Da meine Nichte bereits im jungen Alter von sieben Jahren über erste ähnliche Symptome klagte, ließen wir sie ebenfalls überprüfen und unser Verdacht bestätigte sich entgegen der anfänglichen Meinung eines erfahrenen Homöopathen: Auch sie ist von einer leichten Unverträglichkeit gegenüber Histamin betroffen, sodass wir bei ihr schon jetzt rechtzeitig mit einer diätetischen Lebensweise mit wenig Histamin versuchen können, die Beschwerden zu verringern und einer möglichen Verschlimmerung vorzubeugen.
In der Zwischenzeit habe ich gelernt, damit umzugehen, dass ich eine Vielzahl von Lebensmitteln nicht essen darf oder den Verzehr teuer mit Schmerzen bezahlen muss. Anfangs habe ich Stunden im Supermarkt damit verbracht, Inhaltsangaben zu studieren, und mir vor jedem Essen überlegt, was ich wie jetzt überhaupt noch kochen kann. Eine eingehende Beratung seitens meiner Ärztin hatte ich im Anschluss an die Diagnose nicht bekommen. Da mir persönlich aber sowohl das Kochen als auch das Essen stets sehr viel Freude bereitet haben, entschied ich mich dazu, diesen Ratgeber zu schreiben mit dem Wunsch, anderen Betroffenen nach der Diagnose etwas helfen und ihnen Hoffnung geben zu können, und um aufzuzeigen, dass man trotz Histaminintoleranz gesund und vegetarisch essen und Spaß am Kochen haben kann … und es zudem auch allen anderen schmeckt.
Viel Spaß beim Nachkochen und Weiterentwickeln,
Ihre
Hintergründe zur Unverträglichkeit
Histamin
Histamin (2-(4-Imidazolyl)-ethylamin) ist ein biogenes Amin. Biogene Amine entstehen im Stoffwechsel von Menschen, Tieren, Pflanzen und Mikroorganismen durch den Umbau von Eiweißbausteinen, den Aminosäuren. Der Zusatz »biogen« bedeutet, dass diese Substanz im lebendigen Stoffwechsel entsteht. Ein bestimmtes biogenes Amin geht dabei durch enzymatische Abspaltung einer Molekülgruppe aus seiner ursprünglichen Aminosäure hervor. So wird Histamin aus der Aminosäure Histidin gebildet. Die hierfür nötigen Enzyme sind in tierischen und pflanzlichen Geweben und auch in Mikroorganismen wie Bakterien weit verbreitet.
Histamin, das unser Körper selbst produziert, wirkt als Gewebshormon und Botenstoff. Beim Menschen und vielen anderen Säugetieren spielt dieser körpereigene Naturstoff eine zentrale Rolle bei Allergien, er ist an Reaktionen des Immunsystems, also an der Abwehr körperfremder Stoffe, an Entzündungsreaktionen und der Wundheilung beteiligt. Auch im Magen-Darm-Trakt, bei der Regulation der Magensäureproduktion und der Magen- und Darmbewegung, sowie im Zentralnervensystem, bei der Steuerung des Schlaf-Wach-Rhythmus, wirkt Histamin als wichtiger Botenstoff.
Histamin wird im Körper insbesondere in den körperabwehraktiven Mastzellen, in basophilen Granulozyten, die zu den weißen Blutkörperchen zählen, in Thrombozyten und in einigen Nervenzellen gespeichert. Aus diesen Zellen wird Histamin bei Stimulation freigesetzt. So sind zum Beispiel die körperlichen Reaktionen nach dem Kontakt mit Brennnesseln oder nach einem Bienenstich durch Histamin bedingt. Das Histamin kann in Augen und Nase zu Juckreiz und vermehrter Schleimbildung führen, die Bronchien können sich zusammenziehen, sodass die Atmung behindert ist, und Magen und Darm können mit Krämpfen und Durchfall reagieren.
Neben Histamin, das unser Körper selbst produziert, nehmen wir Histamin auch mit der Nahrung auf. In Lebensmitteln entsteht Histamin im Verlauf mikrobieller Tätigkeit, also durch gewünschte Reife-, Gärungs- und Fermentationsprozesse und durch (unsachgemäße) Lagerung, deshalb gilt: Je länger ein Produkt gereift ist, desto mehr Histamin enthält es.
Mit der Nahrung zugeführtes Histamin wird normalerweise größtenteils im Darm abgebaut, sodass Nahrungshistamin nur in kleinsten und gesundheitlich unproblematischen Mengen ins Blut gelangt. Erst bei hohen Zufuhrmengen oder wenn das Histamin ungenügend abgebaut wird, kann es zu Problemen und sogar Vergiftungen kommen. Eine Einzeldosis von etwa 10 mg Histamin gilt beim Erwachsenen als durchschnittlich gerade noch verträglich. Bei Menschen mit Histaminintoleranz kann die Verträglichkeitsgrenze jedoch deutlich herabgesetzt sein. Mehr als 10 mg Histamin können unabhängig von einer Intoleranz zu einer Histaminvergiftung mit akuten Beschwerden wie Atemnot, Blutdruckabfall, plötzlichem Hautausschlag und heißer, roter Haut, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall oder Kopfschmerzen führen. Die individuelle Empfindlichkeit ist dabei sehr unterschiedlich. Ab 100 mg Histamin – eine Menge, die beispielsweise mit einer belasteten Fischmahlzeit aufgenommen werden kann – kann es zu deutlichen Vergiftungssymptomen kommen – auch bei Menschen ohne Histaminintoleranz.
Im Durchschnitt nehmen wir etwa 4 mg Histamin täglich durch Nahrung zu uns. Bei Histaminintoleranz kann diese Menge bereits große Probleme machen.
Unter Histaminintoleranz, auch Histaminose genannt, versteht man die Unverträglichkeit von mit der Nahrung aufgenommenem Histamin. Als Ursachen für die Unverträglichkeit gelten der permanente oder vorübergehende Mangel des Histamin abbauenden Enzyms Diaminoxidase (DAO) im Darm, die Hemmung des Enzyms oder das Missverhältnis zwischen aufgenommenem Histamin und Enzym.
Das Enzym DAO wird zwar regulär in den Schleimhautzellen des Dünndarms, in der Leber, den Nieren, Nervenzellen, Hautzellen und Blutzellen gebildet und von der Darmschleimhaut kontinuierlich in den Darm abgegeben, bei Histaminintoleranz aber entweder in zu geringer Menge oder mit verringerter Aktivität. Auch eine erhöhte Durchlässigkeit der Darmwand gegenüber Histamin – beispielsweise aufgrund einer chronischen Darmerkrankung wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa – kann Ursache der Histaminintoleranz sein. Der Mangel des Enzyms und das Übermaß an Histamin führen zu hohen Histaminkonzentrationen im Darm und zum Übergang von Histamin ins Blut, wodurch es zu den Beschwerden der Histaminintoleranz kommt.
Zu einem Missverhältnis im Darm und den entsprechenden Symptomen kann es auch bei Menschen ohne Histaminintoleranz und DAO-Mangel kommen, wenn die aufgenommene Histaminmenge die Leistungsfähigkeit des Enzyms übersteigt. Das kann der Fall sein, wenn die aufgenommenen Nahrungsmittel, beispielsweise verdorbener Fisch, insbesondere verdorbener Thunfisch oder verdorbene Makrele, extrem viel Histamin enthalten. Dann handelt es sich um eine akute Nahrungsmittelvergiftung und nicht um eine Intoleranz.
Neben dem Enzym DAO verfügt der Körper über einen weiteren Abbaumechanismus für Histamin: Mit Hilfe des Enzyms Histamin-N-Methyltransferase wird insbesondere körpereigenes Histamin abgebaut. Dieser Aspekt kann bei der Betrachtung der Histaminintoleranz durch Nahrungshistamin jedoch vernachlässigt werden.
Bis heute gibt es keine eindeutigen Forschungsergebnisse darüber, warum ein Mensch von Histamin-Unverträglichkeit betroffen ist. Einige Mediziner sind in der Vergangenheit davon ausgegangen, dass die Histaminintoleranz vererbt wird, da bei einigen bekannten Krankheiten der verursachende Enzymmangel vererbt wird und auch bei Histaminintoleranz meist ein Enzymmangel Ursache ist. Diese Annahme ist heute jedoch weitestgehend widerlegt. Viel wahrscheinlicher ist es, dass es sich bei der Histaminintoleranz um eine erworbene Krankheit handelt, das heißt, die Erkrankung wird durch hohen Verzehr histaminhaltiger Nahrung oder das Nachlassen der Enzymaktivität erworben. Manchmal kann es auch zu einer vorübergehenden Unverträglichkeit kommen, beispielsweise nach einer Darmerkrankung oder der Einnahme bestimmter Medikamente. Inzwischen unterscheidet man in der Medizin zwei Formen der Histaminintoleranz: die primäre Histaminintoleranz als angeborene und sehr seltene Form und die sekundäre Histaminintoleranz, die erworbene Form.
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