Joachim Walther - Das Blöken der Wölfe

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Deutsche Zeitgeschichte in Miniaturen Der Band enthält ausgewählte publizistische Arbeiten Joachim Walthers aus vier Jahrzehnten: Artikel für Zeitungen und Magazine, Vorträge, Radiosendungen, Rezensionen … Die Texte befassen sich vor allem mit der SED-Diktatur – vor 1989 in mehr oder weniger verhüllter, mitunter Fiktion vortäuschender Form, ab Herbst 1989 offen, offensiv und öffentlich. Sie sind damit engagierte, eingreifende Dokumente der sich ab 1989 rasant entwickelnden Zeitgeschichte, die historisch interessierten Lesern und nachwachsenden Generationen einen Blick auf diese Zeit vermitteln.

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Und eben hier überkommen mich die Erinnerungen an das sich selbstauflösende Land, in dem ich aufwuchs. Aufwuchs wie jedes Kind: von der Natur bestimmt, darauf zu vertrauen, beschützt, genährt, geliebt zu werden. Das Privileg des Menschen. Der nicht wie sonst die Kreatur im Augenblick des Schlüpfens sogleich um sein Leben fürchten muss. Wir dürfen glauben, und weil wir es dürfen, glauben wir, es müsste so sein und zeitlebens so bleiben. Die Mutter: die Wärmende, Nährende, Bergende. Der Vater: der festere, doch zärtliche Griff, das Spiel, die Stimme der Warnung und des Verbots. Alle anderen Menschen Brüder, Schwestern, die Welt ein Freund: kindliches Vertrauen. Die erste Welt. Welt ohne Argwohn. Urvertrauen. Der schöne Glauben, alles geschähe zum eigenen Besten und alle wollten das Beste in der denkbar besten aller Welten. Nestwärme. Umhegte Kindheit, die das begrenzte Gehege nicht wahrnahm. Die die Wärme und Überschaubarkeit des heimischen Stalles schätzte, da er schützte vor dem unbekannten Draußen, wo der Wind ging und das Fremde weste, die Gefahr, das Böse. Hier das Gute, dort das Böse: der fein übersichtliche Dualismus, mit dem sich seit Menschengedenken so trefflich herrschen lässt. Das Teile-und-Herrsche setzt allerdings voraus: Lass dich teilen, werde beherrschbar.

Wann wurde das kindliche Vertrauen das erste Mal erschüttert? Beim ersten neugierigen Blick aus der Tür, beim ersten zagen Schritt vor diese, als wir im Rücken spürten, etwas Unerwünschtes zu tun, und später dann, im Wiederholungsfall, bestraft wurden mit zeitweisem Liebesentzug? Als wir dunkel ahnten, dass Behütetsein auch Beschränkung bedeutete, die Nähe auch Enge, Bindung auch Fessel, dass die begrenzte, feste Ordnung den Freiraum einschränkte und als Eingesperrtsein empfunden wurde? Und dann die Worte: Glaub mir, vertrau mir, da draußen ist nichts von Belang, da draußen ist Gefahr, der Feind, das Böse, das darfst, das sollst, das musst du glauben, du musst uns nur ganz fest vertrauen, dann geht’s dir allzeit gut. So sprachen die frühen und früheren Autoritäten: Eltern, Erwachsene, der Übervater Staat. Du musst: das Empfehlen, dies die Lektion, war Befehl, dessen Nichtbefolgen geahndet wurde. Die Welt des kindlichen Vertrauens bekam Risse, Sprünge, brach entzwei. Ein schmerzlicher Verlust, der zeitlebens die Sehnsucht nach dem verlorenen Paradies wachhielt, den Wunsch zu retardieren weckte, zurückzukehren in die widerspruchsfreie, warme Welt voll Harmonie, die uns einst barg wie eine Höhle: am besten zurück in den Leib der Mutter.

Doch es kam noch schlimmer. Unser Vertrauen wurde nicht nur enttäuscht, es wurde auch missbraucht, um uns zu täuschen, zu belügen, in Abhängigkeit zu halten und uns einzureden, der Verzicht sei in Wahrheit ein Gewinn. Das machte zweifeln, trotzig, zornig, das ließ uns manchmal aufbegehren, bis man uns die Zähne oder die Instrumente zeigte. Doch daneben blieb die schöne Erinnerung an die süße Bequemlichkeit, sich freiwillig in die Obhut eines anderen zu begeben, sich fallenzulassen in eine Sicherheit, die wir nicht selber herzustellen brauchten. Wider die Einsicht weiter zu glauben, konnte nun nicht mehr unschuldig sein. Das Kindliche wurde das Infantile. Oder berechnend, wobei das Erfahrene verdrängt werden musste aus Furcht, verlassen zu sein, indem man sich auf niemanden und nichts mehr verließ.

Glauben, vertrauen wollen wider besseres Wissen: Das zwanghafte Aufrechterhalten einer Illusion, das Entschuldigen gegenwärtiger Praxis mit dem alles und alle versöhnenden Ziel, das Heben des Blicks zum Horizont hin, dem wir uns zu nähern meinten und der doch fern blieb, ja, sich gar entfernte, das Heben des Blicks, um den Schmutz auf dem Weg nicht wahrzunehmen, wobei man, hoppla, schon mal über etwas stolperte, doch mit einem Scherzlied auf der Stelle weiterschritt, eine makabre Melodie mit dem inquisitorischen Refrain, der heilige Endzweck rechtfertige die wenig menschenfreundlichen, doch offenbar unvermeidlichen Mittel. Der freiwillige Verzicht auf den Widerspruch, die Skepsis, die Distanz. So werden Anachronismen über die Zeiten gerettet. Die Bequemlichkeit des Vertrauens als Stütze der Gesellschaft. Der kindhafte Status der lebenslangen Unmündigkeit vom Vormund Staat nicht nur aufgezwungen, auch vom Mündel angenommen und also selbstverschuldet. Der Opportunismus als Produktivkraft. Blindes Vertrauen nicht als Defekt der Augen, sondern als Weigerung zu sehen. Das Delegieren von Verantwortung als ein feinvernetztes System allgemeiner, staatstragender Verantwortungslosigkeit. Die Zurücknahme der Fähigkeit zu zweifeln. Die selbstgerechte Zueignung der Rolle des machtlosen Opfers mit den populären Floskeln: Ich kann da sowieso nichts machen, die da oben machen eh, was sie wollen. Der Rückzug ins gemütliche Private als Mitschuld, ohne Täter zu sein. Vertrauen aus Trägheit. Vertrauen als Selbstschutz, denn wer vertraut, stellt nichts in Frage, und also braucht ihm auch nicht nachgestellt zu werden.

Weshalb haben Sie noch im Herbst 89 gehofft, es würde sich eine neue, menschliche Form des Sozialismus entwickeln lassen? fragt mich einer der Studenten auf dem Zauberberg. Gute Frage. Und ich antworte: Die enttäuschte Hoffnung irrt quälend umher, ein Gespenst, das den Rückweg zum Friedhof verloren hat. Ein Satz von Bloch. Und eben dieses blochsche Gespenst, nicht das von Marx im Kommunistischen Manifest an die Wand gemalte, geht eben jetzt um in Europa, dem östlichen. Die Hoffnung, die trotz der offenbaren Perversionen darauf vertraute, auf dem rechten, dem gerechten Weg zu sein. Eine Epochenillusion des zwanzigsten Jahrhunderts, die nun vergeht und als Verlust empfunden wird, als Ent-Täuschung, obwohl der Verlust einer Täuschung doch eigentlich Gewinn sein und begrüßt werden sollte.

Das alles scheint mir in der Rückschau von der Höhe des Zauberbergs und stark verkleinert durch die Europa-Ferne wie eine ungebührlich ausgedehnte Kindheit, eine selbstvollzogene Infantilisierung, die nun erkannt und mit dem Ruf quittiert wird: Wie konnte ich, wie konnten wir? dem Staat, einer Ideologie vertrauen, da dies doch völlig fehl am Platze ist, verschenkte Liebesmüh an taubem Liebesobjekt, da dort ausschließlich Kontrolle nötig ist und die Kultur der Transparenz statt der Unkultur der Transparente, hinter die sich so viel Unrat kehren lässt: Und der untergehende real pervertierte Sozialismus kann tatsächlich behaupten, eine ganze Menschheitsepoche vorausgewesen zu sein, denn wenn es der Zarismus nur zu potjomkinschen Dörfern brachte, so sein Nachfolger zu potjomkinschen Städten, ja Staaten. Und Menschen.

Genug hiervon und über zwei Episoden hin zu etwas, das mir entschieden näherliegen sollte: ich, mein Selbstvertrauen. Zunächst die Episoden, die eine von Bruce, die andere von Jane.

Bruce ist hier bei den Anfängern, wiewohl schon achtundzwanzig Jahre alt. Er war Rechtsanwalt in New-York-City, stieg aber aus und wollte etwas Neues, bewarb sich bei einer US-Firma, die im Herbst einen Unternehmensberater in Deutschland suchte, allerdings mit einer Bedingung: perfekte deutsche Sprachkenntnisse. Okay, sagte Bruce, der zu diesem Zeitpunkt kein Wort Deutsch sprach, okay, das lern ich diesen Sommer, no problem. Und er kam nach Middlebury in die deutsche Sommerschule, belegte sieben Wochen Deutsch, ist jetzt in der fünften und spricht bereits, ohne jede Hemmung, zwar nicht perfekt, doch durchaus verständlich, verblüffend gut angesichts der kurzen Zeit.

Dieses Selbstbewusstsein ist mir ebenso fremd wie ich es bewundere, und ich attestiere mir selbst ein gestörtes Selbstvertrauen. Doch am Abend irritiert mich ebenjener Bruce mit einer scharfen Beobachtung meines Verhaltens. Wir sitzen nach der Premiere des „Woyzeck“ bei „Mister Up’s“, den wir, streng nach dem Sprachgelübde, kein Wort Englisch zu sprechen, „Herr Oben“ nennen, und trinken dünnes amerikanisches Bier. Die Stimmung ist gut, und gegen eins sagt Bruce zu mir: Sie müssen sehr selbstbewusst sein. Wieso? frag ich, irritiert von dem Befund. Nun, sagt Bruce, Sie sind als Einziger den ganzen Abend an einem Platz sitzengeblieben, alle anderen, ohne Ausnahme, haben die Stühle gewechselt. Er hat recht, es war mir nicht bewusst, und er deutet auch das Ganze. Sie, sagt er, erwarten, dass man zu Ihnen kommt, Sie stellen keine Fragen, Sie geben Antworten. Gut gesehen, Bruce, doch auch recht gedeutet? Zeugt nicht in Europa genau das Gegenteil von Selbstbewusstsein, nämlich auf die Menschen zuzugehen, andre ohne Scheu und Versagensängste und Minderwertgefühle anzusprechen? Ich weiß nicht, was ich von mir halten soll, denn hätte Bruce recht, bekäme das konstatierte Selbstbewusstsein einen Beigeschmack von Selbstzufriedenheit. Mir will eher scheinen, die ausgestellte Selbstsicherheit, die so statisch ist, trägt in sich den Zweifel, sie könnte, in Bewegung, sich als labil erweisen.

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