich überwiesen?“
Barbara bejahte und es entbrannte eine kurze Diskussion um einen Zwanzigeuroschein, den er ihr zustecken, sie aber nicht haben wollte, da es doch nicht nötig sei, bis sie schließlich leicht genervt nachgab mit der seufzend vorgebrachten Bemerkung, dass es reichlich unsinnig sei, für eine solche Lappalie so viel Energie zu verschwenden. Das Gespräch drehte sich sodann um andere Dinge, ums Wetter, ums Fernsehen, um „Shades of Grey“, das Barbara gelesen hatte und mit der Begründung verriss, dass nur nichtsahnende Vanillas es mit BDSM verwechseln könnten. Und dann sagte sie, dass Daniel möglicherweise für eine oder zwei Wochen Gesellschaft bekomme.
Was hatte das denn zu bedeuten? Auch Gerald war interessiert, und anders als Daniel konnte dieser auch nachfragen, was sie damit meine.
Sie berichtete, dass Karin (die Daniel nicht kannte, was aber egal war) eine Bekannte habe, Bettina, und diese sich seit einiger Zeit als Herrin versuche, anscheinend aber mit zweifelhaftem Erfolg. Jedenfalls klage sie, dass Florian, ihr werter Gatte und mehr oder weniger ergebene Sub, immer wieder ziemlich über die Stränge schlage. So habe sie denn Bettina gefragt, ob sie sich vielleicht mal um ihn kümmern könne, um ihm Gehorsam beizubringen, doch habe Karin keine Zeit und deshalb sie, Barbara, als Erzieherin empfohlen. Tja, und morgen Nachmittag würden sie alle vorbeikommen, Karin und Bettina mit ihrem Florian, damit man sich diesen mal anschaue und eventuell über das weitere Vorgehen rede.
Oh. Was würde das wohl wieder werden? „Shades of Grey“ vermutlich nicht. Daniel wurde aus seiner Ecke erlöst, da er das Kaffeegeschirr wegräumen und die Küche auf Vordermann bringen musste. Als er damit fertig war, fand es Barbara an der Zeit, zum Rotwein überzugehen. Sandra aber lehnte dankend ab mit der Begründung, dass sie noch eine Verabredung habe und nicht länger bleiben könne. Nun endlich wurde Henriette erlöst aus ihrer Haltung, die sicherlich mindestens so unbequem wie schamlos gewesen war, doch musste sie ihrer Herrin noch auf allen vieren in die Diele hinterherkrabbeln und durfte sich erst bei der Garderobe aufrichten, wobei ein erlöstes Seufzen von ihren Lippen perlte. Während sie sich ihr Kleid überzog, sank Daniel vor Sandra nieder, um ihr zum Abschied die Schuhe zu küssen, wie es gemäß seiner neuesten Anweisung fortan also normal sein würde. Noch immer kniete er auf seinem roten Teppich, als die beiden mit umgehängten Taschen das Haus verließen. Mit einem freundlichen Winken drehte sich Sandra noch einmal kurz zu ihm um, während Henriette blicklos davonstöckelte. Sah nicht so aus, als hätte es mit dem Raub des Hochmuts wirklich geklappt.
Schon gleich beim Dunkelwerden zogen sich Gerald und Barbara nach oben ins Schlafzimmer zurück, von der Lust dorthin getrieben. Natürlich nahmen sie auch Daniel mit. Splitternackt kniete er vor dem Fußende des Bettes, die Hände mit Handschellen auf den Rücken gefesselt, und gierig saugte er an Barbaras Zehen, sofern er sie erhaschen konnte, während sie sich in der Missionarsstellung verzückt aalte mit wild strampelnden Beinen unter Geralds gefühlvollen Stößen. Als die beiden fertig waren und sich Gerald erschöpft von ihr herunterrollte, da musste, durfte Daniel den Kopf zwischen ihre Beine schieben und das ganze wohlschmeckende Sperma aus ihrer Scham lecken. Verzückt zerfloss sie dabei in einem weiteren Orgasmus oder in zweien, wer konnte das schon wissen außer ihr, der Glücklichen … Wieder zur Erde zurückgekehrt, schob sie ihn sachte von sich weg und er wandte sich Gerald zu, der reglos auf dem Rücken lag mit halb geschlossenen Augen. Sorgsam leckte Daniel das kläglich geschrumpfte Geschlecht rundum ab, sog es in den Mund, knabberte und lutschte zärtlich daran, ohne nennenswerten Erfolg zu erzielen.
Gerald schien trotzdem zufrieden zu sein. Wohlig brummend legte er den Arm unter Barbaras Nacken und wohlwollend wuschelte seine rechte Hand über Daniels Haar. „Es gibt einen neuen Interessenten für ihn. Uwe. Er will nächste oder übernächste Woche mal kommen. Genau weiß er es noch nicht.“
Barbara war noch immer in seliger Gleichgültigkeit entrückt. „Er soll halt rechtzeitig Bescheid geben.“
Was Daniel dazu meinte, interessierte niemand. Er ließ den biegsamen Penis aus dem Mund gleiten und beleckte behutsam die schlaffen Hoden, was Gerald einen behaglichen Seufzer entlockte. „Uwe wird seine Freude an ihm haben.“
Dann hatte auch er genug vom friedlichen Nachspiel. Daniel wurde angekettet wie in jeder Nacht und kuschelte sich auf seiner Matratze unter die dünne Decke. Seine Gedanken wanderten zu Henriette in ihrer unwürdiger Stellung, zu dieser Bekannten einer Bekannten, die mit ihrem Sklaven nicht zurechtkam – was es nicht alles gab auf der Welt – und zu dem „neuen Interessenten“. Wie das klang, als wäre er eine Immobilie, die zum Verkauf anstand, obwohl man ihn doch nur vermietete für kurze Zeit. Das alles mischte sich zu einer brodelnden Alchemistensuppe, in der Bangen und Scham, Neugierde auf das Kommende und Faszination des Geschehenen in kribbelnde Lust verwandelt wurde. Es dauerte eine Weile, bis er eingeschlafen war in dieser Nacht.
Das Credo der Herrin
Das samstagvormittägliche Putzen entfiel hier im neuen Haus, das dank seiner täglichen Arbeit sauber genug war, wie Barbara fand. Daniel hörte es erleichtert, denn es war schon sehr mühselig und dazu noch zutiefst beschämend gewesen, am frühen Vormittag nackt, gefesselt, geknebelt und mit dem Plug gespickt sauber zu machen vor ihren und manchmal auch Geralds Augen. Anderseits hatte es auch nicht an Reiz gefehlt, vor allem natürlich, wenn Isabel dabei gewesen war; dachte er an diese Stunden, mischte sich in die Erleichterung ein wehmütiges Bedauern.
Gerald schien ähnlich zu empfinden, jedenfalls sagte er beim Frühstück mit verträumtem Blick, dass es schon Samstagvormittage gegeben habe, die große Ereignisse gewesen seien und geradezu herzerwärmende Anblicke geboten hätten.
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